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You got bamboozled
Mein erstes Bewerbungsgespräch hat mir so viel Angst eingejagt, dass ich die Nacht davor nicht schlafen konnte und deswegen mit 25 Stunden Wachzeit auf dem Zähler und einem gefühlten Blutdruck von 180 (den paar Pötten Kaffee die ich mir dann irgendwann, zwei Stunden vor Beginn des Gespräches, reingekippt habe, um wieder halbwegs menschlich gucken zu können, sei dank) auf dem Tacho losgetigert bin.
Während meiner 1 1/2 stündigen Odyssee hatte ich sehr viel Zeit zum nachdenken. Einerseits ist mir klar geworden, dass Dresden echt enorm groß ist. Das Pirnas großer Stolz auf sein DDR Museum daher kommen muss, dass die gesamte Stadt das Museum ist und dass 1 1/2 Stunden Anfahrt eine übelst lange Zeit sein können.
Das Firmengebäude selbst begrüßte mich damals schon von weitem mit urigem DDR-Charme und von nahem mit riesigen Schlammpfützen. Dabei hatte es tagelang nicht geregnet in der Region...
Auch das Innenleben konnte mich dann wirklich umwerfen, es war, als hätten sie den Teppich aus dem Fell von Rauhaardackeln zusammengeflickt und waren dann vermutlich so stolz auf sich, dass sie das Zeug überall, wirklich überall, verlegt haben.
Auch das Bewerbungsgespräch verlief damals granatenmäßig. Zuerst wurde mit von dem glorreichen Ausbilder berichtet und meine Träume wurden zerstört, denn ich wurde über einige Dinge aufgeklärt die eigentlich ganz normal sind! Zum einen werde ich im ersten Lehrjahr ja auch nicht so viel lernen, da geht es primär darum meine Teamfähigkeit zu schulen. Zum Beispiel in dem ich Bier anschleppe. Nachdem mir später dann erklärt wurde, dass mich ein Fehler meinerseits mehrere Millionen Euro kosten würde und mein Gehalt selbst bei Vollzeit Arbeit für die nächsten 100 Jahre nicht reichen würde um den Schaden zu decken, wurde mir dann die erwartete Stelle als Gabestapler...fahrer... angeboten... moment.
Ich hatte mich eigentlich auf eine Stelle als Chemielaborant beworben. Das sind die Typen, die im kleinen Maßstab das Endprodukt synthetisieren sollen, nicht diejenigen, die mit dem Gabelstapler Fässer mit Silikon verladen.
Ich glaub mein Koffein durchsetztes Blut wechselte in dem Moment kurz von "Sirupartig" zu "So dickflüssig wie heißer Asphalt". Mein Körper brannte zumindest den ganzen Morgen schon so, wie letzteres.
Mir wurde im Anschluss noch vom Schichtführer das Werk gezeigt, seine Führung endete mit den Worten "Achja, wenn ich genau so wie meine Tochter hätte studieren können, würd ich das sofort machen."
Seitdem habe ich keine Angst mehr vor Bewerbungsgesprächen, denn ich weiss nun... ich habe der DDR ins Auge geblickt und bin entkommen. Das stimmte mich positiv für die Zukunft, die jetzt Gegenwart ist
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