Texte interpretieren und bewerten ist aber eben genau Hermeneutik und nicht Empirie. Und deshalb passt der Begriff Stochastik nicht oder zumindest nicht so, wie er definiert ist.
So einfach ist es leider nicht. Deutschlehrer bewerten meiner Erfahrung nach in erster Linie nach Sympathie und subjektivem Ermessen. Zwei Schüler könnten den haargenau gleichen Text schreiben, der Deutschlehrer würde nur anhand des Namens den einen mindestens eine ganze Note besser bewerten.Zitat
Oder noch verallgemeinerter: Empirische Untersuchungen zeigten, dass verschiedene Deutschlehrer den gleichen Text mit einer durchschnittlichen Abweichung von zwei ganzen Noten bewerteten. Ich muss zwar eingestehen, dass dieses Problem selbst auch in der Mathematik besteht und generell eine erhebliche Schwäche des Schulsystems darstellt, dennoch bei letzterem die Abweichung doch deutlich geringer ausfiel.
Textinterpretation ist nie eine vollständig objektive Methode, da sie eben nicht auf Quantitäten, sondern Qualitäten beruht und diese letzten Endes auch subjektiv sind. Sicher lassen sich Argumente nach ihrer Richtigkeit prüfen oder Polemik von Sachlichkeit unterscheiden. Dennoch ist es Ansichtssache, wie vertrauenswürdig ein Text ist. Was man tun könnte, um dies empirisch zu überprüfen, wäre den Text einer Personengruppe vorzulegen, die den Text auf einer Skala bewerten sollen und diese Skala anschliessend statistisch auswerten. Dann erhält man zumindest ein quantitatives Abbild der Qualität des Textes bezogen auf eine Personengruppe. Aber als Einzelperson durch pure Interpretation des Textes erhält man keine Daten, die sich prüfen liessen, sondern lediglich begründete Meinungen. Und diese sind nicht objektiv.