Erstens: Brute-Force, beziehungsweise voller Angriff, ist eine Taktik. Solange du nicht zufällig auf die Tasten hämmerst und hoffst, dass irgendetwas passiert ist es Taktik.

Jetzt aber zum eigentlichen Thema: Damit man wirklich darüber reden kann wie man Taktik in ein rundenbasiertes Kampfsystem einbauen kann muss man wirklich ersteinmal Taktik definieren. Wenn du nicht weist worüber du sprichst, beziehungsweise jeder von uns von etwas anderem spricht, dann kann nichts draus werden. Es muss klare Regeln geben damit man entscheiden kann wann ein Kampfsystem taktisches Vorgehen ermöglicht und wann nicht.
Stell dir vor eine Person behauptet, dass ein Kampfsystem taktisch ist und die andere Person behauptet das Gegenteil. Das führt zu nichts, man redet nur im Kreis.

Also: Was ist Taktik (in einem Kampfsystem)?
Reagieren ist keine Taktik. Das hat man auch in einem Quick-Time-Event, und die würdest du hoffentlich nicht als taktisch bezeichnen.
Schere-Stein-Papier ist ebenfalls keine Taktik, denn wenn man keine Möglichkeit hat zu wissen was der Feind wählt, kann man nur raten. Raten ist niemals gut wenn man Taktik will.
Damit du die Möglichkeit für Taktik erhälst brauchst du die folgenden Dinge:

  • Informationen über die Aktionen des Feindes
  • Die Gelegenheit auf die Aktionen des Feindes zu reagieren
  • Die Möglichkeit Entscheidungen darüber zu treffen was die beste Reaktion ist. Dies bedeutet, dass es keine eindeutig besten Lösung gibt, beziehungsweise ein sehr komplexes Zusammenspiel der Aktionen besteht, damit die Entscheidung nicht trivial zu treffen ist.
  • Um den letzten Punkt zu realisieren müsste es Aktionen mit Vor- und Nachteilen geben, damit man abwägen muss wann sich eine Aktion am meisten lohnt


Die Schlussfolgerung aus den obigen Punkten ist erstmal diese:
  1. Kämpfe werden länger werden. Wenn die Kämpfe nämlich zu kurz sind, gibt es nicht genügend Zeit / Runden um Informationen zu sammeln und darauf zu reagieren.
  2. Interaktionen werden komplizierter. Damit die Entscheidungen nicht zu trivial werden, müssen alle Aktionen, und vor allem die Kombinationen aus Aktionen, kompliziert miteinander verwoben werden.


Eine Möglichkeit, wie man soetwas implementieren könnte, wäre durch Bewegungen auf dem Schlachtfeld. Wenn man sich Bewegen kann, könnten gewisse Angriffe verschiedene Reichweiten haben, oder Wirkungsbereiche. Man muss abwägen ob ein Angriff nicht die Verbündeten trifft. Oder ob ein Heilzauber (oder Unterstützungszauber) nicht die Feinde trifft. Oder ob ein Charakter nicht in zu großer Gefahr ist. Bewegung führt mit einfachen Mitteln zu komplizierteren Interaktionen.

Das beste Beispiel für Strategie und Taktik ist das klassische Schach. Du siehst alles, was dein Gegenspieler tut (Informationen). Du hast sehr viel Zeit um deinen eigenen Spielzug zu wählen (Reagieren). Du hast sehr sehr viele mögliche Spielzüge und viele besitzen sowohl Vor- als auch Nachteile. Du kannst Figuren opfern um dem Feind schwerere Verluste zuzufügen. Du kannst Positionen einnehmen und halten. Du kannst versuchen Mindgames zu spielen und den Feind auszutricksen. Taktik ist in großen goldenen Lettern über das gesamte Spiel geschrieben.