Mit meinem ersten Buch, Konbini Ningen (dt. Die Ladenhüterin), hatte ich letztes Jahr schon angefangen und seit gestern weitergemacht. Es ist ein ziemlich kurzes Buch aus der Perspektive einer Frau, die nicht den genormten Wertevorstellungen der japanischen Gesellschaft entspricht oder entsprechen will. Sie ist 38, arbeitet seit 16 Jahren in einem Convenience Store, hat noch nie in einem „richtigen“ Job gearbeitet, keine Beziehungserfahrungen, kein Interesse an Liebe und Sex. Das stößt sowohl bei ihrer Familie als auch bei ihren Freundinnen, von denen die meisten mittlerweile verheiratet und mit Kindern sind, auf Unverständnis. Die Protagonistin weist dabei klar autistische Züge auf; sie macht ihren Job im Convenience Store deshalb gerne, weil es für alles Regeln gibt, alles einer klar definierten Ordnung folgt und sie nur diese „Maske“ tragen muss, um klarzukommen, was ihr deutlich leichter fällt, als die Maske der „normalen Frau“ zu tragen.

Das Buch ist in Japan ziemlich populär geworden und war wohl für eine Menge Menschen augenöffnend. Zwar öffnet sich die japanische Gesellschaft sehr langsam für alternative Lebenswege, aber das klassische Bild des Familien- oder Karrieremenschen (meist: Frau = Familie, Mann = Karriere) dominiert noch immer. Dass es auch Menschen gibt, die diesen Lebensweg gar nicht gehen wollen oder können, wird von vielen nicht verstanden. Aus der Perspektive ist das Buch definitiv interessant, und auch deshalb, weil man alles aus der Perspektive einer autistischen Frau mit sehr rationalen Denkmustern sieht, die viele gesellschaftliche Konventionen und Werte nicht so recht versteht.

Mehr dazu später. Habe ca. zwei Drittel gelesen, 50 Seiten fehlen noch.

Übrigens auch verfügbar auf Englisch (Convenience Store Woman) und Deutsch (Die Ladenhüterin), letztere Fassung übersetzt von Ursula Gräfe, die u.a. auch für die deutschen Murakami-Übersetzungen zuständig ist.