@ PeteS
Die Idee hinter einem Helden, der in jedes NPC-Regal greift, ist in den meisten Fällen sicher nicht erzählerisch, sondern spielerisch motiviert. Was man ergattert, was man selbst erspielt, ist für viele ein etwas größeres Erfolgserlebnis als es der schnöde Einkauf im Laden besorgte. Die "Dissonanz" ist die Folge der Prioritätensetzung: Der spielerische Aspekt geht vor, die Weltillusion steht zurück. Natürlich kann man das auch anders herum aufziehen und den simulationistischen Zugang zum Königsweg erklären, sollte sich dann aber auch der spielerischen Folgen der umgestellten Prioritäten bewusst sein. Die recht freie Spielwiese mit Augenzwinkern ist in dieser Variante wohl nicht mehr zu haben.
Gleiches gilt für Situationen, die mir in fast jedem Weltenretterspiel untergekommen sind. Der Untergang droht, die Uhr des Verderbens tickt, Eile ist geboten. Doch halt! Erst mal mache ich noch ein paar Nebenaufträge und gehe zwischendurch für ein erholsames Nickerchen ins Gasthaus. Kann man als "Immersionsbruch" beklagen, mir hingegen gefällt der Freiheitsertrag.
Welche Spielerfahrung möchte ich persönlich? Welche Mittel dienen diesem Zweck vorzüglicher? Welche Spielgestaltungselemente priorisiere ich entsprechend? Was bin ich dafür aufzugeben bereit?
Daran anschließend: Selbst bei gleichbleibender Spielmechanik hat man als Entwickler nur eingeschränkte Kontrolle über die Geschichte (hier im Sinne der Erzählweise), weil sich der Spieler seine eigenen Reihenfolgen schafft, der Regisseur seines eigenen Erzähltempos ist und jedwede Behauptung über das Können des Helden immer über den Dolmetscher des Tastengeschicks oder der Entscheidungsklugheit des Spielers an das Bildschirmgeschehen übermittelt wird. Im Medium Spiel gibt es eine geteilte Autorenschaft zwischen Entwickler und Spieler. Unbedingte narrative Kohärenz und garantierten Dissonanzausschluss erhielte man allenfalls über die Verweigerung interaktiver Elemente.