Bevor ich anfange möchte ich zunächst einmal darauf hinweisen, dass ich Hochbegabung nicht als durchweg positiv einschätze, sondern dass sie sehr viele negative Seiten besitzt, wodurch sich einige sicherlich wünschen würden, sie besäßen weniger analytisch/logische Fähigkeiten. Damit will ich auch gleichzeitig zum Ausdruck bringen, dass dieser Thread nicht dazu dienen soll, dass jeder sagt, wie intelligent er wäre o.Ä., das soll nicht Zweck dieses Threads sein - er soll vielmehr als eine Art Plattform (falls es denn genug Interessierte gibt ^^) angesehen werden, auf welcher man sich über persönliche Probleme unterhalten kann, dessen Ursache in eben dieser Hochbegabung liegen könnte. Außerdem möchte ich nicht, dass dieser Thread ins Schüler & Studenten-Forum geschickt wird, denn hier soll es nicht um die Schule gehen und was sie alles besser machen könnte im Bezug auf's Thema Hochbegabung, sondern um Selbsthilfe.
Zunächst einmal möchte ich damit anfangen, ein bisschen über mich und meine Schulzeit zu erzählen: die Zeit am Boden, den Besuch beim Schulpsychologen, den Wechsel vom Gymnasium auf die Gesamtschule zur 9. Klasse und die Zeit danach bis jetzt - habe morgen mit der mündlichen Abiturprüfung in Deutsch die wahrscheinlich letzte schulische Leistung, die ich erbringen muss, und meine Schulzeit ist damit auch zu Ende.
An meine Grundschulzeit habe ich wenig Erinnerungen, wobei mir vor allem die negativen Ereignisse im Gedächtnis geblieben sind. In der Kindergartenzeit brachte ich Erzieherinnen und andere Kinder mit meinen Wutanfällen zur Verzweiflung, meine Eltern ebenso und diese Wutanfälle hatte ich auch in der Grundschulzeit teilweise noch. Lesen und schreiben lernen konnte ich, soweit ich mich erinnere, genauso schnell wie meine Mitschüler, mit dem Rechnen hatte ich auch keine Probleme, allerdings wurde ich in der 3. Klasse aus einem mir nicht mehr bekannten Grund auf Hauptschulniveau eingeschätzt, was sich jedoch in der 4. Klasse in eine Empfehlung fürs Gymnasium wandelte - Freunde hatte ich in dieser Zeit kaum, bzw. habe ich mich mit manchen zeitweise verstanden, doch sogut wie alles ging in die Brüche.
In der 5. Klasse kam ich dann auf ein Gymnasium, wo ich anfangs mit meinen Klassenkameraden gut auskam, mein Zeugnis war zur Überraschung meiner Schulkameraden relativ gut, hielten aber die Benotung mit der Begründung "du sagst doch nie was im Unterricht" für falsch. In der 5. oder 6. Klasse hatten wir Musikunterricht, und ich habe noch genaue Vorstellungen davon, wie meine Musiklehrerin mich vor der Klasse fragte, warum ich nie was sagen würde, warum ich so blass sei, dass sie mit meinen Eltern reden wollte, etc.. Die im Unterricht gestellten Fragen kamen mir so banal vor, dass ich mir damals dachte, dass die Antworten doch nicht so einfach sein könnten, weshalb ich nichts gesagt habe, während ich nach der Beantwortung der Frage seitens der Mitschüler immer sauer auf die Mitschüler und Lehrer mit ihrer geringen Meinung von mir war. Dies äußerte sich darauffolgend, indem ich mich mehr und mehr von Mitschülern distanzierte und arrogant wurde, gleichzeitig soziopathische und (ich glaube man nennt es so) agoraphobe Ansätze hatte. Wegen meiner immernoch stark vorhandenen emotionalen Unausgeglichenheit kam es darauffolgend zu für mich und mein Umfeld unangenehmen Begebenheiten, die mich so fühlen ließen, als wäre jede mögliche Problembehebung meiner Lage zum scheitern verurteilt. Ich sprach immer weniger in der Schule mit meinen Mitschülern, zu Hause haben mich die Hausaufgaben zum verzweifeln gebracht und irgendwann war der Punkt erreicht, an welchem ich nur noch dachte, dass mir niemand die 8 Stunden nächtlichen Schlaf nehmen kann. Dieser Tiefgang hielt so ziemlich die gesamte 7. Klasse an und brachte als Ergebnis die zwei schlechtesten Zeugnisse, die ich in meiner Schullaufbahn erhalten habe. Mein damaliger Biologie- und Chemielehrer hat mir zwei 5en reingehauen und beim Gespräch mit meinen Eltern gemeint, ich würde auf eine Realschule gehören, und ihnen wortwörtlich gesagt, ich sei dumm (darauffolgend hielt mein Vater meckernd und in einem scharfen Ton einen Monolog und meine Eltern haben nie mehr mit dem Lehrer gesprochen).
In der 8. Klasse war es dann soweit, dass ich eine Schulstunde lang Thema der Klasse war und gedacht wurde, von Schülern und dem Klassenlehrer, ich hätte eine psychische Störung. Beim nachfolgenden Elternsprechtag hat mein Klassenlehrer dann in einem Einzelgespräch mit meinem Vater ihm empfohlen, mit mir mal zum Psychologen zu gehen, was mein Vater mir auch sofort sagte (obwohl ich meinen Vater nicht so sehr mag, es gibt Dinge, die ich an ihm besonders schätze). Während der Schulzeit war es dann öfters so, dass ich früher gehen konnte und wir zum Psychologen gingen, bei welchem wir zu viert (meine Eltern, der Psychologe und ich) miteinander gesprochen haben. Ich hielt seine Fragen teilweise für dämlich und wusste nicht, was er von mir wollte, habe dann auch relativ dämlich geantwortet. Beim zweitletzten Treffen sollte ich dann einen umfangreichen IQ-Test machen, wozu dann beim letzten Treffen seine Auswertung kam: ich sei hochbegabt (die Zahl hat er übrigens nicht genannt). An meiner misslichen Lage änderte das leider wenig, ich ging nicht mehr zum Psychologen und wie vorher auch zur Schule, hatte so ziemlich dieselben Probleme (wobei Mitschüler ein wenig besser mit mir klarkamen und ich mit ihnen auch, doch war ich von div. Mobbingaktionen geprägt und hielt mich auf Distanz) - Als ich ganz knapp die 8. Klasse wie ein Wunder geschafft habe, wechselte ich zur Gesamtschule. Hier wurde die Situation nicht wirklich besser, aber dank eines Klassenlehrers, der so oder so die Anzahl der auf dem Zeugnis stehenden Fehlstunden auf ein Minimum reduzierte, habe ich ziemlich viele Stunden blaugemacht, nachdem ich es kaum mehr mit meinen Mitschülern ausgehalten habe. Fast alle meine Mitschüler beendeten ihre Schulzeit mit oder ohne Hauptschulabschluss (es war die schlechteste Klasse der Stufe). Ich konnte in der 9. und 10. Klasse zumindest trotz fast 50% Fehlstunden und ohne zu lernen Zeugnisse um einen 2,0er Schnitt erreichen, ging deshalb in die 11. Stufe um mein Abitur zu machen, wo mir zum 4. Mal in der Schulzeit fast nur unbekannte Gesichter gegenüberstanden.
Die 11. Klasse war OK, Zeugnis im knapp überdurchschnittlichen Bereich, mündlich war ich immernoch einer der schlechtesten der Stufe, was ich aber durch schriftliche Leistungen ausgleichen konnte - die Lehrer meinten, ich könne viel mehr erreichen, wäre ich nicht so faul. Konnte auch mit ein paar Leuten Freundschaften schließen, die jedoch durch unglückliche Zufälle, bzw. Missverständnisse und durch meine noch immer vorhandene emotionale Unausgeglichenheit auch in die Brüche gingen, mich am Anfang der 12 zurückwarfen in alte Zeiten (es wurden u.a. Unwahrheiten über mich verbreitet und ich wurde von den ehemaligen Freunden ziemlich negativ dargestellt, während ich nicht versucht habe, sie schlechtzumachen) und wodurch ich wieder mit dem Blaumachen anfing, was jedoch mehr als in der 9. und 10. Klasse ausmachte und meine Noten wieder zu Boden fallen lies. In der 13. Klasse hatte ich so ziemlich dieselben Lehrer, die teilweise heute noch immer ein schlechtes Bild von mir haben, obwohl ich in dieser Zeit wieder regelmäßig zur Schule ging bis zum Ende der 13. Klasse. Ende der 12. Klasse begann ich auch mit Drogen zu tun zu haben, was ich heute immernoch habe, doch glücklicherweise habe ich es nie längerfristig oder intensiv betrieben und heute tu ich es fast gar nicht mehr - hängen geblieben bin ich nur an der Zigarette.
Die meisten Schüler hatten von mir weiterhin ein negativ geprägtes Bild. Ich hatte aber um diese Zeit gelernt, meine Emotionen auch dann zurückzuhalten, wenn ich sehe, wie falsch mein Gegenüber liegt - doch das merkten die meisten scheinbar nicht, da ich nach wie vor ziemlich ungesprächig war. Die Schulzeit habe ich zu diesem Zeitpunkt als bittere Notwendigkeit angesehen, Klausurvorbereitungen und lernen war trivial und einfach; über andere, nicht-schulische triviale Themen habe ich mich auch nur ungern unterhalten - da blieben fast nur noch meine persönlichen Interessen als Gesprächsstoff für mich übrig, doch es gab kaum Interessensüberschneidungen mit Mitschülern, sodass ich schüchtern wirkte, obwohl ich gelernt hatte, es nicht mehr zu sein.
Heute sehe ich es glücklicherweise nicht mehr als wichtig an, was meine noch-Mitschüler von mir denken. Es sind einfach Dinge passiert, die nicht hätten passieren sollen, die vielleicht unausweichlich waren, vielleicht nicht. Meine Weste ist befleckt, mein Wissen über mich selbst und andere aber mit der Zeit enorm gewachsen, sodass ich mich freuen werde, wenn ich nach dem Abitur mit neuen Leuten zu tun haben werde, mit denen ich mich hoffentlich besser verstehen werde. Die Vergangenheit, bin ich mir sicher, sollte ich zumindest nicht mehr mit Schwermut betrachten, sondern frei von Bewertung positive Schlüsse daraus ziehen und ansonsten ruhen lassen.
Falls sich wirklich wer die Mühe gemacht hat, sich meine halbe Lebensgeschichte anzutun: Danke fürs lesen.
Es tat wirklich gut, darüber mal zu schreiben und ich hoffe, dass sich die kritisierenden Stimmen zurückhalten und nicht meinen wirklich aus Herzen kommenden Beitrag zerfetzen. ^^