Ich denke, man könnte grundlegend über die Diskussionskultur im Internet sprechen, bevor wir uns die Diskussionskultur bei Videospielen ansehen. Viele Dinge, die in dem verlinkten Thread den Stein zum Rollen brachten, wären im echten Leben nicht so, oder zumindest anders ausgesprochen worden. Foren und Internettplattformen im Allgemeinen haben natürlich den Vorteil, das wir alle schnell darauf zugreifen können. Ich meine, mich erinnern zu können, dass du selbst gesagt hast, dass du oftmals Texte von deinem Smartphone aus schnell abtippst. Ich denke, gerade diese Aspekte sind mitunter Schuld für Kontroversen. Man lässt sich von einer Informationswelle mitreißen, weil man entweder nicht genug Zeit aufwenden kann die Gegenargumente zu betrachten, oder man aus Gemütlichkeit heraus einfach die vorhandenen Tatsachen als wahr abstempelt. Beispielsweise in Bezug auf die Leaks zu Last of Us II.

Es kristallisieren sich für mich zwei Gründe heraus, warum es oftmals anstrengend ist über Videospiele zu reden. Einerseits werden Spiele immer cineastischer und dadurch zumindest in ihrer Präsentation realistischer. Der Grat zwischen Film und Spiel wird immer dünner. Im Umkehrschluss bedienen sich aber auch Filme immer mehr an Interaktivität. (Choose your own adventure Serien, wie z.B. Black Mirror: Bandersnatch). Oftmals verschwindet dadurch die Distanz zum Medium. Wir wissen zwar, dass es sich noch um ein Spiel handelt, aber hegen einen gewissen Anspruch, das Spiel mit realistischen Maßstäben zu messen und dies geht immer mit der eigenen (unter anderem politischen) Meinung einher. Es macht einen Unterschied, ob ich das Level in Super Mario (ziemlich abstrakt, klar definiert als surreale Welt) schlecht finde, oder ob ich einen Charakter in einer post-apokalyptischen Version unserer Welt schlecht finde, weil eben jener Charakter transsexuell ist. (Weitaus greifbarer, weil näher an der Realität. Die dargestellte Meinung spiegelt nebenbei bemerkt nicht meine, das ist nur als Beispiel zu verstehen.) Da viele Spiele versuchen, immer realistischer zu werden, werden auch die thematisierten Problematiken immer realistischer. Im Endeffekt sind Spiele ja nur eine Echokammer, die Themen aus unserer Gesellschaft nur wiederkauen, bzw. diese versinnbildlichen wollen.

Der zweite Grund, den ich sehen kann ist ein wilkürlich gestellter Anspruch an die Entwickler. Das geht meiner Meinung nach oft einher mit Nostalgie. Ich kenne das von mir selbst. Ich denke, einige werden mitbekommen haben, dass ich mit unter anderem Pokemon nicht mehr so einverstanden bin. Woran liegt das? Wenn ein Medium jemanden sein Leben lang begleitet, dann wird es unter anderem Teil der Identität. Man hegt den Wunsch, dass sich die geliebten Medien genau so entwickeln, wie man es selbst als Person getan hat. Ein Anspruch, der natürlich völlig unrealistisch ist. Wenn das geliebte Franchise, welches man jahrelang unterstützt hat, dann aber plötzlich einen Weg einschlägt, den man nicht teilen kann, dann ist es für mich nachvollziehbar, dass man Gefühle wie Enttäuschung, oder sogar Wut empfindet. Jetzt muss man allerdings auch sagen, dass Videospiele mit den Jahren (glücklicherweise) weitaus zugänglicher wurden und weniger Stigmatisierung erfahren. Dadurch kommen allerdings auch neue Herausforderungen hinzu, da man einer breiteren Masse von Interessensgruppen ein Produkt liefern muss. Es wird nicht allen gefallen und das soll es auch nicht, aber viele Menschen haben, und das wurde im verlinkten Thread, glaube ich, auch erwähnt, das Problem zu akzeptieren, dass es Leute da draußen gibt, die die eigene Meinung nicht teilen. Dadurch verlaufen sich Diskussionen oftmals ins Absurde und gleichen einer Sisyphosaufgabe. Wenn man das mit einem politischen Vergleich versuchen würde darzustellen: Eine gute Demokratie ist jene, in der die eigenen Vorstellungen auch mal nicht repräsentiert werden, denn die Mehrheit kann immer schnell zur Minderheit werden.

Nebenbei bemerkt empfand ich die Story bei LOU2 auch als ziemlichen Käse mit sehr vielen belanglosen Szenen.