Ich find's übrigens voll gut, dass hier echt noch ein ernst zu nehmender Thread draus geworden ist.

Zitat Zitat von Kelven
Möchte jemand ein ansatzweise historisch korrektes Spiel entwickeln oder einfacher gesagt, das Spiel spielt in unserer Vergangenheit, dann sollte man sich an der damals herrschenden Gesellschaft orientieren.
Erstmal: Ja. Aber die Schlussfolgerungen daraus sind das, wo es wirklich interessant wird. Ich kopiere noch mal meinen Post, weil er auch imho GERADE für realistisch angehauchte Spiele wichtig ist: Wenn es wirklich so viele männliche Helden gäbe, weil weibliche Helden historisch gesehen statistisch unwahrscheinlich waren, dann wären die allermeisten Helden auch irgendwelche Bauern, die Sonntags zur Kirche gehen und sich sonst um ihren Lebensunterhalt kümmern. SO realistisch will man es dann aber doch nicht haben. Man will außergewöhnliche Helden haben, Leute, die sich gegen die große Autorität auflehnen, Dörfer gründen, Tyrannen erschlagen! Selbst in einem Spiel, dass sich ernst nimmt oder gar "realistisch" schimpft. Was man kulturell nicht haben will, sind weibliche Helden, so außergewöhnlich die auch wären. Und zwar nicht, weil man irgendwie böse oder rückständig wäre, sondern einfach weil wir eine Medienkultur der männlichen Helden haben.

Will sagen: Bevor man den Mangel an weiblichen Haupthelden mit irgendwie geartetem Realismus begründet, muss man erst einmal überprüfen, wo das eigene Gesamtkonzept herkommt. Irgendwelche Sachen IM RAHMEN EINES KONZEPTS zu begründen, führt meistens am Problem vorbei. Das große Problem mit Sexismus ist schließlich nicht das einzelne Medium, sondern das Gesamtbild. Niemand würde sich über einen einzelnen sexistischen Film beschweren, wenn Sexismus in Filmen allgemein kein Problem mehr wäre. Also lasst uns lieber wieder gute sexistische Filme machen, wenn der dieser sagenumwobene "durchschnittliche Film" weniger sexistisch geworden ist. Dann werden die auch wieder entsprechend gewürdigt.

Zitat Zitat von Cornix
Es gibt jede Menge starke Frauen in der Realität. Ich glaube nicht, dass Frauen körperlich schwächer sind als Männer, ich glaube eher, dass in unserer Gesellschaft es für Frauen als unangebracht gesehen wird muskulös zu sein, und deswegen sind die allermeisten es auch nicht.
Richtig. Man überlege mal bitte, wie viel Varianz in Muskeln und Kampfkraft der übliche männliche Cast so an den Tag legt. Und da soll gerade die Frau herausfallen und irgendwie "unrealistisch" sein? Come on. Es gibt tatsächlich nur zwei Situationen, die mich bei betont realistischen Settings auch hellhörig lassen würden: Situation a) Der direkte Vergleich von Extremen. Eine Frau, die einen nationalen Armdrückwettbewerb gewinnt, ist durchaus schon Fantasy-Material ... oder aber, sie ist körperlich tatsächlich nicht allzu weiblich. Was durchaus öfter in einem Rollenspiel passieren darf, ohne dass man einen Witz daraus macht. Situation b) Eine Darstellung, in der soziale Gegebenheiten nicht zur Entwicklung der Körper passen. Durchgehend muskulöse Kriegerfrauen in einem Setting, in dem Frauen seit Jahrhunderten an den Herd gedrängt wurden? Nah. Lass mal lieber sein.

Zitat Zitat von Kelven
Im Posting sprach der Autor davon, dass sich in Horrorspielen eher Frauen anböten, weil man ihnen sinngemäß das Zeigen von Gefühlen nicht übel nimmt, während es bei Männern als Schwäche ausgelegt wird.
Andersrum wird ein Schuh draus: Die ängstliche Frau ist ein dermaßen starkes gesellschaftliches Bild, dass sie sich besonders gut dazu eignet, schnell und billig Gefühle hervorzurufen. Und was Blacky sagt. Deshalb gucken ja auch immer eine Mutter und ihr Kind (Bild der Hilflosigkeit Nummer 2) angstvoll nach oben, wenn die Aliens/der Riesenaffe/die Apokalypse naht. Wir brauchen EINEN HELD!

Zitat Zitat von Cornix
Auch hier würde ich behaupten es ist in unserer derzeitigen Gesellschaft einfach etabliert, dass Trauer und Angst von einem Mann nicht nach Außen getragen werden sollten sondern stillschweigend für sich selbst, oder für den engsten Verwandtenkreis aufgehoben werden.
Das ist möglicherweise einfach eine Modeerscheinung des 21. Jahrhunderts, da es, z.b. im klassischen Theater Gang und Gebe war einen männlichen Charakter mit sichtbarer Trauer und Angst zu zeigen. Möglicherweise wird sich das in den nächsten 50 bis 100 Jahren stark wandeln.
Theater ist aber schon ein sehr spezieller Raum. Sonst gebe ich dir aber vollständig recht.
Und hey, das Bild ändert sich bereits, und zwar ziemlich rasant. Insofern: Gern mehr Charaktere, die auch mal ihre Gefühle zeigen. Und vor allem gern Variation. Variation ist wichtiger als ein "perfekter Standard".