Ich glaube, zuallererst einmal sollten wir uns nicht so sehr auf den Begriff "Grusel" versteifen. Damit assoziiere ich eher Halloween und das ist dann meistens schonmal der Tod jedes Horror-Empfindens. Beim Horror geht es glaube ich auch gar nicht so sehr darum, wirklich tiefe Angst beim Konsumenten zu erzeugen (ehrlichgesagt halte ich das auf Multimedialem Weg für Nahezu unmöglich). Wer sich schonmal im stockdunkeln in einem Wald gefürchtet hat, der weiß, dass das ein gänzlich anderes gefühl ist, als der "Spaß" beim Zocken eines Horror-Games. Echter Horror bedeutet, sich überall Gefahren einzubilden, wo eigentlich keine Sind und in allem und jedem eine Bedrohung zu sehen. Das kann so weit gehen, das die Person, die sich fürchtet einfach still stehen, liegen oder sitzen bleibt weil die Angst, der Gefahr in die Arme zu laufen, zu groß ist.
Horror-Spiele funktionieren aber gänzlich anders, weil sich der Spieler meistens vollkommen darüber bewust ist, das ihm nichts passiert, wenn er nichts tut. Was wir von Horror erwarten können, ist, dem Spieler eine Form von "Erwartender Spannung" mit auf den Weg zu geben. Ähnlich wie bei Kindern zu weihnachten. Nur das sich der Spieler beim Horror ebend nicht auf das was kommt "Freut", sondern es "fürchtet". Horrorspiele sind faktisch immer Trigger-Basiert, das heißt, läuft der Spieler nur im Kreis oder steht still an einer Stelle, kann ihm nichts mehr passieren und auch die eingebildete "Angst" schwindet dann. Was beim Horror-Game viel mehr zum tragen kommt, als beim normalen RPG, ist die spannung der Herrausforderung. Anders als bei einem RPG mit Kanonenfutter-Gegnern weiß der Spieler beim Horror-Spiel, dass er mit jedem Schritt den er tut, sein Schicksaal herrausfordert. Und diese aktive "suche" nach der Gefahr, ist das, was das Horror-Erlebnis ausmacht. Der Spieler erlebt keine passive Angst, er sucht aktiv die Gefahr. Der Spieler ist sich darüber im Klaren, das hinter jeder Tür das Unheil lauern kann. Und damit Horror funktioniert, müssen wir als Autoren diesen Suchtrieb mit Input füttern. Das heißt, wenn der Spieler anfängt, nach eben diesen Gefahren zu suchen, sie aber dauerhaft nicht findet, wird er irgendwann auch nicht mehr erwarten, einer solchen gefahr zu begegnen. Und das muss vermieden werden.
Was das klassische Horror-Setting angeht: Lichtspiele, Geräusche etc. pp. erzeugen von sich aus keine Angst, aber sie man den Spieler für eben diese angesprochene Erwartungshaltung anfälliger. Sie führen Quasi die Wahrnehmung des Spielers an der Nase herum. Beschränkt man sich aber NUR darauf, wird man auf dauer dennoch keine spannende Atmosphäre erzeugen. Auch eine eingeschränkte Wahnehmung ist langweilig, wenn sich darin keine Gefahr verbirgt.
Was deinen Versuch des Psychological Horrors angeht, würde ich davon die Finger lassen, denn das würde einen extrem tiefen Einblick in die Psyche der Protagonisten verlangen. Und ich bezweifle, dass das mit den begrenzten darstellerischen Fähigkeiten des makers möglich ist.
Wichtig für ein Horror-Game, ist das man im prinzip drei Arten von Spannung voneinander unterscheiden kann:
Für das Horror-Genre ist "Suspense" die wichtigste Spannungsform.Zitat von Wikipedia
Die Hauptvariante, Suspense zu erzeugen, besteht darin, den Spieler Dinge erwarten zu lassen, die entweder eintreten, oder auch mal nicht eintreten. Dabei kommt es nicht so sehr darauf an, der Spieler einem "Überaschungsmoment" auszusetzen, denn das wäre wieder "Surprise". Zu den wirkungsvollsten Varianten, einen "Tension-Peak", als den Höhepunkt eines Spannungsmomentes, zu erreichen, ist durch "Suspense" Spannung aufzubauen, und diese dann durch einen "Surprise" Moment aufzulösen.
Wie du schon richtig erkannt hast, vor einer Gefahr, die mir direkt gegenüber steht, habe ich keine Angst mehr, weil ich sie aktiv bekämpfen kann. Wenn ich also durch eine Tür gehe, und mich der Gegner anspringt, dann erschrecke ich mich kurz, aber dann ist es auch schon vorbei. Jump-Scares sind im Prinzip also verschenktes Potential. Eine Gefahr frühzeitig anzukündigen funktioniert viel besser, weil ich dann mit der Vorstellung des Spielers spielen kann. Je länger ich den Spieler wissen lasse, dass er in unmittelbarer gefahr schwebt, desto Effektiver wirkt der "Surprise" Effekt am Ende.
Wenn ich auf die Tür zugehe und dann einen Schatten unter der Tür wahrnehme ist das tausend mal wirkungsvoller. Ich "Vermute" in dem Moment eine Gefahr hinter der Tür, weiß aber nicht, wo sie lauert. Ich kann nach links gucken, dann steht sie rechts, ich kann nach rechts gucken, dann stehst sie links. Oder er steht direkt dahinter und springt mir an die Gurgel, wenn ich nur den Türgriff anfasse. Ich weiß, das es im Grunde egal ist, wie ich mich verhalte, weil jede Variante die falsche sein kann.
Theoretisch kann der Schatten auch einfach durch ein wehendes Stück Stoff verursacht worden sein. Dann beende ich den Suspense-Moment ohne Peak. Aber wenn der Spieler dann beim nächsten Mal wieder einen "faulen Zauber" erwartet, wird der Peak dafür um so effektiver ausfallen.
Ziel sollte also sein, dem Spieler beständig das Gefühl zu geben, das die Gefahr da ist. Das geht durch geräusche, Licht, oder alles zusammen. Zu bedenken bleibt nur, dass der Spieler leider mit der Zeit abstumpft, wenn diese Dinge ZU inflatinär gebraucht werden. Ein blödes beispiel: Wenn ich in einem Spiel ein Soundscript habe, das zufallsgesteuert Sounds abspielt, dann wirkt das am Anfang zwar Creepy, aber sobald der Spieler mekrt, dass diese Sounds zu keinem Zeitpunkt in Zusammenhang zu einer akuten Bedrohung stehen, sondern einfach zufällig eingespielt werden, dann wird er sie irgendwann ignorieren. Abhilfe schafft dann z.B. beim Eintritt einer tatsächlichen Bedrohung die selben Soundfiles zu verwenden. Wenn ich EIN MAL in meinem Spiel einen Gegner begleitet von einem lauten klirren durch ein Fenster springen und dem Charakter direkt vor die Füße fallen lasse, wird der Spieler künftig hinter jedem klirrenden Fenster eine Gefahr wittern. Auch dann, wenn keine da ist.
Besonders Wirkungsvoll ist auch eine Erwartungssituation in der zwei oder mehr "Peaks" schnell aufeinander folgen. Etwa hört der Spieler im nebenraum ein Fenster klirren. Sofort wittert er gefahr, geht hin und schaut nach - Erster Peak. Dort stellt er aber fest, dass gar nichts passiert und das Zimmer leer ist. Also entspannt er sich und kehrt zurück. Und just in dem Moment, in dem die Spannungskurve zwar fällt, aber noch hoch ist, kannst du ihm per Jumpscare dann mit einem weiteren, klirrenden Fenster doch einen Gegner direkt vor die Füße setzen, um einen zweiten Peak zu generieren, der nochmal um einiges Höher ist, als der erste.
Befindet sich dann der Spieler bereits im kampf mit diesem feind, kannst du ihm durch ein drittes brechendes fenster dann noch einen dritten Peak obenauf setzen ... wahlweise mit gegner oder ohne.
Nochmal zum Thema Jump-Scares. Jump-Scares haben den vorteil, das sie mit wenig aufwand effektiv sind, weil bei ihnen eigentlich nur das Timing von bedeutung ist. Aber den Nachteil, dass sie sich mit der Zeit abnutzen. Bei Suspense ist es genau anders herum. Suspense zu erzeugen, erfordert Planung und überlegung. Geschick und auch Arbeit. Jumpscares einzelne als Spannungselement zu platzieren, schwächt damit einfach ihre Effektivität auf dauer, während die Wirkung von Suspense im verlauf der Zeit sogar zu nimmt.