Darf ich's in nem langen Exkurs machen? (Wenn ja, siehe dein Postfach.)
Wenn nicht, dann sage ich mal einfach, dass der Mann davon ausgeht, dass alle Sprachen grundlegend wenig divers sind und er begründet das mit Marsianern, die auf die sprechende Menschheit schauen. Das ist der Mann, der eine Forschungsrichtung begründet, die im Deutschen beinahe ausschließlich Nebensätze, also illokutiv freigestellte Sprechhandlungen, untersucht, weil diese einen festen, unveränderlichen Bau haben -- anders als der deutsche Hauptsatz. Auf dieser Grundlage möchte man dann davon ausgehen, dass allen Sprachen die gleichen Prinzipien (Universalgrammatik) zugrundeliegen. Mit diesem Paradigma kann man die Diversität des Phänomens Sprache nicht erklären, also gibt es das für ihn nicht. Mit diesem Paradigma kann man nicht erklären, warum Sprache evolutionär nützlich ist, also ist die Frage nicht mal im Ansatz beantwortbar. Chomskys Theorie ist weder falsifizierbar, noch entspricht sie dem, was international an Erkenntnissen zu Spracherwerb und Kommunikationsfähigkeit, zur Gestalt der Kognition und zum Wesen kulturellen Handelns zusammentragend erarbeitet wurde. Für Chomsky ist Sprache ein quantitativ berechen- und bestimmbares Phänomen (jeder interdisziplinär sinnvolle Ansatz, der mir bekannt ist, widerspricht dem vehement), die Kategorie der Handlung scheint ihm gänzlich unbekannt, in seinem Schlaraffenland ist der unkultivierte Mensch (also das menschliche Wesen, das denken und handeln kann, ohne jemals mit anderen denkenden und handelnden Individuen in Kontakt gekommen zu sein) denkbar.
Das passt auch ziemlich gut zu seiner Geschichtsblindheit. Seine Auffassung von Religion ist in etwa so gesund wie Assmanns Theorie vom gewaltschaffenden Monotheismus und begründet sich eben auf seiner fehlenden Auffassungsgabe in Richtung des Phänomens Kultivierung; das mag man einem US-Amerikaner verzeihen, die haben da ja ganz andere Kämpfe auszufechten als wir, spätestens aber bei seinen Hitler/Göbbels-Vergleichen und -Hypothesen hört es auf. Und wie gesagt, er beschreibt mindestens einmal die Weimarer Republik als die Spitze der westlichen Welt zu ihrer Zeit, mit höchst funktionablen demokratischen Institutionen. Er versteht dann halt irgendwie Demokratie nicht und er geht tatsächlich davon aus, die Nationalsozialisten hätten geputscht.
Der Clip dort zeigt eigentlich nur, wie eingeschränkt sein theoretisches Umfeld ist und wie engstirnig er sich auf dieses eingeschränkte Feld verlässt. Der Mann mag in Richtung der formalen Sprachen und des politischen Kritizismus wirklich was drauf haben, das mag ich gar nicht abstreiten. Als Sprach- und Kulturwissenschaftler ist er aber eine absolut lächerliche Witzfigur.