@IronChef
Ich gehe schon davon aus, dass die Entwickler über den Spielzuschnitt nachdenken und den wählen, der am besten zu ihrem Spiel passt (und umsetzbar ist). Natürlich können wir nur darüber spekulieren, was die Entwickler erreichen wollten, es sei denn sie erzählen es.
Handlung: Wir werden wohl nie ganz auf einen Nenner kommen, obwohl ich dir zustimme, dass Ton und Bild Teil der Narrative sind und selbst ohne handelnde Figuren etwas ausdrücken. Trotzdem möchte ich die tatsächliche Handlung von dem abgrenzen, was vermittelt wird. Mir ist das etwas zu blumig, bei Super Mario eine Handlung zu sehen, wenn Mario durch das Level hüpft oder - wie z. B. Janet Murray - Tetris für eine Analogie auf den Klassenkampf zu halten.
Mir geht es wie gesagt um alle Szenen, in denen die Figuren (oder stellvertretend Briefe, Artikel usw.) sprechen, denken, handeln. Das bezeichne ich als Handlung. An oberster Stelle steht ja die Frage nach dem Spielzuschnitt. Wenn nun ein Entwickler sagt, ihm ginge es darum, eine Geschichte zu erzählen und er wählt den Spielzuschnitt von Silent Hill 2 (ohne Gegner), dann hat er mMn eine kontraproduktive Entscheidung getroffen. Die Handlung ist beim Vorbild zwar ein wichtiger Bestandteil, aber sie muss doch weit hinter dem Gameplay zurückstehen. Es mag vielleicht in der Natur des Menschen liegen, das ja ziemlich durchwachsene Gameplay des Spiels in den Hintergrund zu drängen und auch aufgrund der Atmosphäre die Handlung ins Rampenlicht zu stellen, rein zeittechnisch gesehen ist man die meiste Zeit trotzdem mit dem Verkloppen von Monstern, Loot sammeln, Rätsel lösen und vor allem viel Herumlaufen beschäftigt.
Stichwort Erzählen, was der Entwickler erreichen wollte: Ich mache mal den ersten Schritt (unter dem Vorbehalt, dass mich meine Erinnerung bei älteren Spielen täuschen kann).
Die Parodien lasse ich mal weg. Deren Motivation ist ja klar.
Calm Falls
Die (nie veröffentlichte) erste Version des Spiels war nach einem Testprojekt das erste Spiel, das ich überhaupt mit dem Maker gemacht hab. Damals noch mit Zombies und ähnlichen Ungetümen. Inspiriert hatte mich dazu Dreamland. Als ich dann aber Silent Hill 2 spielte, gefiel mir das Konzept so gut, dass ich Calm Falls nochmal ganz neu aufsetzte und den Spielzuschnitt des Vorbilds benutzte (eher gesagt meine Interpretation davon). Den Spielzuschnitt selbst finde ich immer noch passend, allerdings würde ich Handlung und Gameplay heute anders umsetzen.
Aliminator
Das Spiel sollte eigentlich ein Action-Adventure mit Contra-Setting werden. Warum es das nicht wurde, kann ich nicht mehr sagen, aber das Spiel zeigt sehr gut, wie sich die Entwicklung verselbstständigen kann oder wie ein Comiczeichner mal sagte: "Das eine Bild erzählt das nächste." Ich bin mit dem Spiel weder spielerisch noch handlungstechnisch zufrieden, damals wurde es aber glaube ich gar nicht groß kritisiert.
Calm Falls 2
Ziel war es, daher auch die Fortsetzung, das Konzept von Calm Falls weiterzuführen. Ich bin mit dem Ergebnis sogar unzufriedener als mit Calm Falls, weil die Spielabschnitte "sinnlos in der Stadt herumlaufen" und "typische Parallelwelt mit Monstern" zu krude miteinander verbunden sind.
Verlorene Seelen
Zu diesem Spiel hat mich das (vermutlich relativ unbekannte) Ghosthunter inspiriert und dementsprechend ging es stärker als sonst in Richtung Action. Gleichzeitig hab ich aber auch wieder die liebgewonnenen Adventure-Elemente benutzt (auf die ich hier hätte verzichten sollen). Das Gameplay krankt vor allem an den Einschränkungen des Makers.
Desert Nightmare
Da mich die Silent-Hill-Klone immer mehr langweilten, wollte ich mal etwas anderes machen. Ein Horrorspiel ohne Psychological Horror und ohne Kämpfe, denn die Situation ist natürlich viel bedrohlicher, wenn der Spieler (so gut wie) nur flüchten kann. Inspiration für das Setting war Parasite Eve 2. Mit dem Spiel bin ich auch heute noch einigermaßen zufrieden, obwohl ich die Dialoge anders schreiben und das Gameplay um das ganze ziellose Herumlaufen erleichtern würde.
Alice
Ausgangspunkt war hier die Frage, ob sich das übliche Adventure-Gameplay verbessern lässt, indem man es interaktiver macht. Allerdings hat sich gezeigt, dass die umständlichere Bedienung den Spielspaß drückt und es vermutlich besser gewesen wäre, ganz in Richtung modernes Adventure (sprich Point'n'KlicK) zu gehen. Die Handlung kam leider auch zu kurz, war aber wie gesagt auch nicht Hauptaugenmerk.
Urban Nightmare
Da kopiere ich mal der Einfachheit halber den Abschnitt aus der Vorstellung: Ich hatte Lust auf ein neues Horrorspiel und da ich mit dem Spielprinzip von Desert Nightmare ganz zufrieden bin, hab ich mich entschlossen, das neue Spiel darauf aufzubauen. Gleichzeitig möchte ich aber einige Fehler vermeiden, die ich bei meinen anderen Horrorspielen gemacht hab. In Desert Nightmare läuft man viel zu ziellos durch die Gegend und einige Aufgaben sind alles andere als intuitiv. Außerdem gefällt es mir nicht, dass man die Gegenstände direkt im Menü benutzen muss. Mein erster Lösungsansatz war das Spiel Alice, aber dessen "Adventure-Interface" ist viel zu umständlich. Also wieder zurück zur üblichen Interaktion: Einfach alles mit Enter anklicken. Wenn beim Ziel ein Gegenstand eingesetzt werden kann, wird ein kleines Fenster mit den Gegenständen geöffnet, in dem man die Sachen auch kombinieren oder auseinandernehmen kann. Das Problem mit dem planlosen Herumlaufen wurde dadurch gelöst, dass ich Urban Nightmare modular aufgebaut hab. Jeder Abschnitt ist in sich abgeschlossen. Es gibt also kein unnötiges "Backtracking". Neben den spielerischen Problemen ist mir bei meinen älteren Horrorspielen noch etwas anderes aufgefallen. Immer wenn sich die Handlung zu sehr im Hintergrund abspielte, fehlte den Spielen etwas (z. B. bei Verlorene Seelen oder Alice). Daher spielt die Handlung bei Urban Nightmare mindestens eine so große Rolle wie bei Desert Nightmare, allerdings mit anderem Schwerpunkt. Sie dreht sich nicht mehr um "Was passiert in der Stadt und warum?", sondern um "Wer sind die Charaktere und warum sind sie dort?".
Ich bin mit dem Ergebnis nicht zufrieden. Die Todesszenen waren Quatsch (ich weiß selbst nicht mehr, welcher Teufel mich da geritten hat), das auf Gegenstände fokussierte Gameplay war zu einfach und bei den Figuren hab ich den Fehler gemacht, den ich schon häufiger ansprach: zu viel Erklärung wirkt künstlich, dadurch werden Charaktere nicht glaubwürdiger. Man untergräbt nur das, was wirklich wichtig ist, die Sympathie.
Das Heim
Auch hier Copy-Pasta: Die Idee zum Spiel ist mir gekommen, als ich Maister-Räbbits Agoraphobia gespielt hab. Ich wollte ein Horrorspiel entwickeln, das in einem einzigen geschlossenen Haus spielt und das mal eine unheimlichere Stimmung als meine anderen Horrorspiele hat. Ich hab mich für ein Heim entschieden, weil ich die Vorstellung, dort "gefangen" zu sein, schon immer unheimlich fand und man kennt ja auch die ganzen Vorfälle, die es in solchen Heimen schon gegeben hat. Auf den stummen Helden bin ich durch Ib gekommen. Dessen Heldin ist zwar gar nicht wirklich stumm und mein Held nicht so schweigsam wie sie, aber ich fand vor allem diese eingeschränkten Kommunikationsmöglichkeiten interessant.
Das Spiel hab ich ja erst vor kurzem veröffentlicht, also wäre es ziemlich seltsam, wenn ich ein Spiel herausgebracht hätte, mit dem ich nicht zufrieden bin.