"If they're big and your little, then you're fast and they're slow.
You're hidden and they're exposed.
You fight only the battles you know you can win."

(Der Staatsfeind Nr. 1)

Die Makercommunity hat ein Problem, das schon zu bekannt ist, um überhaupt noch irgendjemanden zu erschrecken, obwohl es das sollte. Von den unzähligen Projekten, an denen hier eifrig gearbeitet wird, schafft es nur ein Bruchteil überhaupt jemals in den Rang einer Demoversion, von Vollversionen wollen wir lieber gar nicht reden. Selbst vielversprechenden Projekten mit großer Unterstützung von Seite der Fans geht der Atem aus.

Warum ist das so? Ich denke, wir orientieren uns zu sehr an den kommerziellen RPG-Epen. Sie sind unser Archimedischer Punkt, woran sonst sollten wir uns klammern? Schließlich sind sie es, die uns überhaupt erst auf die Idee gebracht haben, etwas eigenes zu entwickeln. Aber diese Spiele sind groß, riesig, epochal. Sie können und müssen es sein, denn dutzende Entwickler arbeiten über Jahre hinweg jeden Tag daran. Dem nachzueifern ist nicht mutig oder ehrgeizig, sondern tollkühn. Der einzelne Maker übernimmt sich damit ganz einfach. Die unzähligen abgebrochenen Projekte und die wenigen tatsächlich vorhandenen Vollversionen belegen das.

Wie kann man dem beikommen? Der einsame Maker ist dem professionellen Entwicklerteam in vielen Punkten unterlegen, aber er besitzt auch Stärken. Flexibilität und Ungebundenheit erlauben auch unkonventionelle Spiele, deren Handlung nicht nur eine Reproduktion der durchgekauten 08/15-Heldengeschichte ist. Er kann Themen aufgreifen, vor denen die großen Entwickler zurückschrecken. Vor allem aber fördert die Einsamkeit des Makers eine ganz besondere Eigenschaft: seine Effizienz. Ohne die manpower eines ganzen Entwicklerteams ist der Maker dazu gezwungen, mit begrenzten Ressourcen und seiner eigenen, geringen Arbeitskraft in kurzer Zeit viel zu erreichen.
Diese Stärke, glaube ich, wird in der Makercommunity noch zu wenig (gezielt) genutzt. Aus meiner eigenen Erfahrung schließe ich, dass Projekte meist offen entwickelt werden. Die Handlung und die Spielewelt existieren im Kopf des Makers zwar in groben Zügen, aber sie sind nach hinten und zu den Seiten hin offen und erweiterbar, falls noch neue Ideen kommen sollten. Im Allgemeinen sind die Projekte von Anfang an als Epen konzipiert, denn diesen Maßstab geben die kommerziellen Spiele vor. Das ist das Problem. Es ist notwendig, zuallererst einen Rahmen für die Handlung und die Spielewelt abzustecken. Dieser Rahmen darf sich aber gerade nicht an den kommerziellen Maßstäben orientieren, sondern muss so klein gewählt werden, dass die Kraft des einsamen Entwicklers gebündelt bleibt und sich nicht in der Fläche verläuft. Indem man einen Rahmen für die Handlung setzt, kann man sie besser durchdenken und ist gezwungen, sie zu verdichten. Indem man einen Rahmen für die Spielewelt setzt, begrenzt man den Bedarf an Ressourcen, Maps, NPCs, Dialogen, Gegnern. Man kann sich auf Details konzentrieren, ohne dass diese in der schieren Weite des Spiels verschwinden. Ein kleines Spiel lässt sich besser handhaben und überschauen. Große Projekte werden mit der Zeit zu unhandlich und sind dann kaum noch zu verändern. Gerade das ist aber notwendig, wenn man sich Handlung, Spielewelt und Figuren nicht von vornherein in allen Details überlegt hat.

Wer sich den Entwicklern im Krieg entgegenstellt, wird an dieser Aufgabe scheitern. Die Antwort der Maker muss Guerilla heißen.

Wenn wir die kommerziellen Spiele als Romane ansehen, dann müssen wir unsere Projekte als Kurzgeschichten begreifen. Wenn uns das gelingt, denke ich, werden wir bessere Spiele sehen, weniger Projektabbrüche und mehr Vollversionen, weniger große Enttäuschungen und mehr kleine Erfolge.