natürlich gibt es diese Kritik und zweifelsohne wohl auch berechtigt. Nur ist es halt müßig, kritik konkreter zu fassen, wenn ohnehin niemand drauf eingeht. Ich weiß z.B. nicht, wie ich meine Kritik noch deutlicher fassen soll.
Ich bin definitiv nicht der Ansicht, dass der Status Quo ausreichend oder gar "gut" wäre. Ich vertrete nur schlicht die meinung, dass die Lösung für eine bessere Charakterisierung nicht darin liegt, Figuren beliebig komplex zu gestallten. Vielmehr liegt der Schlüssel dazu, in Interaktionen zwischen den Charakteren. Und das kriegt halt kaum ein maker-Autor hin. In Cut-Szenes reden die Akteure zu 99% über ihre aktuelle aufgabe, aber so gut wie nie darüber, wie einzelne Figuren dazu stehen, oder wie sie sich im Augenblick fühlen.
Um einen guten Charakter zu schreiben, muss ich mich nicht Querlegen und verrenken. Ich muss einfach nur Anfangen, den Charakter selbst als Kompromiss unterschiedlicher Bedürfnisse zu begreifen. Cortis Idee mit seinem "I want" Dialog trifft den nagel ziemlich auf den Kopf.
Damit ein Charakter "toll" werden kann, muss ich als Autor wissen, wie er denkt und fühlt, was ihn antreibt und bewegt. Denn nur dann Weiss ich auch, wie er handeln würde und was ihn charakterlich von anderen Charakteren unterscheidet.
Aber die meisten maker-Autoren machen sich diese Gedanken einfach nicht, sondern tippen einfach wild drauf los, weil ihre komplette Denkweise im Entwicklungsprozess nicht "Charakterbildend" sondern "Zielführend" ist. Und das ist nunmal nicht richtig. Eine handlung muss sich um die Entscheidungen der Akteure herum entwickeln und nicht die Akteure in ein Korset aus vordefinierten Wegpunkten zwängen.
GTA V als gewaltverherrlichend zu bezeichnen, während wir hier von RPG's reden, in denen es seit jahrzehnten Usus ist, alle Probleme zu lösen, indem man den Schurken umnietet, ist schon ein wenig gewagt, kelvenZitat
GTA5 ist zwar streckenweise nichts für sanfte gemüter, weist dabei aber einen deutlich selbstkritischen Touch auf, als es alle RPG's aller zeiten zusammengenommen haben.
Dialoge, wie der, in dem Franklin erkennt, dass er - egal was er versucht - immer nur von einem Motherfucker zu einem nöch größeren Motherfucker gebracht wird, ohne dass sich sein leben ändert (Sinngemäß: "All das hat angefangen, als ich für einen Dreckskerl teure Autos geklaut habe. Und jetzt sitze ich hier und klaue für einen noch größeren Dreckskerl noch teurere Autos. Geändert hat sich nix, da hätte ich auch bleiben können, wo ich war"), oder der, in dem sich Michael eingesteht, das er für nichts anderes zu gebrauchen ist als Krumme Dinger, sind selbstkritischer, als RPG's es jemals waren.
Der Punkt ist einfach, das GTA sich traut, den Spieler auf die falsche seite zu stellen, weil es die von dir angesprochenen "Blickwinkel" zumindest zulässt. GTA glorifiziert die kriminelle Laufbahn nicht, es lässt immer wieder den Blick darauf zu, dass es verschiedene Seiten gibt, die jeweils ihren eigenen Blickwinkel haben.
RPG's sind es, die Handlungen glorifizieren, auch wenn sie genau so falsch sind, indem sie die unterschiedlichen Blickwinkel gar nicht erst zulassen. Ich weise nochmal auf Spiele wie Finalfantasy12 hin, in denen der Spieler sich brutal durch imperiale Soldaten schnetzelt. Genau genommen ist das Verhalten des Spielers dort nicht weniger "falsch" als in GTA. Der Unterschied ist nur, während die Leute in GTA sagen "Scheiße mann, ich weiß, dass das nicht richtig ist, aber ich kann nunmal nix anderes!" gehen die leute in FF12 hin und sagen "Das Imperium muss weg, weil es total pfui-bah-phöse ist!"
Hast du jemals das GN-Radio gehört? Nach besonders haarsträubenden Aktionen wie der zerstörung von metagon schlägt Three Dog da auch durchaus mal passende Töne an. Meiner Ansicht nach wird die falschheit betreffender handlungen da durchaus in Szene gesetzt. Und nein ... glorifiziert wird an der zerstörung von megaton mit sicherheit nichts. Du scheinst probleme damit zu haben, Ironie und Sarkasmus zu erkennen, wenn du die entsprechende Quest als glorifizierend beschreibst. Dort wird ganz entgegen deiner Beschreibung nämlich vielmehr auf das kranke Verhalten der bewohner vom Tenpenny-Tower eingegangen.Zitat
Eine negative handlung ist aus sicht des Opfers sicherlich immer böse. Das ändert aber nichts daran, dass ein Charakter der auch mal richtig böse handelt, deshalb trotzdem nicht aus jeder einzelnen perspektive abgrundtief schlecht sein muss, und darum geht es hier. Ich kann Sheppard aus MassEffect als das Arschloch vor dem Herrn spielen, daran, dass er am Ende die galaxie rettet, ändert das nichts.
Klassische RPG's und grade maker-RPG's trauen sich in der Hinsicht aber viel zu wenig. Warum muss der "held" einer geschichte immer der Ritter in strahlender Rüstung sein? Warum nichtmal einen hinterarschigen Totenbeschwörer spielen, der das "böse" Übel aus vollkommen egoistsichen Gründen bekämpft und von der bevölkerung genau so grfürchtet wird, wie der Schurke selbst?
Nichts für ungut kelven, aber das ist reichlich naiv. Die tatsache, dass menschen "sagen" töten wäre falsch, hindert sie trotzdem nicht daran, ihre Klamotten bei Marken zu kaufen, bei denen klar ist, das sie Kinder zu Hungerlöhnen in ihren fabriken dafür arbeiten lassen. Aus irgendjemandes Perspektive ist alles war irgendwer tut irgendwie böse und aus irgend einer anderen perspektive kann man alles, was irgendwie moralisch verwerflich ist, schönreden.
Schau dir unsere tollen "Freunde" die Amerikaner an. Da brauchst du nur ein bischen mit der Patriotismus-fahne wedeln und schon wird das "Töten" von irgendwelchen leute so lange akzeptiert, bis sich irgend ein ausländischer Politiker traut, was dagegen zu sagen, und das hat nichts mit selbstschutz zu tun. Glaubst du wirklich, es war reiner Zufall, das die Bush-regierung einen krieg vom zaun gebrochen hat, aufgrund von "Beweisen", die letztlich fälschungen waren? Da wurde ein Volk zum einem Feind hochstilisiert, der er nicht war, um mit kriegerischen Mitteln politische Interessen durchzudrücken.
Oder die Hitlers nazi-Propaganda? Glaubst du ernsthaft, wenn "Töte nicht" so ein allgemeiner Konsenz wäre, wie du glauben willst, wäre es der Regierung Hitler so leicht gefallen, ganz deutschland hinter seinem Banner zu versammeln und einen Krieg anzufangen für den es keinerlei Grund oder Notwendigkeit gab?
Was ist mit der todesstrafe?
Menschen sind in erschreckend vielen Situationen dazu bereit, ihre moral über den haufen zu werfen, um ihre eigenen interessen durchzudrücken. Es wissen auch alle menschen, das klauen falsch ist. Trotzdem wette ich mit dir, dass es mehr Menschen in deutschland gibt, die schonmal was geklaut haben, als es menschen gibt, die das noch nie getan haben.
Wir Europäer stellen uns gerne als die Tolleranz-Apostel der Welt dar, doch weil wir nicht verstehen, dass andere kulturen anders funktionieren, gehen wir hin, und verbieten einfach mal so muslimischen Frauen das Tragen der Burkha in Schulen und Co. ohne die Frauen selber nach ihrer meinung zu fragen. Wo ist es tolleranter, jemandem das tragen eines Kleidungsstückes zu verbieten, der das vielleuicht freiwillig tun möchte, als es umgekehrt ist, jemaden der es nicht möchte, dazu zu zwingen? Wir sehen immer nur Unsere Form von Moral und versteifen uns darauf, das wir im recht sind, wenn wir irgendwas nicht verstehen.
Also sind in unseren Augen die Muslime "böse" die ihre frauen zur Tragen der Burkha zwingen, während in den Augen der muslimischer frauen, die die Burkha gerne und freiwillig tragen WOLLEN, wir die bösen sind, weil wir ihnen ohne nachzufragen unsere Moralvorstellungen aufzwingen.
Die Wertungen "Gut" und "Böse" sind so subjektiv, wie die Frage nach dem lieblingsessen.