Nun gut, dann haben wir heute wieder eine Wall-Of-Text.
Aber das ist ja der Kernaspekt der Aussage.
Andere Spiele kauen dir die Moral vor und spucken sie dir ins Gesicht. Die Spiele entscheiden was richtig und was falsch ist, du als Spieler sollst dann einfach damit leben.
Genau das will ich nicht haben. Ich will, dass der Spieler seine Entscheidung völlig frei trifft. Das einzige, was dich dazu bringt etwas gutes tun zu wollen, sollte der eigene Wunsch danach sein ein Held zu sein.
Es ist immerhin ein Rollenspiel, wenn du es spielst sollst du in die Rolle deines Charakters schlüpfen und versuchen so zu handeln, wie der Charakter handeln würde. Wenn nach deiner Einschätzung Flinn von den Leuten stiehlt um seine nächtlichen Kreuzzüge gegen das Böse zu finanzieren, dann spiel ruhig so. Das Spiel wird dich dafür nicht bestrafen.
Was ich mir vielleicht noch vorstellen könnte wären etwas andere Dialoge abhängig davon, wie man gehandelt hat. Keine Dialoge, die versuchen dir ein schlechtes Gewissen ein zu reden, aber vielleicht eine Abwägung der Situation.
Man könnte vielleicht einen Dieb dabei erwischen, wie er gerade etwas stiehlt; abhängig davon ob man selber je gestohlen hat, und wie oft, verläuft das Zusammentreffen dann anders.
Aber dafür war natürlich keine Zeit in diesem Projekt.
Ich habe versucht in dem Spiel eine gewisse Polarisierung auf zu bauen.
Auf der einen Seite haben wir eine grauenhafte Spielwelt voller schrecklicher Ereignisse. Das Intro beginnt bereits mit Totschlag, Vergewaltigung und Eigenjustiz. Und von da an wird es nicht gerade blumiger. Das ist wirklich keine Welt, in welcher man leben will.
Auf der anderen Seite folgt das Spiel einem typischen JRPG aufbau. Es gibt knuffige kunterbunte Grafiken, unbeschwerliche Musik, keinerlei Blut oder übertrieben (oder realistisch) dargestellte Gewalt, und das Kampfsystem ist völlig unbeschwert und heiter. Man braucht sich im Kampf keinerlei Gedanken machen, da man ja gegen Monster kämpft, und es besteht zudem nur aus Minispielen, es gibt keine Dialoge während des Kampfes => es ist völlig unschuldig.
An dieser Stelle baut sich dann aus diesen zwei Seiten ein Konflikt auf. Man erfährt von dieser grauenvollen gestörten Welt, erlebt sie aber durch ein Kalaydoskop der Unschuld.
Vielleicht bewegt das ja den einen oder anderen dazu einmal über Video Spiele nach zu denken. Wie sehr dort das Leben und der Tod von Menschen trivialisiert wird und keine weitere Bedeutung erhält.
Vielleicht habe ich diese Gedanken zu subtil gehalten. Aber ich persönlich mag es auch nicht, wenn einem die Philosophie eine Spiels den Rachen herunter gerammt wird. Es ist ja nichts neues was ich tue, die eher fragwürdigen Aspekte von Spielen wurden schon hunderte von Malen kritisiert, aber meistens auf eine sehr viel direktere Art und Weise.
Ich bevorzuge aber eher eine subtile unterschwellige Botschaft. Vielleicht ist das aber nicht die beste Wahl für ein Contest-Projekt.
Ich glaube ich weis was du meinst, aber offentsichtlich war ich selbst nicht in der Lage es gut um zu setzen. Vielleicht könnte man mit etwas mehr Zeit die Endsequenz noch ein wenig ausschmücken, allerdings habe ich keine Idee wie, ohne sinnlose dramatische Dialoge auf das Problem zu werfen.
Völlig richtig. Der Spieler erlebt nicht die Geschichte. Stattdessen erlebt er eine Geschichte aus den Augen von Flinn. Doch Flinn ist kein sehr unabhängiger Beobachter oder glaubwürdiger Erzähler. Es ist sehr wohl möglich, dass vieles was passiert einfach an ihm vorbei geht, oder dass manches was im Spiel passiert garnicht so in der Spielwelt passiert ist, sondern nur in Flinns eigenen Gedanken. Es gibt keine Geister in der Bibliothek, welche die Figuren aus Büchern personifizieren. Und Menschen verwandeln sich auch nicht in Monster während sie kämpfen. Der Spieler muss sich deshalb stets bewusst sein, dass es möglicherweise auch andere Dinge gibt, welche man hinterfragen sollte, während man Flinn steuert.
Ich denke ich habe das nicht richtig ausgedrückt. Natürlich interessiert sich Flinn dafür, dass Richtige zu tun. Aber er interessiert sich nicht dafür, was "Das Richtige" bedeutet. Er will nur, dass ihm jemand bestätigt dass es richtig ist, aber er denkt niemals selbst darüber nach. Das liegt daran, dass er den Großteil seines Lebens it dem lesen von Märchen und Groschenromanen verbracht hat. In solchen Büchern gibt es immer etwas objektiv gutes, und die Helden tun immer das Gute. Dort gibt es keine philosophischen Gedanken über die Natur und Art von Gut und Böse. Flinn handelt genau so.
Er denkt nicht darüber nach was gut ist. Er will garnicht darüber nachdenken. Er will nur ein Ergebnis sehen; am besten, dass jemand anderes ihm das Ergebnis hinwirft; fertig und in Mundgerechten Stückchen.
Ihn interessiert schon etwas Gutes zu tun, aber ihn interessiert nicht >was< Gut ist, oder warum.
Ich glaube das hat sich erst in den letzten paar Jahren so entwickelt. Bei den ganz alten Spielen war es noch üblich, dass am Ende stets ein Game-Over gezeigt wurde, nur gab es meistens unterschiedliche Bildschirme abhängig davon, ob man gewonnen oder verloren hat.
Das war leider ein Opfer des Zeitdrucks. Ich habe das gesamte Kampfsystem an nur 3 Tagen geplant, entwickelt und gescripted. Da war leider nicht viel Zeit für allerlei nützliche Features wie dieses.
Ein Grund ist, dass das Spiel sehr kurz ist. Es gibt nur eine begrenzte Anzahl von Feinden im Spiel, man hat nicht die Möglichkeit zu trainieren. Ein Levelsystem ist an dieser Stelle völlig sinnlos, da jeder Spieler stets die gleiche Menge an Erfahrungspunkten erhalten wird, außer er schleicht sich an den Wachen vorbei, doch dafür will ich niemanden bestrafen.
Auf der anderen Seite gibt es aber auch einen philosophischen Hintergrund dazu. Immerhin läuft man als Spieler umher und schlachtet wahllos alles ab, was sich dir in den Weg stellt. Die vielen Menschen die man tötet sind für die Spielfigur nichtmal als Menschen wahrgenommen sondern als seelenlose Kreaturen.
Gleichzeitig will man aber ein Held sein, doch würde ein Held wirklich umher laufen und alles töten was sich bewegt? Sollte ein wahrer Held dafür belohnt werden, dass er dies tut?
Ganz im Gegenteil. Ich will, dass der Spieler versteht, dass es keinen Vorteil im Kampf gibt. Immer wenn man kämpft braucht man seine eigenen Resourcen auf, man verliert etwas aber gewinnt nichts.
Deshalb gibt es auch immer wieder die Möglichkeit kämpfen aus dem Weg zu gehen. Im Schloss musst du nur einen einzigen Kampf gegen den Captain kämpfen. Alle anderen Kämpfe sind optional. Wenn du dich entscheidest nicht zu kämpfen wirst du nichts verlieren.Zitat
Es ist also deine Belohnung dafür dem Kampf aus dem Weg zu gehen, dass du mehr Zeit und mehr Trefferpunkte haben wirst.
Dann wiederum ist das Kampfsystem auf eine Art und Weise gemacht, dass es spaßig sein soll und man gerne kämpft. Also gibt es die Möglichkeit, dass Spieler kämpfen um des Kampfes Willen. Sie kämpfen nicht für Ruhm, nicht für Reichtum, sondern für den Spaß am Kämpfen. Das ist ebenfalls eine Art und Weise, wie man seinen Charakter in einem Rollenspiel spielen kann.
Das war tatsächlich ebenfalls ein Resultat des Zeitdrucks. Ein paar meiner Tester sagten mir, dass sie sehr viel Zeit damit verbracht haben wild umher zu klicken um heraus zu finden mit welchen Gegenständen man interagieren kann und mit welchen nicht. Da das Spiel nur eine Stunde dauern sollte musste ich also etwas dagegen tun, dass der Großteil dieser Stunde nicht nutzlos davon streicht.
Schade drum, aber du hast natürlich Recht, ich finde auch, dass es zu gedrängt ist.