Huhu^^
Ich habe mich ganz spontan dazu entschlossen, mal eine Kurzgeschichte von mir zu posten. Mal sehen, wie es euch gefällt. :D (überarbeitet)
Der Sinn meines Lebens
1. Kapitel: Yuki
„Herr Orei, Ich muss mit Ihnen reden.“
Ich sah von dem Formular auf, das ich bearbeitete. Eine meiner Schülerinnen, ihr Name war Yuki, hatte sich vor mir aufgebaut. Entschlossen funkelten ihre bernsteinfarbenen Augen mich an.
Langsam legte ich meinen Stift zur Seite, lehnte mich zurück und verschränkte die Arme. „Der Unterricht ist längst vorbei, Fräulein Kobaya.“
„Ich weiß.“ Sie strich in einer unwillkürlichen Geste ihre hellbraunen Locken zurück. „Aber es ist wirklich dringend.“
Ich nickte zögerlich. Eigentlich hatte ich genug Arbeit, aber wenn ein Schüler oder eine Schülerin Probleme hatte, empfand ich es als ihr Lehrer als meine Pflicht, ihnen zu helfen. Allerdings ahnte ich schon, was kommen würde.
„Herr Orei, ich habe mich in Sie verliebt!“ Yuki sah mich ernst an und ich seufzte.
„Fängst du schon wieder damit an? Du solltest dich lieber beeilen, du verpasst gleich deinen Bus.“
Sie verzog das Gesicht und warf einen Blick auf ihre Armbanduhr. „Waaah, stimmt! Ich muss weg, entschuldigen Sie, Herr Lehrer.“ Yuki senkte kurz den Kopf und verließ fluchtartig das Klassenzimmer.
Ich sah ihr nachdenklich hinterher.
Letztes Jahr erst war ich neu an diese Schule gekommen und ihrer Klasse als Klassenleiter zugeteilt worden. Es hatte nicht lange gedauert, bis sie das erste Mal nach dem Unterricht zu mir gekommen war und mir ihre Liebe gestanden hatte. Aber während ich damals noch schockiert darüber war, wusste ich mittlerweile, dass Yuki es nicht ernst meinte. Sie trieb mit mir lediglich ihre Scherze. Hin und wieder spielte ich noch mit, aber mit der Zeit wurde es lästig.
Ich räumte meine Unterlagen und Stifte zusammen und verstaute sie in meiner Tasche. Es wurde Zeit, dass ich nach Hause zu meiner Frau kam. Miara würde sicherlich schon auf mich warten. Ich nahm meine Tasche und ging aus dem Raum, natürlich nicht ohne die Tür hinter mir abzuschließen.
Draußen vor dem großen Hauptgebäude der Schule war es ziemlich windig. Ich merkte, wie mir meine blonden Haare um den Kopf geweht wurden. Ich musste sie mir unbedingt wieder abschneiden lassen, auch wenn Miara das nicht mochte. Ich wusste wirklich nicht, was sie an Männern mit etwas längeren Haaren fand.
Ich kramte gerade meinen Autoschlüssel aus der Hosentasche, als ich auf einem Absperrgitter Yuki mit dem Rücken zu mir sitzen sah. Sonst war niemand mehr auf dem großen Platz vor der Schule, sie musste also doch ihren Bus verpasst haben.
„Das kommt davon.“
Sie fuhr zusammen, als ich plötzlich hinter ihr stand. Langsam drehte sie sich zu mir um, aber ohne von dem Gitter herunter zu springen. Wahrscheinlich genoss sie es einfach, dass ich zu ihr aufsehen musste.
„Das war eben Pech. Aber ich konnte Sie doch nicht im Unklaren über meine wahren Gefühle lassen.“ Sie grinste mich kläglich an, und ich musste lachen.
„Als ob du mir nicht oft genug deine Liebe gestanden hättest.“
„Sie müssten mir nur einmal eine Antwort geben“, erwiderte Yuki trotzig.
Ich seufzte ein weiteres Mal. „Komm da runter, Yuki. Ich bringe dich nach Hause.“
„Sie sind gemein!“, warf sie mir an den Kopf, während sie schwungvoll hinunter sprang. „Warum geben Sie mir keine Antwort?“
„Ich stehe nicht so auf Lehrer-Schüler-Beziehungen. Und ich bin verheiratet.“ Ich wedelte mit der rechten Hand vor ihrer Nase, damit sie meinen Ehering sehen konnte. „Und das ganz nebenbei bemerkt glücklich. Genügt dir das als Antwort? Also komm, oder willst du hier bleiben? Es soll heute Abend noch Regen geben.“
Yuki warf mir einen beleidigten Blick zu, folgte mir aber in Richtung Lehrerparkplatz. „Was wollen Sie denn alles mit mir anstellen, wenn wir im Auto sind?“, fragte sie mich neckend, während sie neben mir herging.
„Dich nach Hause bringen“, erwiderte ich trocken.
„Ach, kommen Sie schon! Der Versuchung kann doch niemand widerstehen, oder?“ Yuki sah mich böse an.
„Ich kann der Versuchung nicht widerstehen, dich endlich loszuwerden, Plappermaul.“ Wir waren bei dem von grünen Hecken umrahmten Parkplatz angekommen und ich schloss mein Auto auf, während sie ihr Spiegelbild in der polierten Außenseite betrachtete.
Die Augen verdrehend verräumte ich meine Tasche im Kofferraum. Typisch Teenager. Was sollte ich bitteschön mit so jemandem anfangen?
„Ihr Auto ist wunderschön. So Tiefgrün, dass man sich darin verlieren könnte.“ Yuki strahlte mich über das Dach meines Fahrzeuges an und ich sah verwundert zurück.
„Du hast nicht dein Spiegelbild nach irgendwelchen Makeln deiner ach so samtweichen Haut untersucht?“, fragte ich sie skeptisch.
„Für wen halten Sie mich?“, gab sie empört zurück und musste das Gespräch kurz unterbrechen, um ins Wageninnere neben mich zu steigen. „Ich bin doch nicht eine von diesen Möchtegernschönheiten.“
Die ganze Autofahrt lang musste ich mir ähnliches Geplapper anhören. Die herrlich grüne Sommerlandschaft rauschte an uns vorbei, doch ich hatte keine Zeit, die Umgebung zu bewundern. So gut es mir möglich war ignorierte ich sie und ihre aufdringlichen Reden, doch es dauerte fast zwanzig Minuten, ehe wir bei ihr zuhause ankamen. Verständlicherweise war ich furchtbar glücklich darüber, als ich sie endlich an der Tür ihres kleinen Hauses aussteigen lassen konnte.
„Also dann, bis morgen.“ Yuki lächelte mich an. „Auf Wiedersehen, Herr Orei.“
„Bis bald, Yuki.“
Sie winkte mir lächelnd zu, bis ich aus ihrem Sichtfeld verschwunden war.
Ein seltsames Mädchen. In ihrem Alter verliebte man sich doch in Gleichaltrige und nicht in Männer, die beinahe doppelt so alt waren wie sie. Biologisch gesehen könnte ich sogar ihr Vater sein!
Ich schüttelte rasch den Kopf, um das Hirngespinst zu vertreiben. Wohin führten mich meine Gedanken nur wieder? Sie konnte gar nicht in mich verliebt sein, das war nur eine alberne Schwärmerei. Man hörte von vielen jungen Mädchen, die sich rein schon wegen der Unnahbarkeit in Lehrer oder dergleichen verliebten. Oder es sich einbildeten. Die es anziehend fanden, dass aus der Beziehung nie mehr als ein Anhimmeln aus weiter Ferne werden konnte.
Ich verstand so etwas überhaupt nicht, musste es aber wohl oder übel akzeptieren. Ich hegte die Hoffnung, dass es bald wieder vorbei war.
***
Miara saß auf ihrem kleinen Sessel im Wohnzimmer, als ich nach Hause kam. Ihr Finger hörte auf, über die Seiten des Buches zu gleiten, das auf ihrem Schoß lag.
„Haru?“
„Hallo, Schatz.“ Ich trat zu ihr und küsste sie flüchtig. Ihre verschleierten Augen sahen durch mich hindurch, aber daran hatte ich mich längst gewöhnt.
Seit einem schweren Unfall vor vier Jahren konnte meine Liebste nichts mehr sehen. Ich kniete mich vor sie und hielt ihre Hand. Es war ein schwerer Schock für uns alle gewesen, für sie, mich und ihre ganze Familie. Seither hatte sie sich sehr verändert, aber ich liebte sie nach wie vor über alles.
Miara war auf mich angewiesen und ich wusste das. Ich würde sie niemals im Stich lassen.
„Wie geht es dir?“, fragte ich mit so viel guter Laune in der Stimme, wie ich angesichts des stressigen Tages aufbringen konnte.
„Gut.“ Sie lächelte, aber nicht zu mir, sondern irgendwohin in die Ferne. Ja, theoretisch war ich daran gewöhnt. Aber praktisch stach es in meinem Herzen noch immer, wenn ihre einstmals so wunderschön strahlenden blauen Augen an mir vorbei sahen. „Wie war dein Tag? Du musstest hoffentlich nicht zuviel arbeiten?“
„Nein, keine Sorge.“ Ich erhob mich, um in die Küche zu gehen und das Abendessen zu machen. Tagsüber kümmerte sich eine Pflegerin um Miara, aber wenn ich daheim war, übernahm ich diese Arbeit. Ich wusste, dass meine Liebste sich deswegen sehr schlecht fühlte, aber ich mochte es sehr gerne, mich um sie zu kümmern. Ich führte sie herum und beschrieb ihr Landschaften und Farben, einfache Gegenstände und alltägliche Dinge, nichts besonderes eigentlich. Aber ich wusste, dass Miara sehr unter dem Verlust ihres Augenlichts litt und sich insgeheim darüber freute, wenn man es zumindest ein wenig leichter für sie machte.
Während das Gemüse in der Pfanne schmorte, wanderten meine Gedanken zum Verlauf des heutigen Tages ab. Besser gesagt zu Yuki. Ich verstand sie nicht, aber als meine Schülerin mochte ich sie sehr gerne.
Ich seufzte. Dennoch hoffte ich, dass es nur eine schwierige Phase war und es sich bald wieder legen würde.