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Thema: Starke weibliche Figuren

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  1. #1
    Interessant, dass du das Heldentum mit der Armee und damit dem Adel verbindest, was im Mittelalter ja durchaus gleichzusetzen war. Das macht durchaus Sinn, medienhistorisch betrachtet (der Adel war nun mal die einzige Schicht, die ihre Geschichten im große Maßstab aufgeschrieben hat), aber es gibt definitiv heldenhafte Geschichten mit nicht-adligen Protagonisten. Man denke beispielsweise an die ganze mündliche Tradition der Märchen, die naheliegenderweise auch eine hochgradig interessante Geschlechtergeschichte in alle möglichen Richtungen haben. Oder an Eulenspiegel. Oder an Possenspiele. Oder an die unzähligen geistlichen Heldengeschichten (die Iren haben da eine schöne Imramma-Kultur, oder einfach die halbe verdammte Bibel) - auch wenn die natürlich üblicherweise auch männlich waren. Ich denke jedenfalls nicht, dass die Armee die einzige Möglichkeit ist, ein klassischer Held zu sein, auch wenn diese martialische Kultur definitiv mit dem Wort des "Helden" verbunden wird.

    Zitat Zitat
    Die stellung der Frau in der Vergangenheit ist genau genommen nicht historisch, sondern genetisch bedingt. Das Bilden patriarchalischer Gesellschaftsordnungen zeigt sich im kompletten Tierreich. Matriarchale gesellschaften sind sehr selten.
    Das ist so nicht richtig, weil ein "Patriarchat" allem voran ein Machtgefälle bedeutet, NICHT bloß einen Unterschied! Damit lässt sich das Wort bei Tieren wirklich nur schlecht verwenden, weil Tiere unter ganz anderen Vorzeichen interagieren als Menschen. Und das ist auch nicht nur linguistisches Klugscheißen, sondern ein Unterschied mit weit reichenden Implikationen. Wenn man bspw. den Alphalöwen im Rudel mit dem fetten Freier vergleicht, der nackte ••••n um sich sammelt, läuft irgendwas falsch.
    Ich sehe natürlich trotzdem den Punkt, und der ist auch nicht unwichtig. Aber er übergeht, dass a) der Mensch das einzige metasprachlich begabte Tier ist -- was GEWALTIGE Konsequenzen für das soziale Zusammenleben hat! -- und b) die ganzen Unterschiede, die es sowohl bei menschlichen Kulturen, als auch bei Tieren gibt.
    Dass es heute noch mal ganz anders aussieht, ist ja sowieso klar, aber darum ging es ja auch nicht.

  2. #2
    Der Vergleich zum Tierreich hinkt auch deshalb, weil jegliche Interpretation ja auch vom gesellschaftlichen Rollenverständnis geprägt ist. Von einer patriarchalisch geprägten Gesellschaft aus gesehen, wird der Löwe als Pascha in seinem Harem interpretiert (oder der fette Freier, der freie Auswahl unter den ••••n hat), was sicher nicht wenige Männerfantasien beflügelt.

    Aus der Sicht einer matriarchalisch geprägten Gesellschaft könnte das ganz anders aussehen: Löwinnen erledigen die Jagd, ziehen Junge auf, leben im Rudel und unterstützen / beschützen sich gegenseitig, während männliche Löwen aggressiv sind und außer zur Befruchtung zu nichts zu gebrauchen, deshalb reicht es völlig, wenn die Löwinnen nur ein Exemplar davon in ihrem Rudel dulden und durchfüttern...

    Geändert von Carnys (31.07.2014 um 21:30 Uhr)

  3. #3
    Entweder bin ich blind oder ich vermisse:

    Die gabs zumindest als ich ganz klein war ein paar Jahre nachdem Hercules langsam richtung Dillon Hunt (Andromeda) mutierte.
    Ist doch ein perfektes Duo was unterschiedliche weibliche Protagonistinnen aufzeigt.

    Edit: Ich hab mal eine Tierdokumentation zu einer Affenspezies gesehen, dort hatten die Frauen die Dominante Rolle und lösten alle Probleme mit Sex.
    Funktionierte dort Super, kann mir das aber im übertragenen Sinne grad nur sehr merkwürdig vorstellen auf uns Menschen bezogen.

    Edit: Hatte beim 2ten mal meinen Text doppelt und dreifach auf rechtschreibung gechecked und das Forum haut mir hier automatisch fehler in meinen Text, hab ich grad den eindruck! kann das sein?

    Geändert von Bex (31.07.2014 um 22:17 Uhr)

  4. #4
    Zitat Zitat von La Cipolla Beitrag anzeigen
    Interessant, dass du das Heldentum mit der Armee und damit dem Adel verbindest, was im Mittelalter ja durchaus gleichzusetzen war. Das macht durchaus Sinn, medienhistorisch betrachtet (der Adel war nun mal die einzige Schicht, die ihre Geschichten im große Maßstab aufgeschrieben hat), aber es gibt definitiv heldenhafte Geschichten mit nicht-adligen Protagonisten. Man denke beispielsweise an die ganze mündliche Tradition der Märchen, die naheliegenderweise auch eine hochgradig interessante Geschlechtergeschichte in alle möglichen Richtungen haben. Oder an Eulenspiegel. Oder an Possenspiele. Oder an die unzähligen geistlichen Heldengeschichten (die Iren haben da eine schöne Imramma-Kultur, oder einfach die halbe verdammte Bibel) - auch wenn die natürlich üblicherweise auch männlich waren. Ich denke jedenfalls nicht, dass die Armee die einzige Möglichkeit ist, ein klassischer Held zu sein, auch wenn diese martialische Kultur definitiv mit dem Wort des "Helden" verbunden wird.
    Klar, gibt es Heldengeschichten, die auf eben dem Heldenbild basieren, das wir heute überwiegend aus den medien kennen. Das Problem an Hercules, Theseus und dem Nibelungenlied ist allerdings, dass die herkunft der erzählung kaum zu 100% die Realität ist. Einige Geschichten haben reale vorbilder, andere sind komplett erfunden. Selbst bei so bekannten HJeldensagen wie der Arthus-Sage und Robin Hood herrscht bis heute uneingkeit darüber, in wie weit sie auf realen Ereignissen beruhen. Bei Kriegshelden wie Saladin, Alexander dem Großen und Jeanne d'Arc weiß man hingegen, dass diese wirklich und real sind.
    Es hat wenig Sinn, über die theoretisch annehmbare Quantität weinblicher Individuen eines Heldentypus zu diskutieren, bei dem nicht einmal sichergestellt werden kann, dass er in der Realität überhaupt jemals existiert hat. Das, was dem klassischen Heldenbild noch am nächsten kommt, dürften wohl Bauernmilizen sein, die in ihre Dörfer selber gegen anrückende Spähtrupps oder jagende Wolfsrudel verteidigt haben, weil die eigene Armee grade woanders zugegen war. Aber ob das nun wirklich mit echtem Heldentum gleichsetzbar ist, ist wieder eine Frage für eine eigene Diskussion.
    Für die Existenz des klassischen Helden - Marke "Jugendlicher Germane, der mit 3 Freunden nach Rom zieht und in einer epischen Schlacht Julius Cäsar besiegt" - gibt es in der realen Historie der Menschheit aber nunmal keine Nachweise ... obwohl es für solche Helden auf jeden Fall mehr als ausreichend Möglichkeiten gegeben hätte, aktiv zu werden.


    Zitat Zitat
    Das ist so nicht richtig, weil ein "Patriarchat" allem voran ein Machtgefälle bedeutet, NICHT bloß einen Unterschied! Damit lässt sich das Wort bei Tieren wirklich nur schlecht verwenden, weil Tiere unter ganz anderen Vorzeichen interagieren als Menschen. Und das ist auch nicht nur linguistisches Klugscheißen, sondern ein Unterschied mit weit reichenden Implikationen. Wenn man bspw. den Alphalöwen im Rudel mit dem fetten Freier vergleicht, der nackte ••••n um sich sammelt, läuft irgendwas falsch.
    Ich sehe natürlich trotzdem den Punkt, und der ist auch nicht unwichtig. Aber er übergeht, dass a) der Mensch das einzige metasprachlich begabte Tier ist -- was GEWALTIGE Konsequenzen für das soziale Zusammenleben hat! -- und b) die ganzen Unterschiede, die es sowohl bei menschlichen Kulturen, als auch bei Tieren gibt.
    Dass es heute noch mal ganz anders aussieht, ist ja sowieso klar, aber darum ging es ja auch nicht.
    Ich denke schon, dass man das vergleichen kann, weil du den fehler machst, von einem Rudel auf einen Staat zu schließen, das ist aber natürlich unfug
    Das wir in einem menschlichen patriarchat ein machtgefälle haben, liegt in erster linie an einflüssen, die im Tierreich nicht existent sind: Verschiedene Gruppen mit jeweils unterschiedlichem Einfluss. Je mehr macht und Einfluss eine Gruppe hat, desto höher in der Hierarchie steht sie (bzw. der Mann der sie anführt) dadurch ergibt sich das Charakteristische Machtgefälle, das im Tierreich fehlt. Um die Vergleichbarkeit herzustellen, müssen wir uns die kleinste zelle im menschlichen Sozialgefüge ansehen: Die Familie. Und da finden wir - zumindest in der Frühzeit unserer Gesellschaft - genau die patriarchalen Strukturen, die auch tierische Rudel ausmachen. Sogar Streuner" die versuchen, einem anderne Mann ein bereits existierendes "Rudel" wegzunehmen gibt es bei uns Menschen.
    Die meisten kirchen verbieten dabei zwar das eingehen einer Lebensgemeinschaft mit mehreren frauen, aber wie man an real existierenden haarems erkennt, ist auch das eine Institution, die dem menschen durchaus in den genen liegt.

    Zitat Zitat von Carnys Beitrag anzeigen
    Der Vergleich zum Tierreich hinkt auch deshalb, weil jegliche Interpretation ja auch vom gesellschaftlichen Rollenverständnis geprägt ist. Von einer patriarchalisch geprägten Gesellschaft aus gesehen, wird der Löwe als Pascha in seinem Harem interpretiert (oder der fette Freier, der freie Auswahl unter den ••••n hat), was sicher nicht wenige Männerfantasien beflügelt.

    Aus der Sicht einer matriarchalisch geprägten Gesellschaft könnte das ganz anders aussehen: Löwinnen erledigen die Jagd, ziehen Junge auf, leben im Rudel und unterstützen / beschützen sich gegenseitig, während männliche Löwen aggressiv sind und außer zur Befruchtung zu nichts zu gebrauchen, deshalb reicht es völlig, wenn die Löwinnen nur ein Exemplar davon in ihrem Rudel dulden und durchfüttern...
    Das Problem an Philosophie ist, dass sie so ziemlich jede Diskussion verwässern und erschweren kann, ohne dabei irgendwas sinnvolles Beizutragen. Die meisten auf diesem Planeten lebenden Tierarten sind ausreichend erforscht und grade beim Löwen gibt es nicht die geringsten Zweifel daran, dass die Männchen in der Rangordnung über den Weibchen stehen. Das kann man glauben, oder es ignorieren, aber Wissenschaftliches Wissen der eigenen Theorie anzugleichen statt umgekehrt ist trotzdem nicht zielführend.
    Ich bin übrigens wirklich kein Verfechter der Patriarchats-Idee. Wenn ich sehe, wie viele alleinerziehnde Mütter wir in deutschland haben, während ein großteil der männlichen bevölkerung sein Wochenende mit Shorts, Sandalen und Tennissocken grölend in irgendwelchen Kneipen verbringt, dann muss ich nicht erst philosophisch werden, um zu erkennen, dass Frauen von natur aus deutlich mehr Verantwortungsbewustsein haben, als Männer.

    Mir geht es nur darum, aufzuzeigen, dass die entwicklung einer Patriarchalen gesellschaftsform in der Frühzeit einer Kultur nicht nur möglich, sondern auch wahrscheinlich ist, während es für die in Fantasy-Welten üblicherweise angenommene gleichstellung zwischen Mann und Frau schon im Mittelalter in der Realität keine nachweisbare Entsprechung gibt.

    Geändert von caesa_andy (31.07.2014 um 23:46 Uhr)

  5. #5
    Zitat Zitat
    Ich finde nach wie vor, für Spielehelden haben Durchschnittswerte der Lebenswirklichkeit keine verpflichtende Referenz, von daher kann ein Geschichtenerzähler die körperliche Unterlegenheit der Normalfrau bei seinem Heldinnenentwurf mal getrost ignorieren.
    Naja, dann kann man umgekehrt aber auch sagen "Jaja, Frauen können in der Wirklichkeit auch toll sein, das interessiert mich aber bei meinem Spiel nicht, das ist ein reines Sausage Fest, um die vom bösen Drachen entführte Prinzessin zu retten" .

    Zitat Zitat
    Wenn ich sehe, wie viele alleinerziehnde Mütter wir in deutschland haben, während ein großteil der männlichen bevölkerung sein Wochenende mit Shorts, Sandalen und Tennissocken grölend in irgendwelchen Kneipen verbringt, dann muss ich nicht erst philosophisch werden, um zu erkennen, dass Frauen von natur aus deutlich mehr Verantwortungsbewustsein haben, als Männer.
    Und da behaupte nochmal einer, Sexismus gäbe es nur in einer Richtung...

  6. #6
    Zitat Zitat von Liferipper Beitrag anzeigen
    Naja, dann kann man umgekehrt aber auch sagen "Jaja, Frauen können in der Wirklichkeit auch toll sein, das interessiert mich aber bei meinem Spiel nicht, das ist ein reines Sausage Fest, um die vom bösen Drachen entführte Prinzessin zu retten" .
    Ja, kann man natürlich. Wer bin ich, Gesellschaftspflichten in Fantasiewelten vorschreiben zu wollen? Superamazonen dürfen von mir aus mit demselben Unterhaltungsrecht auf Dinos reitend Nazis jagen, wie schöne Prinzessinnen auf den starken Retter warten. Und wer künftig Heldinnen vor allem als Projektion weltanschaulicher Präferenzen aus dem Frauenbeauftragtenmilieu entwickleln möchte, darf das auch gerne tun. Am Ende müssen alle Unterhaltungsabsichten über dasselbe Stöckchen springen: Macht es mir Spaß, ausgerechnet das zu spielen?
    Jeder von uns ist Individuum genug, diese Frage für sich selbst beantworten zu können. Machen wir ja eh jeden Tag. Und als Entwickler kann man ruhig abwägen, auf welches Pferd man mit welchen Absichten setzt: Frauen aus Interesse am weiblichen Held, aus Interesse an der gesellschaftspolitischen Botschaft, weil eine Frau am besten in die angestrebte Erzählung passt oder einfach mal so, weil halt? Geht alles, führt aber zu unterschiedlichen Resultaten.

  7. #7
    Zitat Zitat von real Troll Beitrag anzeigen
    Ja, kann man natürlich. Wer bin ich, Gesellschaftspflichten in Fantasiewelten vorschreiben zu wollen? Superamazonen dürfen von mir aus mit demselben Unterhaltungsrecht auf Dinos reitend Nazis jagen, wie schöne Prinzessinnen auf den starken Retter warten. Und wer künftig Heldinnen vor allem als Projektion weltanschaulicher Präferenzen aus dem Frauenbeauftragtenmilieu entwickleln möchte, darf das auch gerne tun. Am Ende müssen alle Unterhaltungsabsichten über dasselbe Stöckchen springen: Macht es mir Spaß, ausgerechnet das zu spielen?
    Jeder von uns ist Individuum genug, diese Frage für sich selbst beantworten zu können. Machen wir ja eh jeden Tag. Und als Entwickler kann man ruhig abwägen, auf welches Pferd man mit welchen Absichten setzt: Frauen aus Interesse am weiblichen Held, aus Interesse an der gesellschaftspolitischen Botschaft, weil eine Frau am besten in die angestrebte Erzählung passt oder einfach mal so, weil halt? Geht alles, führt aber zu unterschiedlichen Resultaten.
    Also ist doch alles gut, wie es jetzt ist. Wozu dann noch die Diskussion?

  8. #8
    Zitat Zitat von Whiz-zarD Beitrag anzeigen
    Also ist doch alles gut, wie es jetzt ist. Wozu dann noch die Diskussion?
    Aus Fabulierfreude, aus Lust am Widerspruch, aus Spaß am Argumenteschärfen und aus reiner Forumsvitalität heraus. Such dir was aus.
    Außerdem muss der Thread noch allgemeinverbindlich klären, wie viel Prozent Natur und wie viel Gesellschaft in der gemeinen deutschen Frau steckt. Sowas klappt bei Spielspaßwertungen doch schließlich auch.

  9. #9
    Klären können solche Diskussionen wie gesagt gar nichts, es geht nur darum, etwas aus ihnen mitzunehmen. Derjenige, der mich damals auf die Artikel aufmerksam gemacht hat, sagte, dass es zunächst mal darum geht, sich die über angesprochenen Probleme Gedanken zu machen. Und zwar ohne die üblichen Beißreflexe.

    Zitat Zitat
    Und da behaupte nochmal einer, Sexismus gäbe es nur in einer Richtung...
    Ja, das ist wieder ein anderes Problem. Natürlich sind Frauen nicht verantwortungsbewusster als Männer, wer könnte auch das Verantwortungsbewusstsein von 7 Mrd. Menschen messen und beurteilen? Männer auf die Saufgenossen zu reduzieren ist ein klassischer Trugschluss, nur weil jemand laut schreit, macht er noch lange nicht die Mehrheit aus.

    Wie dem auch sei, es stimmt schon, dass wir das das allgemeine Thema "Stellung der Frau in der Gesellschaft" lieber dem Politikforum überlassen sollten. Also zurück zum Game Design. Welches Fazit lässt sich bisher ziehen?

    • Die Spielwelt muss die Realität - egal ob historisch oder aktuell - nicht nachbilden. Die gesellschaftlichen Strukturen können vollkommen anders sein und auch die Rollen der Geschlechter brauchen sich nicht an der realen Welt zu orientieren. So gesehen hat sich also wirklich "nichts geändert". Allerdings trägt der Entwickler auch eine Verantwortung. Er steht mMn in der Pflicht, über das nachzudenken, was Spielwelt, Geschichte und Figuren aussagen. Bildet er die klassischen Geschlechterstereotypen nach, dann ist das natürlich eine klare Aussage und der Einfluss auf die Spieler (vor allem wenn sie jung sind) ist nicht zu unterschätzen. Jeder Entwickler sollte sich fragen, ob er die üblichen Rollenbilder überhaupt propagieren möchte.
    • Die Spielfiguren müssen nicht den gängigen Schönheitsidealen entsprechen. Hier bin ich aber auch "sexistisch", ich persönlich mag es lieber, wenn die Figuren (sowohl Frauen als auch Männer) meinen ästhetischen Ansprüchen genügen. Das ist eben eine kleine Zwickmühle, neutral betrachtet ist das Aussehen nicht entscheidend, in Wirklichkeit würden die Spieler für sie unästhetische Figuren aber wohl ablehnen. Und das kann man niemandem austreiben.
    • Der Entwickler sollte sich über die Auswirkungen der Sexualisierung Gedanken machen. Welche Zielgruppe möchte er erreichen? Ich weiß nicht wie die Geschlechterverteilung in unserer Community ist, aber mal angenommen sie wäre 50:50, es gäbe also viele potenzielle Spielerinnen. Würde man denen nicht vor den Kopf stoßen, wenn die Heldinnen zu sehr sexualisiert werden?
    • Den Gedanken kann man noch weiterführen. Der Entwickler sollte sich fragen, ob ein Spiel, das sich gleichermaßen an Frauen und Männer richtet, den Schwerpunkt wirklich nur auf eine männliche Hauptfigur und "Männerinteressen" legen sollte. Wäre es nicht besser, den Frauen eine gleichgestellte Identifikationsfigur anzubieten?

  10. #10
    Zitat Zitat von Kelven Beitrag anzeigen
    Den Gedanken kann man noch weiterführen. Der Entwickler sollte sich fragen, ob ein Spiel, das sich gleichermaßen an Frauen und Männer richtet, den Schwerpunkt wirklich nur auf eine männliche Hauptfigur und "Männerinteressen" legen sollte. Wäre es nicht besser, den Frauen eine gleichgestellte Identifikationsfigur anzubieten?
    In der bunten Kinowelt gibts jährlich Blockbuster in denen Frauen nur hübsche Dekoration sind. Das führt trotzdem nicht zu einem Massenboykott durch Frauen, ganz im Gegenteil, es scheint ja nicht mal was aus zu machen.

    Zitat Zitat von Kelven Beitrag anzeigen
    Der Entwickler sollte sich über die Auswirkungen der Sexualisierung Gedanken machen. Welche Zielgruppe möchte er erreichen? Ich weiß nicht wie die Geschlechterverteilung in unserer Community ist, aber mal angenommen sie wäre 50:50, es gäbe also viele potenzielle Spielerinnen. Würde man denen nicht vor den Kopf stoßen, wenn die Heldinnen zu sehr sexualisiert werden?
    Ich denke sofern man nicht in Extreme abgleitet wird auch das keinen großen Unterschied machen. Das hat denke ich auch wenig mit dem Geschlecht zu tun. Wenn ein Spiel mit als Partymitglied ein minderjähriges Catgirl mit riesen Brüsten in einem Hauch von nichts vorsetzt, dann ist das ganze für jeden, der nicht grad eine entsprechende Vorliebe hat sowieso schon so albern, dass das Spiel sich selbst inhaltlich entwertet. Wenn in einem Film der Generalstab der US Army tagt und die Generäle sind allesamt schöne junge Männer, die nur mit einer Socke über dem Pimmel bekleidet sind, dann fragt man sich ja auch nicht "hrrrm, also den Frauen wirds gefallen, aber obs die Männer stört?", das ist sowieso schon bescheuert.
    Und wenn nun alle Darsteller, völlig unabhängig vom Geschlecht super schön und super sexy wären,...sind dann alle glücklich? Oder wird sich dann eher drüber lustig gemacht? "Oh, beim Geheimdienst nehmen sie also nur Supermodels!"

  11. #11
    Zitat Zitat
    In der bunten Kinowelt gibts jährlich Blockbuster in denen Frauen nur hübsche Dekoration sind. Das führt trotzdem nicht zu einem Massenboykott durch Frauen, ganz im Gegenteil, es scheint ja nicht mal was aus zu machen.
    Es gibt durchaus einige Statistiken, die implizieren, dass Blockbuster mit interessanten Frauenfiguren deutlich besser laufen, gerade beim weiblichen Publikum. Es sind wohl eher die veralteten Annahmen der Studios, die wie selbstverständlich davon ausgehen, dass die entsprechenden Genres kaum bis keine weiblichen Zuschauer hätten (und vor allem auch nicht haben können). Hunger Games war übrigens das letzte Phänomen, in dem die Studios total überrascht davon waren, dass es Twilight so problemlos hinter sich gelassen, was die Einnahmen angeht. Seitdem macht man auch wieder mehr Wirtschaftsstatistik mit Frauen im Kino.

    Ist aber ein schwieriges Thema, weil Filme mit interessanten Frauenfiguren üblicherweise auch die besseren Filme sind. Weil, wer als Mann interessante Frauen schreiben kann, kann tendenziell nun mal auch interessante Figuren jeglichen Geschlechts schreiben -- was übrigens auch ein extrem guter Grund ist, sich als Autor für Weiblichkeit in Medien zu interessieren. An dieser Stelle wird es aber naturgemäß sehr schwer, zu unterscheiden, ob der Erfolg durch das gute Writing generell, oder durch die Frauenfiguren kommt. Wahrscheinlich beides, würde ich persönlich tippen, aber wie die Gewichtung ist? Kein Schimmer.
    Aber wie gesagt, bessere Frauen = insgesamt besserer Film, also win-win.

  12. #12
    @ Kelven
    Du zählst Punkte auf, über die man als Entwickler gewiss nachdenken kann. Und wie bei allen Überlegungen, die durchaus unterschiedliche Entscheidungen nach sich ziehen können, lohnt die Beschäftigung schon allein dadurch, weil sie weitere Optionen bewusst macht. Das erleichtert die Formulierung der eigenen Absicht und die Wahl der dazu passenden Gestaltungsmittel.
    Einen Punkt würde ich deiner Liste noch als Zwischenfazit anfügen wollen: Bei allem Bemühen, eine mit Gesellschaftsbotschaften beladene Heldenfigur zu bauen (oder dem Spieler gegenüber zu "propagieren", wie du unangenehmerweise formulierst), sollte am Ende immer noch ein Charakter stehen, und nicht Pädagoga, die brave Paladinin der Quote.

  13. #13
    @Corti
    Ich übertrage das mal auf unsere Spiele: Nur weil die Spielerinnen sie nicht boykottieren - dazu müssten sich die Spiele schon ziemlich anstrengen - heißt das ja nicht, dass sie mit allem zufrieden sind. Es fehlen Beispiele zum Vergleichen. Spiele mit Heldin gibt es zwar schon, aber sehen die Spielerinnen dort wirklich eine Identifikationsfigur? Gut, wie schon angesprochen wurde, haben wir erst mal mit dem viel elementareren Problem zu kämpfen, dass die Figuren meistens nicht so toll geschrieben sind. Und Spiele mit zwei gleichermaßen wichtigen Protagonisten (m/w) wären vermutlich fast schon eine Innovation.

    @real Troll
    Ich sprach ja zunächst nur davon, dass man aufpassen sollte, nichts Ungewolltes ins Spiel einzubauen. Zum Gewollten bin ich noch gar nicht gekommen. Aber da du es schon ansprichst, was befürchtest du denn, wenn du von einer Pädagoga sprichst? Eines dürfen wir ja nicht vergessen: So gut wie jeder Autor schreibt - ob bewusst oder nicht - über seine Wertevorstellungen. Es ist fast unmöglich, nichts mit seinem Werk auszudrücken. Gerade bei den JRPGs ist es üblich, humanistische Werte zu vermitteln. Die Spielen handeln von Freundschaft, Verantwortung übernehmen, für andere einstehen usw. Die Figuren werden also positiv dargestellt und lernen im Laufe ihrer Reise oft, ihre Schwächen zu überwinden. Daran kann ich nichts Schlechtes sehen. Klar, das kann manchmal zu plakativ dargestellt werden, aber für die schlechte Umsetzung kann der gute Vorsatz nichts. Ich finde wie gesagt schon, dass man als Erwachsener eine gewisse Verantwortung trägt, vor allem wenn man eine jüngere Spielerschaft ansprechen möchte. Mir fallen kaum Beispiele ein, bei denen ich mal das Gefühl hatte, dass eine vorbildhafte Figur gar kein Charakter ist, sondern nur eine Ansammlung humanistischer Ideale.

  14. #14
    Vor allem ist es auch ein Zeichen von schlechtem Writing, wenn sich dem Spieler Sachen aufdrängen, die nicht gewollt waren. Etwa allzu starke Klischees. Ich sag nur coole broody Pretty Boys als J-RPG-Helden; ist per se nicht schlimm, aber leider ein schrecklich abgedroschenes Klischee. Und wenn man das verhindern will, muss man natürlich erstmal wissen, was die Klischees sind (Hint: "Nicht alle Frauen an den Herd" kratzt kaum an der Oberfläche der Geschlechtersache ^^).

  15. #15
    @ Kelven
    Durchaus. Natürlich lege ich immer meine Wertvorstellungen in ein Projekt, sobald es über den Status einer Minispielsammlung hinausgeht. Das sind oft all die kleinen Selbstverständlichkeiten meiner Heimatkultur, die ich meist erst als solche bewusst wahrnehme, wenn mir ein Fremder begegnet. Gegen deren spielerische Verwendung kann ich gar nichts haben, weil ich mich gar nicht vollständig unabhängig von mir selbst kontrollieren kann, inwieweit ich unbewusst darauf zugreife.

    Was ich vielmehr unter einer "Pädagoga" verstehe, ist kein bewusstes, dezent einladendes Werben (so was geht ja auch), sondern ein Missionieren mit den Mitteln platter Propaganda. Szenario: überdrehter Veganer bei Tisch. Das könnte meiner Meinung nach einem erzählerisch noch unsicheren Entwickler schneller unterlaufen, als ihm lieb ist, insbesondere wenn ihm dieses Forum vermittelt, er sei da ganz nahe bei einer fortschrittlichen Sache, wenn er seine Heldin als Gleichstellung propagierende Kämpferheldin auslege.

    Es gibt derb peinliche Fanfiction; "Pädagoga" wäre in diesem Sinne das Fanfic zu einer Weltanschauung. Natürlich kann der Wurf auch gelingen und ein bestaunter Glanzstern hiesiger Erzählkunst werden. Aber bei all den in der Vergangenheit bekrittelten Ungelenkigkeiten in der Makerspielerzählung schadet es nicht, früh genug mögliche Fallstricke zu diskutieren. Und politische Bildung in einem Spiel kann sehr schnell dazu führen, dass die sonstwie gute Absicht sich im Widerspruch zu dem verheddert, was vom Publikum noch als Unterhaltung akzeptiert wird.
    Ein Beispiel: Vermutlich geben die 17 Zentralen für politische Bildung (1 vom Bund, 16 von den Ländern) durchaus gut gemeinte Digitalprojekte für Jugendliche heraus; voll von Umweltschutz, Gleichstellung und Anti-Ismen jeder Coleur. Kennst du auf Anhieb auch nur ein Pädagogikspiel?

  16. #16
    Ja, ist schon ein wirklich wichtiger Punkt. Es gibt einen großen, weiten Bereich zwischen "zu wenig" und "zu viel" bzw. zu dreist, und vorzugsweise sollte man sich irgendwo in diesem Bereich ansiedeln.

    Wobei mir gerade NOCH wichtiger ist, zu erwähnen, das pädagogische Medien per Konzeption etwas komplett anderes sind als Medien, die "nebenbei" versuchen, wahrgenommenen Missständen entgegenzuwirken. Und da fallen einem dann auf Anhieb erheblich mehr ein, selbst im krassesten Mainstream.

    Uuuund die lächerlich Qualität von pädagogischen Medien ist sowieso ein Thema für sich ....

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