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Spielt ein Spieler am liebsten Figuren, die ihm möglichst nahe kommen?
Es kommt auf das Spiel an. Ein Spiel hat für mich grundsätzlich immer mehr Anreiz, wenn ich eine Figur spielen kann, mit der ich mich identifizieren kann - aber auch nur, wenn dieses Spiel stark auf Story ausgelegt ist.
Beispiel: Bei einem Mario-Spiel lege ich nicht viel Wert darauf, welche Figur ich spiele, weil Mario-Spiele eher Gameplay-lastige Spiele sind und ich deswegen meine Figur eher nach ihren Gameplay-Quirks wähle als nach ihrem Charakter, Geschlecht ect..
In einem Spiel mit zwei Möglichkeiten zu spielen, eben als "Junge" oder "Mädchen", finde ich es interessanter, eine Frau zu spielen, einfach, weil ich eine Frau bin und mich eher mit weiblichen Figuren identifiziere.
In Spielen mit Charakter-Creation - wie zum Beispiel Mass Effect - wiederum spiele ich meistens auch eine Rolle, wie es sich in einem RPG gehört. Deswegen sehen meine Shepards auch oft komplett anders aus von der Person, als die ich mich sehe, und habe alle möglichen Formen. Ich meine, meine Main-Shepards sind ein schwarzer Male-Shepard mit Glatze und Narben und eine Fem-Shepard, die auf Cassandra aus Dragon Age basiert - und ich sehe wie keiner von beidem aus. xD Gleichzeit kann ich in Mass Effect hetero- und homosexuelle Romanzen verfolgen, was mich als Nicht-hetero Frau ziemlich glücklich macht, weil nicht-hetero-gecodete Figuren immer noch sehr selten sind in Videospielen. Diese Spiele sind darauf ausgelegt, sie mehrmals und unterschiedlich durchzuspielen, weswegen diese Vielfalt - auch an Charakteren - existiert, und das ist für mich das Spannende daran.

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Warum entscheidet sich ein Entwickler für eine ich nenn sie mal Standardfigur?
Ich will nicht sagen "Faulheit", weil es danach ginge, wären alle Spielfiguren der Welt nie über den Pixel aus Pong hinausgekommen.
Ich denke, es liegt eher an den kreativen Grenzen, die sich Entwickler selber ziehen. Viele kreativ arbeitende Leute greifen auf Character-Design-Elemente zurück die ihnen vertraut sind und orientieren sich wenig an Dingen, die außerhalb ihres eigenen Arbeitsraumes liegen, vielleicht weil es zu abschreckend ist, oder weil sie es nicht interessant genug finden, darüber nachzudenken.
(Das und bei der AAA-Industrie drückt immer noch der Daumen des CEO drauf, Spiele an männliche Teenager zu vermarkten und an keine andere Zielgruppe...)
Persönlich habe ich es lieber, wenn eine Figur klar erkennbar ist und ich sie so mit dem Spiel assoziieren kann. Wenn aber immer wieder der gleiche Charakter-Typ verwendet wird, ist das nicht nur langweilig, sondern für mich als Konsument verwirrend. Man denke nur an die Zeiten, als jeder für sein Maker-Spiel Klaus als MainChar genommen hat...

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Passend dazu: Ist es grundsätzlich verwerflich, eine bestimmte Art Spielfigur lieber zu mögen als eine andere?
Nein, natürlich nicht. Für mich ist es auch nur eine persönliche Vorliebe, eher weibliche als männliche Figuren zu spielen zu wollen. Man sollte sich aber damit auseinandersetzen, warum man diese Vorlieben hat und diese auf sein Spiel überträgt.
Mein MainChar in meinem aktuellen Projekt ist ein junges Mädchen, weil ich in dieser Art von Spiel, das ich plane, lieber ein Mädchen spielen wollen würde. Sie ist außerdem schwarz - warum? Weil ich möchte, dass sie sich von anderen Charakteren in der Story unterscheidet. Sie hat aufgrund ihrer Hautfarbe und ihrer Herkunft (Frankreich) andere Erfahrungen gesammelt als ihr Partymitglied Rebecca zum Beispiel, die weiß ist. Charaktere mit Hintergründen, die nicht alltäglich in Videospielen vorkommen, bieten mMn gute Vorlagen für interessante Konflikte, diverse Persönlichkeiten und Character Designs. Aber das ist auch nur meine Meinung.
Klar, kann auch ein weißer Kerl Mitte 30 ein komplexer, mitreißender Charakter sein. Aber ich frage mich einfach, welche Gründe es geben sollte, solche Charakter, wie viel Potenzial bieten, grundsätzlich abzulehnen. Sicher, am Ende ist es die Sache des Entwicklers, aber man macht sich schon Gedanken, wenn die einzigen schwarzen Charakter in einem Spiel die de-humanisierten Zombiegegner sind (Resident Evil, anyone?)

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Welche Konsequenzen hätte eine von der Norm abweichende Spielfigur auf die Meinung der Spieler?
Ich kenne Leute, die Spiele nicht spielen wollen, weil man darin eine Frau spielt. Vielleicht kann ich diese Sichtweise als Frau nicht verstehen, aber für mich sagt das viel über eine Person aus, wenn man ein Spiel nur wegen der Hauptfigur oder einer Nebenfigur ablehnt - habe ich bei Vivienne mit Dragon Age: Inquisition z.B. erlebt. (Zur Info: Vivienne ist eine schwarze Frau, ein Main-Party-Mitglied und ein ziemliche hohes Tier im Kontext der Spielewelt). Ich denke, es hat viel mit der Offenheit des Spielers zu tun, ob er solche Figuren akzeptiert oder nicht. Am Ende kann man niemanden dazu zwingen, ein Spiel zu spielen - aber der Kontext wirft mir dabei eben Fragen auf.

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Wie abhängig vom Spielgenre ist die Frage von eben?
Ich glaube nicht, dass es eine Frage des Spielgenres ist - du kannst in jedes Spiel eine Figur einbauen, die nicht nach einer "Norm" geht. Aber mir persönlich sind diverse Charaktere vor allem in narrativen Spielen wichtig, nicht nur wegen dem Thema Respresentation, sondern auch der Vielfalt wegen.