Ich arbeite ja gerade an Desert Nightmare und während ich das so mach, ist mir wieder dieser Thread eingefallen, dessen implizite Frage ich immer noch sehr interessant finde: Wie sollte das Gameplay in einem Makerhorrorspiel denn nun sein? Die Frage lässt sich nicht allgemein beantworten, weil es unterschiedliche Spielkonzepte gibt, aber ich verstehe sie auch mehr als Anlass, um über die Feinheiten der Designs zu diskutieren. Ich möchte nochmal ausdrücklich darauf hinweisen, dass keine Agenda hinter dieser Diskussion steckt, es also nicht darum geht, andere Konzepte madig zu machen oder meine eigenen hervorzuheben, genauso wenig wie es darum geht, heimlich Ideen zu sammeln, um sie dann als neues Konzept zu verkaufen. Ich finde es interessant, über das Game Design zu sprechen und natürlich nimmt man aus Diskussionen auch mal etwas mit, aber eher so, dass man über seine eigenen Ansätze und die der anderen nachdenkt, als dass man Ideen kopiert. Ich halte es für wichtig, um das auch nochmal zu sagen, dass man in so einer Diskussionen andere Entwickler nicht als Gegenspieler wahrnimmt und vor allem nicht mit Ärger an sie herangeht (weil man ein anderes Konzept komplett ablehnt). Für ein fruchtbares Gespräch ist es denke ich notwendig, möglichst neutral an der Thema ranzugehen und seine eigenen Vorlieben (als Spieler) zurückstellen. Dann würden wir vielleicht öfters den Punkt erreichen, an dem über die Details, über die Implementierung und deren Probleme gesprochen wird, das kommt mir bisher meistens zu kurz.
Ein paar Themenvorschläge:
Gegner
Ganz gleich, ob der Spieler gegen die Gegner kämpft, vor ihnen flüchtet oder sich versteckt, die Bewegung der Figuren spielt eine entscheidende Rolle. Vermutlich jeder Entwickler hat das Ziel, dass die Gegner eine Herausforderung darstellen, in einem Horrorspiel sollen sie ja auch irgendwie bedrohlich sein. Dabei stößt man aber schnell an Grenzen. Ein Gegner, der sich mit step toward hero bewegt und hinter einem Hindernis hängen bleibt, wirkt nicht besonders bedrohlich. Es gibt bessere Algorithmen (A*), die so gut wie nie zum Einsatz kommen, vielleicht wegen der Performance oder weil der Gegner dann schon zu perfekt wäre. Die Bewegungsgeschwindigkeit ist das wohl fundamentalste Problem. Ein Gegner mit "Slow" oder niedriger stellt kaum eine Gefahr dar, während ein Gegner mit "Fast" oder höher den Spieler immer erwischt, solange es keine Hindernisse gibt. Ein Gegner, der sich weder zu hektisch auf den Spieler stürzt (und damit zu schwer ist) noch passiv hinter ihm herschleicht (und damit zu langweilig ist), lässt sich schwerer umsetzen als man denkt.
Und das ist ein Gegner, der nicht viel mehr macht, als dem Spieler zu folgen. Ein Horrorspiel mit Action-KS ist natürlich deutlich komplexer und es gibt eine Menge Probleme, die selbst Action-RPGs auf dem Maker mMn bisher noch nicht adäquat gelöst haben. Selbst wenn der Spieler nicht kämpfen kann, sondern sich z. B. verstecken muss, stehen die Einschränkungen des Makers oft einer passablen und spaßigen Umsetzung im Weg. Das Verstecken muss den Spieler ja irgendwie herausfordern, entweder seinen Verstand oder sein Geschick. Hat der Gegner eine Blickweite oder darf der Spieler sich nur verstecken, wenn der Gegner nicht im Raum ist? Dann kommt es aber wieder nur auf die Geschwindigkeit (s. o.) an. Muss der Spieler nur das richtige Versteck finden? Das ist Trial & Error und ohne ersichtlichen Hinweis frustrierend, mit Hinweis wiederum zu simpel.
Adventure
Da es sich um ein Spiel handelt, muss der Spieler natürlich auch etwas tun. Lässt man alles Martialische mal außer Acht, genauso wie die bloße Bewegung der Figur, dann bleiben die Spielelemente, die man aus Adventures kennt. Gegenstände benutzen, Rätsel lösen, mit NPCs reden und vielleicht Entscheidungen treffen - all das ist im Grunde genommen "Adventure-Gameplay". Es gibt bestimmt Horrorspiele, die dieses Gameplay nicht benötigen, aber die meisten Makerhorrorspiele sind so aufgebaut, dass sie kaum darum herum kommen. Deswegen sollte man es mMn nicht grundsätzlich infrage stellen. Es sei denn jemand kennt eine Alternative. Auch "Adventure-Gameplay" muss eine Herausforderung bieten, um nicht zum bloßen "Lückenfüller" zu werden. Werden die Gegenstände automatisch eingesetzt oder findet der Spieler eine Kabelzange und es gibt im ganzen Spiel genau ein Kabel, dann ist das etwas zu einfach. Das ist aber nicht nur ein Makerproblem. Auch bei anderen Indie-Horrorspielen oder kommerziellen haben die Entwickler oft Schwierigkeiten, die richtige Mischung zu finden. Manche Aufgaben sind zu wahllos, andere wieder zu einfach. Einfache Aufgaben sind im Zweifelsfall wohl besser, weil sie die Spieler zumindest nicht frustrieren, aber irgendwie bleibt dabei ja dann auch ein Teil des Zwecks auf der Strecke.
Spielaufbau
Makerhorrorspiele sind - egal wo sie herkommen - in der Regel Adventures. lil_lucy schlug ja vor, stattdessen lieber eine Art Visual Novel zu machen, eine interessante Idee, die aber auch wieder mit ihren eigenen Problemen zu kämpfen hätte. Spieler, die gerne spielen, wären wohl enttäuscht und natürlich müsste bei so einem Spiel die Handlung besonders gut sein, weil das Spiel von ihr lebt. Ich bleibe aber mal beim Adventure. Eine Frage liegt mir besonders am Herzen: Wie offen bzw. linear sollte ein Makerhorrorspiel sein? Jetzt gerade bei Desert Nightmare seh ich wieder, dass es seine Vorteile hat, wenn die Spielwelt zumindest ein wenig offen ist. Das Heim und Urban Nightmare haben ja stattdessen ziemlich "enge" Spielabschnitte. Ein offeneres Spiel gibt dem Spieler die Möglichkeit zu erkunden und vielleicht auch das Gefühl, etwas mehr Einfluss zu haben. Der Nachteil ist dann wieder, dass manche Aufgaben Backtracking erfordern. Muss man zu viel hin- und herrennen, kann das frustrieren. Natürlich sind die meisten Spiele modular aufgebaut, aber bei einigen sind die Übergänge zwischen den Modulen klarer als bei anderen und vielleicht sind die Spiele ohne klare Trennung vom Aufbau her schon interessanter. Vollkommen offene Horror-Adventures hätten wohl das Problem, dass alle Handlungsszenen völlig losgelöst vom Ort stattfinden müssten, denn die Handlung ist ja immer linear. Zu enge Spielabschnitte haben den Nachteil, dass die Herausforderung sinkt. Wenn es kaum Möglichkeiten gibt, wo ein Gegenstand eingesetzt werden muss, findet sich die Lösung schnell, während zu große Spielabschnitte wiederum den Nachteil haben, dass der Spieler manche Orte schlicht wieder vergisst. Ich finde jedenfalls, dass sehr interessant ist, wie Makerhorrorspiele im Detail aufgebaut sind und welche Vor- und Nachteile das jeweilige Konzept hat.