Also mir fällt im deutschsprachigen RPG-Maker-Bereich genau ein Spiel ein, das die richtige Balance zwischen Entscheidungsfreiheit und erzählerischer Dichte auf perfekte Weise findet: Unterwegs in Düsterburg. Die Handlung verläuft zwar prinzipiell linear und an einem Strang, aber wie sich gewisse Dinge innerhalb dieses Rahmens entwickeln, hängt von den Entscheidungen des Spielers ab. Grandy hat prinzipiell die perfekte Balance zwischen erzählerischer Dichte und Handlungsfreiheit gefunden, was auch daran liegt, dass die Entscheidungen bei UiD zum ersten keine plumpen Gut-Böse-Entscheidungen sind, sondern eher die Entscheidungen zwischen verschiedenen Vorgehensweisen, und zweitens einen unmittelbar spürbaren Einfluss auf die Handlung haben. Letztlich hat man in jedem Fall das Ziel, Wahnfried zu besiegen, aber wie man zu diesem Ziel gelangt, ist einem bis zu einem gewissen Punkt freigestellt, mit den jeweiligen Konsequenzen natürlich.

Gerade dieser unmittelbare Einfluss ist wichtig, finde ich. Was bringen mir Entscheidungen, wenn sie lediglich dazu führen, dass ich irgendwelche Gut-oder-Böse-Punkte sammel, die dann bestimmen, welche marginalen Details sich beim Ende ändern? Gar nichts! Im Endeffekt gaukelt man dem Spieler so nur Entscheidungsfreiheit vor, lenkt ihn aber dennoch auf festen Bahnen, und gefährdet am Ende sogar die Integrität der Handlung.

Zum Beispiel im Eröffnungspost will ich jetzt mal ein theoretisches Szenario ausarbeiten, wie sich Entscheidungsfreiheit umsetzen lässt, ohne dass die Integrität leidet. Wir fangen dabei an dem Punkt an, an dem man den Dungeon betritt, um ihn von Feinden zu säubern. Hans könnte ja jetzt z.B. in diesem Dungeon Hinweise darauf finden (sofern man an den richtigen Stellen genauer aufpasst), dass der Schamane auch etwas im Schilde führt, und dann stellt sich die Entscheidung, ob man den Schamanen damit konfrontiert, daraufhin im Kampf besiegt, und man so an das Heilmittel kommt, oder ob man dem Auftrag gemäß handelt, den Dungeon säubert, und dafür vom Schamanen belohnt wird. Jetzt stellt sich heraus, dass das Heilmittel immer noch nicht wirkt, und sofern Hans den Schamanen schon besiegt hat, findet er in der Behausung des Schamanen zumindest das Rezept für das zweite Heilmittel und muss nun die Zutaten dafür suchen, und einen anderen Schamanen, der es für ihn daraus herstellen kann. Sofern der Schamane hingegen noch lebt, will er den Trank nur herstellen, wenn man ihm einen Gegenstand des anderen Schamanen bringt. Nun kann man entweder den anderen Schamanen töten und ihm den Gegenstand entwenden, und muss dann noch die Zutaten suchen, um das Heilmittel herzustellen, oder man tötet stattdessen den Schamanen, der im Besitz dieses Rezeptes ist. Nun muss man mit diesem zum anderen Schamanen und der stellt nun, nachdem man die Zutaten beisammen hat, das Heilmittel her.

Natürlich ist so ein variabler Questverlauf komplizierter umzusetzen, als ein linearer, aber er wahrt eben die Integrität der Handlung, da er für jede Entscheidung genügend Argumente liefert, und er liefert dem Spieler trotzdem das Gefühl, freie Entscheidungen treffen zu können.