Lufia II - Rise of the Sinistrals
Der junge Maxim führt ein recht beschauliches Leben als Beschützer seines Heimatdorfes. Als die Population der Monster urplötzlich zu steigen beginnt, macht er sich - angestachelt von der geheimnisvollen Iris - mit seiner Kindheitsfreundin Tia auf, um den Grund dafür zu erfahren und möglichst etwas dagegen zu unternehmen.
Auf ihrer Reise finden sie nicht nur heraus, dass eine Gruppe finsterer Wesen namens Sinistrals für die vermehrten Monstersichtungen verantwortlich sind, sondern treffen auch Gleichgesinnte, die sich ihnen in ihrem Kampf anschließen. Darunter die Kriegerin Selan, deren Schicksal eng mit Maxim verknüpft ist...
Der zweite Teil der Lufia-Reihe erschien 1995 in Japan als Estpolis Denki II für das SNES, in Nordamerika ein Jahr später als Lufia II - Rise of the Sinistrals und in Europa schlicht und ergreifend nur als Lufia. Was sprachlich beim Vorgänger noch ohne Weiteres funktionierte, erwies sich von hier an als Fallstrick, da der Charakter ‚Lufia‘ in den späteren Titeln niemals mehr eine Rolle spielte. (Abgesehen von ein paar Sekunden nach dem Abspann im vorliegenden Spiel.)
Trotz seines Status als Nachfolger spielt es zeitlich vor dem ersten Teil und beleuchtet den Werdegang der ursprünglichen Heldentruppe, deren finalen Kampf man bereits im Prolog von Lufia & the Fortress of Doom miterlebte.
2010 wurde mit „Curse of the Sinistrals“ ein Remake für den DS auf den Markt geworfen, das sich allerdings in vielerlei Dingen vom Original unterschied (ARPG statt rundenbasiert, Graphikdesign und Persönlichkeiten der Charaktere zum Teil geändert, Reihenfolge der zu erkundenden Orte und Begegnungen mit bestimmten Personen vertauscht, ein alternatives Ende für Maxim und Selan in einem zweiten Durchgang...). Aufgrund dessen kann man diesen Lufia-Titel vermutlich schon als eigenständiges Spiel bezeichnen, das sich lediglich an „Rise of the Sinistrals“ orientiert.
An und für sich gibt sich Lufia II sichtlich Mühe dem Spieler auf jede erdenkliche Art (positiv) im Gedächtnis zu bleiben:
- die Graphik hat - im Gegenzug zum ersten Teil - eine ordentliche Schippe draufgelegt (speziell die Außenansicht der Türme fand ich sehr schick)
- Zufallskämpfe in den Dungeons sind von nun an passé, da die Gegner sichtbar sind und so manches Mal umgangen werden können
- die Dungeons strotzen nur so vor abwechslungsreichen Puzzlen und Rätseln, die - in den meisten Fällen - essenziell wichtig für das weitere Voranschreiten sind
- ‚Aktions-Items‘ wie Pfeile, Bomben, Greifhaken und Morgenstern lassen sich nicht nur zur Verlangsamung der Monster einsetzen, sondern spielen auch eine immens große Rolle bei der Lösung der Rätsel
- mittels der ‚Zornleiste‘, die sich durch erhaltenen Schaden füllt, können - je nach angelegter Ausrüstung - aggressive oder defensive Spezialfähigkeiten ausgeführt werden (die sich leider nicht frei erlernen lassen)
- bis zu sieben ‚Kapselmonster‘ können als zusätzliche Partymitglieder angeworben werden, von denen jedoch stets nur ein einziges im Kampf mitmischen darf
Es sind also faktisch eine Menge Punkte gegeben, warum man dieses Spiel theoretisch gut leiden könnte. Und dennoch sprang der Funke bei mir einfach nicht über, was ich in erster Linie auf die 0815-Handlung und die - in meinen Augen - blassen Charaktere zurückführe, zu denen ich absolut keine Bindung aufgebaut habe. Ich hatte im Gegenteil eher das Gefühl eine imaginäre Strichliste abstreichen zu können:
- zickige Freundin -> Check!
- strunzdummer, aber übermenschlich starker Kerl -> Check!
- exzentrisches Genie -> Check!
- plötzliche Liebesbeziehung -> Check!
- Partymitglied opfert sich -> Check!
- die Bösen sind böse, weil die Guten gut sind -> Check!
Ja, das ist in vielen (alten) JRPGs Standard und kaum ein Spiel erfindet das Rad neu. Aber irgendwie kam mir persönlich vieles mit dem Holzhammer präsentiert vor – frei nach dem Motto „Das muss jetzt passieren, damit wir dorthin reisen und das und das machen können, also WIRD das gefälligst auch passieren.“.
Bei der „Wir heiraten und ein Jahr später ist - schwupps - ein Baby da“-Sequenz war ich sogar felsenfest der Überzeugung, dass es sich hierbei um eine Art Fiebertraum der Charaktere handeln würde und habe (ohne Witz) auf den Moment gewartet, an dem man in die Realität zurückspringt. Schlicht und ergreifend, weil mir das zu dem Zeitpunkt zu plötzlich geschah und für mich keinen Sinn ergeben hat. Als ich irgendwann kapiert habe, dass die Entwickler das ernst meinen, dachte ich nur „Nee, oder? Wo kam denn das jetzt her?“. Scheinbar muss ich mitten im Spiel einen Filmriss erlitten haben... (Meine Schwester aber auch!)
Dass die maue Story nicht gerade das Gelbe vom Ei ist, darüber lässt sich selbst der Autor der englischen Lösung, die ich genutzt habe, stellenweise lang und breit aus.
Die deutsche Übersetzung ist im Großen und Ganzen ganz passabel und ich finde es sehr lobenswert, dass man die Namen der Partymitglieder und Sinistrals gelassen hat. (Sonst hätte man ja eventuell statt Guy irgendeinen ‚Typen‘ mitgeschleppt. :hehe:)
Warum allerdings viele Orts- und NPC-Bezeichnungen geändert wurden, will mir dagegen nicht in den Kopf: Bei der Elfe Milka sehe ich es aus möglichen rechtlichen Gründen tatsächlich ein, aber alle anderen? Wieso verdreht man den Phantasie-Namen Kirmo zum (deutschen) Mirko, gibt jedoch den zwei Leuten Hans und Klaus andere Namen (die ich vergessen habe). Die Logik dahinter erschließt sich mir nicht ganz… §haeh'
Auch so manch andere Betitelung ist ziemlich schräg: Die Einblendung ‚Watz‘ für einen Fehlschlag, bei der ich immer noch grübele, was das überhaupt für ein Wort sein soll (‚[davon] wetzen‘ hätte ich ja noch verstanden); die Beschreibung des Zaubers ‚Valor‘ („Weckt die müdesten Kämpfer auf“ → Das ist 'ne verdammte WIEDERBELEBUNG und keine Anti-Schlaf-Magie!) und nicht zu vergessen die Tatsache, dass das ultimative Schwert ‚Dual Blade‘ in ‚Lufiaschwert‘ umgetauft wurde, obwohl der Charakter Lufia nachweislich keine Rolle im Gesamtgeschehen spielt.
Und im Übrigen mutet es ein kliiiiiiiiitzekleines bisschen befremdlich an, wenn dem großen, fiesen, bösen, schurkischen, weltzerstörenden Obermacker Sekunden vor dem finalen Kampf ein „Heiliges Kanonenrohr!“ entschlüpft. :rolleyes:
Und dann war da noch:
- In vielen Dungeons gibt es Stellen, an denen man seine HP und MP auffüllen und speichern kann. Nicht unbedingt immer direkt vor den ortsansässigen Bossen, aber besser als nichts. :)
- Kapselmonster, die im Kampf geflüchtet sind oder gar besiegt wurden, stehen im nächsten Gefecht wieder ohne Einschränkungen zur Verfügung.
- Stichwort Kapselmonster: Trotz Anleitung konnte ich keines von ihnen auf die letzte Stufe bringen, da selbst mit der passenden Frucht irgendwann der Kommentar „Ich bin satt.“ erschien und eine weitere Nahrungsaufnahme verweigert wurde. Egal, ich hab sowieso fast nur den Feuerfritzen und mal das Wasservieh genommen…
- Da ich die ‚Vergnügungsstadt‘ Gruberik erst kurz vorm Spielende gefunden habe und das Spiel zu dem Zeitpunkt nur noch abschließen wollte, habe ich sämtliche Attraktionen wie die Casino-Minispiele, die Ancient Cave und damit einhergehend den Egg Dragon links liegengelassen…
Ich hatte schon lange keine Rezension mehr, zu der ich mich regelrecht zwingen musste - einfach weil ich partout nicht wusste, WAS ich eigentlich schreiben soll.
Lufia II ist ein solcher Fall: Es hat einige frische Ideen ins Genre mitgebracht bzw. bestehende verbessert, aber gleichzeitig ist es besonders in Sachen Handlung derart generisch und… uninteressant, dass ich zwischenzeitlich stark am Überlegen war, ob ich es abbreche.
Bis auf ‚Curse of the Sinistrals‘, den ich mir nicht mehr vornehmen werde, habe ich jetzt also die komplette Lufia-Reihe durchgespielt und ja, ich geb’s zu: Ich bin ein wenig ernüchtert, denn insgesamt betrachtet hatte ich etwas andere Erwartungen daran. Wie so oft gilt zwar auch hier, dass es definitiv schlechtere Spiele gibt, aber ehrlich gesagt trifft das ebenso auf deutlich bessere zu. Von daher: Tschüss, Lufia, war semi-schön mit dir, wir werden uns wahrscheinlich nicht noch mal wiedersehen!
So, damit habe ich alle meine physischen SNES-Spiele durch und die Konsole kann wieder in den Schrank. Sattelt die Hühner, wir brechen auf zu neuen Ufern! \(^o^)/
Kuriosität am Rande:
Maxim wird in seinem Ort als großer Monsterjäger gefeiert, kriegt aber zu Spielbeginn erstmal einen ganzen Batzen Lektionen übergeholfen. Kommentar meiner Schwester (aus seiner Sicht): „Wie hab ich eigentlich bis jetzt überlebt?“.
Reverie --- Machinarium ---- Lord Winklebottom Investigates
Reverie: Sweet as Edition
Laut einer alten Legende fuhren der Gott Heke und seine Brüder eines Tages aufs Meer hinaus, um zu fischen. Keinem von ihnen war Erfolg beschieden und als Heke schließlich die Insel Toromi aus den Tiefen des Ozeans zog, wurden seine Brüder so neidisch, dass sie ihn - in der Absicht ihn zu ertränken - von Bord stießen. Daraufhin verfluchte Heke sie zu ewiger Zwietracht…
Als der kleine Tai seine Sommerferien bei seinen Großeltern auf Toromi verbringt, wird die Legende plötzlich Realität, denn der Geist von Heke droht die Insel durch einen Vulkanausbruch zu zerstören. Doch bevor Hekes Zorn besänftigt werden kann, muss Tai erst einmal dessen Brüder wieder versöhnen…
Reverie ist ein kleines, kurzes Action-Adventure neuseeländischer Herkunft für den PC und verschiedene Konsolen, das sich besonders bei der Erkundung auf der ‚Oberwelt‘ als auch beim Dungeon-Design inklusive Rätsel unverkennbar an diversen früheren Zelda-Titeln orientiert.
Gegner werden anfangs mit dem Kricketschläger niedergestreckt, doch im Laufe des Spiels erhält man weitere Ausrüstungsgegenstände, die für Kämpfe und besonders für die zahlreichen Puzzle benötigt werden. Neben einem Jo-Jo, einer stets Munition verbrauchenden Dartpistole, einer Schaufel und einer Schwimmbrille verdient besonders Stephen eine gesonderte Erwähnung. Letzterer ist ein Stein mit Augen, den man als ‚Haustier‘ mitnimmt, um ihn auf Schalter zu legen, als Laserblockade zu benutzen oder mittels kräftigem Schlag durch die Gegend zu schleudern. Kuriose, aber witzige Idee! :D
Die Schwierigkeit der Rätsel rangiert zwischen sehr leicht und schaffbar, auch wenn wir an einer Stelle doch in eine Lösung schauen mussten, weil wir scheinbar feststeckten. Nur um festzustellen, dass man Stephen sogar aus der Entfernung mittels Dartpistole durch den Raum jagen kann, was in seiner Beschreibung dummerweise nicht erwähnt wird.
Dass man aus einem Dungeon zwischenzeitlich nicht mehr rausgehen kann, wenn man ihn einmal betreten hat, empfinde ich als keine allzu gute Entscheidung. Was, wenn man sich absolut ungeschickt anstellt und seine Heilitems restlos verbraucht? Würde man sich dann im schlimmsten Fall in eine Sackgasse manövrieren? :eek:
Die farbenfrohe, charmante Graphik ist gleichzeitig simpel und aussagekräftig und hat mich quasi sofort – trotz, dass ich es noch nie selbst gespielt habe – an den markanten Stil von Earthbound erinnert.
Musikalisch ist mir leider nichts dauerhaft im Gedächtnis geblieben, obwohl ich durchaus ein, zwei Stunden nach dem Ausschalten der Konsole den ein oder anderen Ohrwurm hatte.
Reverie wartet mit einigen skurrilen und ungewöhnlichen Ideen auf, die sich in Form von Inselbewohnern (ambitionierte Kiwis, sonnenbadende Koalas), Gegnern (eine besessene Waschmaschine), Dungeon-Puzzle (drehbare Räume in der Krypta), Nebenbeschäftigungen (Pong-Spiel gegen eine lebende Mikrowelle) und nicht zu vergessen Stephen manifestieren. Daneben gibt es noch kleinere Aufgaben wie das Sammeln von Federn einheimischer Vögel oder die Suche nach einem Fischer, der dauernd seinen Standort auf der Suche nach dem besten Angelplatz wechselt.
Neu in die vorliegende Erweiterung „Sweet as Edition“ eingefügt wurden u. a. ein Ringmenü zur schnelleren Auswahl der Ausrüstungsgegenstände, Trophäen, die man durch bestimmte Taten ergattern kann, und ein Bonusdungeon, der sich erst nach dem Hauptspiel öffnet und in dem man stur monsterverseuchte Räume ohne Rätsel abarbeiten muss, um noch einen Spezialgegenstand zu erhalten. (Bin in der allerletzten Kammer abgesoffen und hatte danach keinen Bock mehr. -_-')
Und dann war da noch:
- Das ungeduldige ‚Mit-dem-Fuß-tippen‘, wenn man Tai eine Weile tatenlos in der Gegend stehen lässt, ist ein niedliches Detail. :herz:
- Mittendrin hatte ich einen kuriosen Bug (?): Für eine Trophäe muss man in den Einstellungen des Spiels herumfummeln, was bei mir zur Folge hatte, dass sämtliche andere Trophäen, die ich bis dato bekommen hatte, plötzlich verschwanden. (Und die zur Vervollständigung der Karte ploppte von da an quasi in jedem Screen neu auf.) Erst als ich nach dem Abspann wieder Kontrolle über Tai hatte, normalisierte sich das Ganze auf den von mir erspielten Stand.
Wenn man auf der Suche nach einem kurzweiligen Abenteuer im Zelda-Stil ist, macht man meiner Meinung nach mit Reverie nicht wirklich etwas falsch. Es hat seinen ganz eigenen Charme, der sich besonders in der Graphik und dem grundsätzlichen Ambiente niederschlägt, bietet allerdings auch etwas ‚handfestere‘ Unterhaltung durch die Kämpfe und Puzzle. Kann man mal spielen! :A
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Machinarium
Ein kleiner stummer Roboter (der anscheinend offiziell den Namen Josef trägt) findet sich auf einem Schrottplatz außerhalb der Metropole Machinarium wieder. Getrieben von dem Wunsch zu seiner Freundin Berta zurückzukehren, setzt er alles daran die Stadt erneut betreten und durchforsten zu können - was gar nicht so einfach ist, wenn man auf die selbsternannten neuen Herrscher achtgeben muss, die einem immer wieder über den Weg laufen…
Beim preisgekrönten Machinarium aus tschechischem Hause handelt es sich um ein 2D-Point-and-Click-Adventure voller Denkaufgaben, das 2009 erschien und mittlerweile auf PCs, Handys und verschiedenen Konsolen gezockt werden kann.
Das Spiel kommt gänzlich ohne Text und Sprache aus (sieht man einmal von den rudimentären Menüpunkten wie Speichern, Hinweise auf Trophäen etc. ab), weshalb wir prompt davon ausgegangen sind, dass der Blechkumpel namenlos wäre. An manchen Stellen lockern bebilderte Gedankenblasen das Geschehen auf, etwa wenn NPCs Hinweise geben oder Josef sich an gemeinsame Momente mit Berta erinnert.
Machinarium überzeugt mit einer eigenwilligen, aber sehr detailreichen Graphik, die den Anschein erweckt jeder Bildhintergrund wäre handgezeichnet. Manchmal fällt es einem schwer die Gegenstände, mit denen man agieren kann, genau auszumachen, was den Spielspaß jedoch nur selten mindert.
Die Knobeleien lassen sich grob in zwei Kategorien unterscheiden:
Zum einen gilt es herauszufinden, was Josef an welcher Stelle aufsammeln oder einsetzen soll. Dabei muss man des Öfteren mit seiner Größe herumspielen, da er sich zu einem gewissen Grad vergrößern bzw. verkleinern kann, wodurch zuvor unzugängliche Orte und / oder Items erreicht werden können. Kombiniert man die falschen Sachen miteinander, zeigt der kleine Roboter dies durch ein amüsantes Schütteln des metallenden Schädels an.
Zum anderen gibt es in sich abgeschlossene Minispiele, die gelöst werden müssen, um voranzuschreiten. Sei es ein fürchterlich kniffliges „Fünf gewinnt“, ein Space Invaders-Klon, ein Tausch bunter Murmeln auf engstem Raum, ‚Fadenspiele‘, das Blockieren von Wasser in Rohren, das korrekte ‚Einfärben‘ von abzulaufenden Arealen und, und, und…
Der Schwierigkeitsgrad der Rätsel (beider Art) schwankt mitunter stark, was jedoch vermutlich von jedem Spieler individuell anders betrachtet wird - je nachdem, wo die eigenen Stärken oder Schwächen liegen. Meine Schwester und ich waren jedenfalls froh, dass wir zu zweit gespielt haben, weil mal die eine und mal die andere einen Geistesblitz hatte. Es gab allerdings auch hier und da Momente, wo wir beide komplett auf dem Schlauch standen. :D
Für diese Fälle liefert Machinarium eine integrierte Hilfefunktion, die für jeden Bildschirm einzeln durch ein kleines Schieß-Minispielchen freigeschaltet werden muss. Hat man darauf keinen Bock, kann man die benötigte Information auch im beiliegenden Heftchen nachschlagen (zumindest in der Switch-Version).
Machinarium sieht mitunter etwas blass bzw. farblos aus und auch die Handlung lässt sich quasi mit einem Satz zusammenfassen. Das Gesamtergebnis überzeugt dennoch und es ist nicht verwunderlich, dass dies auch durch diverse Auszeichnungen honoriert wurde.
Als Einzelperson hätte ich definitiv länger daran gesessen und vermutlich meinen Geduldsfaden arg strapaziert, aber zu zweit war es eine schöne, die Hirnzellen gerade noch angenehm fordernde, Erfahrung.
Streng genommen bietet das Ende des Spiels Material für einen Nachfolger. Sollte das je der Fall sein und das Ergebnis in etwa so ausfallen wie das vorliegende Original: Immer her damit!
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Lord Winklebottom Investigates
In einer alternativen Realität, in der humanoide Tiere die Erde bevölkern, erhält der Giraffen-Detektiv Lord Winklebottom eine Nachricht von seinem alten Freund Aristotle Gilfrey, der ihn im Zuge einer geheimnisvollen Ankündigung auf sein Insel-Anwesen einlädt. Als Winklebottom zusammen mit seinem Kompagnon, dem Nilpferd Dr. Frumple, dort eintrifft, muss er entsetzt feststellen, dass Gilfrey erst jüngst zu Tode gekommen ist - und das keineswegs auf natürliche Weise!
Da sich gleichzeitig eine illustre Gesellschaft unterschiedlichster Couleur auf der Insel aufhält - darunter die Tochter des Verstorbenen nebst Verlobten, ein Medium, eine alternde Diva, ein Geistlicher, ein Anwalt sowie die Bediensteten - hat seine Lordschaft alle Hufe voll zu tun, den Mörder zu entlarven…
Lord Winklebottom Investigates ist (ebenfalls) ein 2D-Point-and-Click-Adventure, das mit einem klassischen „Wer war’s?“-Kriminalfall im 20er Jahre-Setting aufwartet und passenderweise dazu aus Großbritannien stammt.
Wie bereits erwähnt, handelt es sich bei allen Figuren um vermenschlichte Tiere, die nicht nur Kleidung (und scheinbar festgeklebte Accessoires wie Teetassen ;)) tragen, sondern auch in ungewöhnlichen verwandtschaftlichen und / oder amourösen Beziehungen zueinander stehen sowie in aufeinander abgestimmten Größenverhältnissen leben.
Sieht man darüber jedoch mit einem oder zwei Augenzwinkern hinweg, kommt man in den Genuss einer spannenden und gleichzeitig (schwarz)humorigen, um nicht zu sagen makabren Geschichte. (Stichwort ‚Gärtner‘.)
Verantwortlich dafür zeigen sich in erster Linie die herrlichen englischen Dialekte, die den Charakteren ihren ganz eigenen akustischen Stempel aufdrücken und ihnen so Tiefe verleihen. (Auch wenn Winklebottom selbst ein fürchterlicher Schnellsprecher ist, der mit seinen hastigen Sätzen gerne mal die Atmosphäre ruiniert...)
Zusätzlich dazu nimmt sich das Spiel des Öfteren selbst auf die Schippe, was sich besonders in den häufigen sarkastischen Äußerungen des guten Doktors niederschlägt: Etwa wenn er anmerkt, dass ein mit Paketklebeband zusammengeflickter Taucherhelm BESTENS für ein Unterwasser-Abenteuer geeignet wäre oder wenn Winklebottom aus Pietätsgründen die Münzsammlung des Verstorbenen nicht an sich nehmen möchte, woraufhin Frumple trocken erklärt, dass es ja nicht so wäre, als hätte er nicht schon den ganzen Tag lang alles Mögliche eingesteckt. :hehe:
An einer Stelle wird treffsicher ein typisches Dilemma ähnlicher Spiele karikiert, nämlich die Tatsache, dass ein Gegenstand, den man durchaus noch einmal hätte gebrauchen können (beispielsweise ein Messer) automatisch vom Spiel entsorgt wird und man sich später (umständlich) erneut auf die Suche nach einem vergleichbaren Objekt begeben muss. Dies wird - sinngemäß - von Winklebottom mit einem frustrierten „Wir hätten was Passendes gehabt, aber das musste ja leider bei der Überfahrt über Bord gehen.“ kommentiert. :D
Negativ aufgefallen ist uns dummerweise die fummelige Steuerung mit dem ständig hin- und herspringenden Mauszeiger, der ein zielsicheres Anvisieren von Gesprächsoptionen oder Gegenständen nicht selten zum Glücksspiel werden lässt. Auf die Spitze getrieben wird dies in der „Delirium“-Phase kurz vor Schluss, wo das Treffen der richtigen Flasche durchaus seine Zeit braucht...
Lord Winklebottom Investigates überzeugt mit skurrilen Charakteren, kniffligen Knobelpassagen und einem stilechten Krimi-Ambiente, in dem quasi jeder der Anwesenden sich irgendwie verdächtig verhält.
Das Ganze präsentiert sich als abgeschlossener Fall, lässt jedoch mit dem deutlichen Cliffhanger viel Raum für einen zweiten Teil. Wir wären definitiv nicht abgeneigt!
Das Geheimnis von Brownsea Island
Die deutsche Pfadfinderin Rebecca erhält überraschend eine Einladung zu einem Pfadfinderwettkampf auf Brownsea Island, bei dem sie sich beweisen soll. Zusammen mit ihrem Kameraden BiPi, der ein glühender Verehrer des Pfadfindergründers Baden-Powell ist, begibt sie sich auf die Reise nach Großbritannien, verschwindet jedoch kurz nach ihrer Ankunft spurlos. In seiner Not kontaktiert BiPi Rebeccas besten Freund Wölfi, der sich prompt auf den Weg macht und kurz darauf auf Brownsea Island eintrifft.
Bei seiner Suche nach Rebecca stolpert er nicht nur ein ums andere Mal über Gerüchte über ein Wolfsmonster namens Impeesa, das angeblich auf der Insel sein Unwesen treiben soll, sondern auch des Öfteren über vier geheimnisvolle Kuttenträger, die ein großes Geheimnis hüten, das es vor neugierigen Augen und Ohren zu verbergen gilt…
Das Geheimnis von Brownsea Island ist ein mit dem Maker erstelltes Adventure, das eine Pfadfindergruppe aus Rhede quasi als Nachfolger eines kurzen Spiels gegen die Langeweile des Corona-Lockdowns ersonnen hat. Es erzählt eine packende Geschichte über Freundschaft, Vertrauen und Pflichtgefühl - garniert mit wissenswerten Informationen und Fakten über die Entstehung der Pfadfinderei. Denn anders als von mir zu Beginn gedacht, beruht vieles, das bei Wölfis Suche zur Sprache kommt, auf realen Tatsachen: Baden-Powell, Brownsea Island, Mary Bonham-Christie, der Heilige Georg... bis hin zum Peter Pan-Verweis in Baden-Powells Abschiedsbrief.
Ich selbst stürzte mich als absoluter Laie und völlig unbeleckt ins Abenteuer, denn meine eigenen Pfadfinder-Erfahrungen beschränken sich samt und sonders auf die Erlebnisse eines gewissen Fähnlein Kieselgreif … äh … Fieselschweif. :D
Und um eine Sache vorwegzunehmen: Man bekommt als Spieler eine Menge geboten!
Dafür, dass die Entwickler laut eigener Aussage „mit der RPG-Maker-Szene […] eigentlich nichts zu tun“ haben, steckt wahnsinnig viel Ideenreichtum, Erzählkunst, Detailfreude, Sorgfalt und (Pixel-)Können in DGvBI. Seien es die selbst gezeichneten Porträts, die mit Symbolen wie Smileys geschmückten Sprechblasen, die vielfältigen (teils optionalen) Nebenaufgaben, die lebendigen Charaktere, die extra eingesprochenen Szenen, die stimmige Musik, die Spielzeit anzeigenden Standuhren oder schlicht die Tatsache, dass es zwei Enden gibt – hier haben sich fähige Köpfe echt Gedanken gemacht!
Anfangs war ich ein wenig davon irritiert, dass - abgesehen von einem einzigen NPC, der Wölfi für den Impeesa hält und dementsprechend panisch auf ihn reagiert - sich scheinbar niemand darum schert, dass Wölfi ein sprechender Wolf ist. Der darüberhinaus auf entsprechenden Möbeln sitzen, Fotos und ein Handy halten, Schlüssel und Computertastaturen benutzen, Türen öffnen sowie Tee und Kaffee trinken kann. :wat:
Im Laufe des Spielens hab ich mich recht flott daran gewöhnt, aber seien wir mal ehrlich… logisch ist das nicht gerade, oder? Vor allen Dingen da DGvBI ansonsten sehr fest in der Realität verankert ist und auf diverse irrationale Spielereien weitgehend verzichtet. (Minus das ‚Heiliger Georg‘-Minispiel und der ein oder anderen Geistererscheinung im Schloss. Und natürlich… na ihr wisst schon. *Spoileralarm!*)
Mir persönlich haben nicht alle Porträts gleich gut gefallen und ich würde mal behaupten, dass man ziemlich genau erkennen kann, dass mindestens zwei verschiedene Pixler am Werkeln waren. Dies ist jedoch nur bedingt als Kritik gedacht, denn die Mühe und Arbeit, die dahintersteckt, kann man nicht oft genug loben. (Und als völlig Unbegabte auf diesem Gebiet steht es mir auch nicht wirklich zu, über die unterschiedlichen Stile zu meckern. ;p)
Bei der Synchro ging es mir ähnlich: Grundsätzlich fand ich das Ergebnis für eine ‚Laienleistung‘ beachtlich, doch während ich einige Stimmen total mochte, wurde ich mit anderen leider nicht so richtig warm.
Meine Highlights waren Wölfi, der als vielsprechender Hauptcharakter angenehm oft den passenden Ton traf (nur beim Vorlesen von längeren (Buch-)Passagen hätte ich manche Sätze anders betont), und die beiden älteren Herrschaften Phillip und Arthur.
Nicht so gelungen (in meinen Ohren) waren BiPi, Adel, Maude und ganz besonders die Reporterin. Ach, und dem ständig „Abenteuer! Abenteuer!“ schreienden Papagei hätte ich irgendwann gerne den Hals umgedreht, aber ich glaube, die Reaktion war beabsichtigt. ;)
Abseits des Weges kann man sich auf vielerlei Art und Weise die Zeit vertreiben: zwecks Geldbeschaffung Pilze sammeln, um sich ein Ferienhaus nebst gewissen Extras leisten zu können oder Baumpate zu werden; Artefakte für Phillip finden; 40 versteckte Truhen aufspüren (ich hab seltsamerweise 47 entdeckt $conf); mit einem Boot um die Insel schippern; ein Pfadfindertraining absolvieren; als Heiliger Georg Gespenster verkloppen; weggewehte Notenblätter einsammeln sowie ganz nebenbei eine Handvoll Achievements ergattern.
Kleine Annehmlichkeiten hier und da runden das stimmige Spielerlebnis perfekt ab: So kann man die bereits entdeckten Ortstafeln nutzen, um sich zu ihresgleichen zu teleportieren, ein Notizbuch erfasst nicht nur die Haupt-, sondern ebenso die zu erledigenden Nebenaufgaben und auch das Speichern ist auf verschiedenen Wegen möglich (u. a. durch das Futtern von Keksen, was ich kaum genutzt habe).
Die im Spiel eingestreuten Rätsel sind nicht immer ganz leicht, können jedoch meiner Meinung nach gut gelöst werden. Ich war ein, zwei Mal kurz davor nachzuschauen, aber ich hab’s nicht gemacht und alles selbst geknackt, obwohl es manchmal eine ganze Weile gedauert hat. :)
Die im Folgenden genannten Dinge sind mir beim Daddeln aufgefallen und sind bitte eher als Verbesserungsvorschläge, denn als harsche Kritik zu verstehen.
Logik- und Positionsfehler:
- Rebecca, BiPi und Wölfi müssen unglaublich gut englisch sprechen können, da keinerlei Verständigungsprobleme angedeutet werden. ;)
- Manche Leute befinden sich zu bestimmten Zeitpunkten an mehreren Orten gleichzeitig: Willi und Martha (sowohl im Sumpf als auch an ihren ‚richtigen‘ Orten), die beiden Wanderinnen (verirrt am Schild südlich des Naturschutzgebietes als auch am Hafen), Ben (am Grab bei der Kirche und im Naturschutzgebiet).
- Bei der Kuttenversammlung im Rittersaal haut der ‚Wolf‘ mit links auf den Tisch. In der Nahansicht liegt seine geballte Rechte auf der Tischplatte. Außerdem steht Wölfi plötzlich hinter ihm und dem ‚Brachvogel‘, statt schräg rechts oben, von wo aus man sich angeschlichen hat.
- Wenn Wölfi im Schloss fast in die drei Kutten rein rennt, steht er eigentlich direkt in der Blickrichtung des ‚Raben‘.
- Ähnlich verhält es sich, wenn er die Telefonierende im Schloss zum Feuermelder lockt und diese sich umdreht.
- Auch der Wanderer, der den Ausblick über das Naturschutzgebiet genießt, müsste eigentlich auf Wölfi aufmerksam werden, wenn er sich heimlich dort aufhält.
- Im Finale taucht Wölfi hinter dem menschlichen ‚Wolf‘ auf, aber in der Szene stehen sie sich gegenüber.
Andere Bugs:
- Ich bin einmal mit Wölfi in einem der Screens über dem Camp im Gebüsch hängengeblieben und konnte nichts mehr machen. Er selbst ließ sich nicht bewegen und das Menü oder andere Tasten reagierten ebenfalls nicht. Die Szenerie war aber nicht komplett eingefroren, da die Animation eines herumfliegenden Vogels tadellos funktionierte.
- Wenn man im ‚Heiliger Georg‘-Minispiel beim Boss durch den Feuerball stirbt und gleich darauf einen zweiten Versuch unternimmt, dann saust der ‚erste‘ Feuerball noch herum, sobald man beim Endgegner angelangt ist.
- Gibt man Lizzie den Leuchtpilz, verschwindet ihre Textbox und der Text erscheint plötzlich neben statt unter ihrem Porträt. Zudem spult sie auf einmal wieder ihre Pilz-Informationen ab.
Rechtschreib- und Grammatikfehler:
- singende Pfadfinder: „…Seite gerissen…“ -> Saite
- Karte im Geheimgang der Kirche: „Folge dem Pfad den Heiligen Georg!“ -> des Heiligen Georgs
- Rückblende im Waldlabyrinth: „Also so sehr wollte ich ich eigentlich…“ -> ein ‚ich‘ zuviel
- wenn die ‚Elfen‘ im Camp abbauen: „…um den Häring im Boden zu lockern.“ -> Hering
- Schuppen im Camp: „…vierter Platz beim Häringsklopper!“ -> Heringsklopper
- Camp-Laden (nach Fund im Schuppen): „…da sind die heimliches Mitwisser…“ -> heimlichen
- Wildlife Center, Buch „Unstuck in Time“: „…stellt Vermutungen […] ein…“ -> statt ein auf oder an
- Manuskript ‚4. Regel‘: „…was irgendjemand schaden…“ -> irgendjemanden
- Manuskript ‚Rittertum‘: „… sollen […] Ihre Fähigkeiten…“ -> ihre
- diverse Kommafehler, die ich nicht alle notiert habe xP
Und dann war da noch:
- Das Kartenspiel in eurem Thread enthält, wenn man genau hinschaut, nicht nur einen, sondern gleich zwei Spoiler! (Ich sag nur Kutten!) Blöderweise hab ich das Bild zu früh angeguckt und auch wenn ich es irgendwie geahnt habe, habe ich mich dadurch um einen kleinen Twist gebracht. X\
- Die Telefonszene mit Splitscreen am Anfang fand ich richtig cool!
- Beim Rumstöbern auf der Insel ist es mir ein paar Mal passiert, dass ich in einen anderen Bildschirm gewechselt bin, aber nicht mehr zurückkehren konnte, weil Wölfi mich durch Kommentare wie „BiPi wartet auf mich.“ davon abgehalten hat.
- Durch manche NPCs und Tiere läuft Wölfi einfach durch.
- Die Musik bei der Bootsfahrt mochte ich total!
- Ich finde es schön, dass man beim besseren Ende noch einmal einen ganzen Schwung der (mehr oder weniger) wichtigeren NPCs sieht.
- Wenn man im Ferienhaus die Flagge betrachtet, sagt Wölfi irgendwas in Richtung „Die hab ich im Laden gekauft.“. Mein Exemplar hab ich in einer Kiste gefunden. ;p
Das Geheimnis von Brownsea Island hat bei mir eingeschlagen wie die sprichwörtliche Bombe und mir mehr Spaß bereitet als so manch professioneller Titel. Eine spannende Handlung, sympathische Charaktere, eine Insel voller kleinerer und größerer Entdeckungen - in meinen Augen stimmt (abgesehen von einigen geringeren Diskrepanzen) bei diesem Spiel so gut wie alles und ich finde es höchst erstaunlich, dass die Ersteller quasi von sich behaupten, sie wären Laien. Bei der Menge an Herzblut, die unübersehbar in dieses Projekt geflossen ist, mag man sich das kaum vorstellen!
Wer ein bodenständiges Makerspiel abseits bekannter Fantasyklischees ausprobieren möchte, sollte Wölfi und seiner Suche unbedingt eine Chance geben. Er hat’s verdient! :A:herz:
Fun Fact:
Ich hab eine ganze Weile gebraucht, bis ich gerafft habe, dass die Betitelung „BiPi“ von den englisch ausgesprochenen Buchstaben B und P und somit dem Namen Baden-Powell herrührt. Und ich denk am Anfang noch: „Was ist das denn für ’n schräger Name?“ :hehe:
Meine ganz persönliche Anekdote:
Während ich beim abendlichen Spielen noch davon ausging, dass sämtliche Informationen rein fiktionaler Natur wären, forschte ich auf der Arbeit nach möglichen Karteileichen, die längst aus unserem Bibliotheksbestand verschwunden, aber noch im System aufgeführt sind. Und was seh ich da im Regal stehen? Ein Buch über die Pfadfinderei, das mir offenbarte, dass es tatsächlich einen Baden-Powell gegeben hat! Manchmal schreibt das Leben echt die dollsten Zufälle! :eek: