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Thema: [Sky] Rollenspielthread #1 (Signatur aus)

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  1. #29

    Himmelsrand, Helgen

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    Die Nächte um und während Neumond boten für gewöhnlich immer die größte Erholung. Das Biest geschwächt, schlummerte es während dieser Zeit und ließ sich auch auf stärkstes Drängen nur noch schwer zum Ausbrechen bewegen. Somit fehlte ihm in dieser Zeit auch die Fähigkeit, nachts für Unruhe in Geist und Körper zu sorgen, die sich sonst nur mit Blut stillen ließ, und die menschlichen Eigenschaften des Leibes überwogen, erlaubten es dem Wandler im Bett zu entspannen und dem Körper den Schlaf nachzuholen, den er so sehnsüchtig verlangte.
    Allerdings löste diese Zeit bei Vesana trotz dessen eher gemischte Gefühle aus. Nach all den Jahren, die sie nun schon die Kraft und Wildheit des Wolfes in sich trug, hatte sie mit ihm eine Symbiose gefunden, die sie völlig ausfüllte und die sie – das konnte sie aufrichtig jenen gegenüber behaupten, die um ihre Gabe wussten – wahrlich nicht mehr missen wollte. Die Bestie, ihre andere Hälfte, ihren Bruder und Freund, so geschwächt zu erleben, es entriss ihr stets einen Teil ihrer selbst, ließ schmerzhafte Leere zurück. Oft genug unterdrückte sie das Tier, aber das war ihre Entscheidung und häufig verstanden das sowohl der Wolf wie auch Hircine, immerhin machte sie es später stets wieder gut. Doch es gewaltsam entrissen zu bekommen …
    Natürlich war es in den stillsten Stunden des Tages, während sie neben Darius auf dem Bett saß und zwischen seinem geschundenen, aber friedlichen Gesicht und dem leisen Treiben der befreiten Sklaven hin und her blickte. Die brennende, frisch vernähte Verletzung des Unterarms, die bei ungünstigen Bewegungen noch immer gleißend aufflammte, als gösse ihr jemand flüssiges Metall über den Arm. Oder auch die schlichte Sorge, Darius könne aus irgendeinem Grund nicht mehr aus seinem Schlummer erwachen, obwohl er allen Grund dazu hätte, es zu tun. Irrational, sicherlich, deswegen aber nicht minder real. Überhaupt plagten die Kaiserliche so einige Gedanken. Bilder aus der Erinnerung an ihre letzte gemeinsame Nacht am See, wie er sie zurückgelassen hatte und sie ihm nachsah. Das langsame Einsinken der Erkenntnis, der Liebste könne nicht zurückkehren und zuletzt die Schuld, die Hoffnung beinahe völlig aufgegeben zu haben – so wie alle anderen.
    Vesa verbrachte einen Großteil der Nacht mit derlei Überlegungen, flickte in anderen Momenten die Löcher und den Schnitt im Ärmel ihrer Jacke und saß auch dann noch auf dem Bett, als die nur leicht oder gar nicht verwundeten Befreiten am frühen Morgen ihrer aller Unterschlupf verließen, um wohl mit dem ersten Tageslicht das komplette Ausmaß des Gemetzels der letzten Nacht zu begutachten und zu sehen, was oder wer sich denn noch retten und bergen ließe. Mit der dritten Welle von Ausschweifenden erblickte die Jägerin dann auch Aela und Skjor, die als einzige Gerüstete deutlich aus der Menge herausstachen. Während der Einäugige nahe dem großen Eingangsportal stehen blieb, kam die Rothaarige zu Vesana und Darius hinüber. »Du siehst weder freudsam noch erholt aus, Vesa«, stellte die Nord das Offensichtliche fest. Müde rang sich die Kaiserliche ein Lächeln ab. »Nicht geschlafen?« Sie schüttelte sacht das Haupt. »Etwas frische Luft wird Dir guttun und Deine Gedanken etwas zerstreuen«, riet die Gefährtin und blieb am Fußende des Bettes stehen. »Komm, er wird schon nicht weglaufen.«
    Einen Froschmund ziehend ließ Vesana die Augen zu Darius sinken und seufzte im Anschluss. Ihr stand nicht der Sinn danach in der Kälte die Karren der Hand zu durchwühlen. »Ich sollte besser …«
    »Mitkommen«, unterbrach sie die Nord. »Ich habe Corolas bereits gebeten, uns zu informieren, sollte sich Darius Zustand ändern.«
    Resignierend nickte die Kaiserliche. »Von mir aus.« Träge und widerwillig trugen sie ihre Beine, griff sie sich ihre Jacke, die Köcher und den Bogen. Wenig später verließen sie zu dritt den schummrigen, von vielen Leibern und dem Feuer warmgewordenen Raum, traten ins Freie und gegen die Wand klirrend kalter, glasklarer Luft. Von den zahlreichen Leuten ausgetreten, die bereits vor ihnen diesen Weg gegangenen waren, führte ein breiter Pfad zur Dorfstraße. In der Morgendämmerung, bei noch immer anhaltendem, wenngleich abgeschwächtem Schneetreiben erkannte Vesana sogar die vier Gerüsteten, die in der vergangenen Nacht als erste ihr Leben lassen mussten. Sauber nebeneinander lehnten sie sicherlich steifgefroren an der Wehrmauer und reihten sich damit neben den unzähligen anderen ein, die Helgen ungeachtet der plötzlichen Flut von Lebenden in einziges Grab verwandelten.
    »Haben wir überhaupt schon eine Vorstellung davon, wonach wir suchen?«, murmelte Vesa als sie das grotesk gezierte Tor der inneren Stadtmauer passierten.
    »Nein, aber irgendetwas sagt mir, dass es nicht schwer zu finden sein wird«, erwiderte Aela und bog zeitgleich mit den anderen Gefährten auf die Dorfstraße ein. Bestimmt ein Dutzend von ehemaligen Gefangen tummelte sich hier, lief zwischen den von rotem Schnee begrabenen Gerüsteten der Silbernen Hand umher. Manche knieten neben den teilweise wieder eingeschneiten Kadavern, andere schleiften Leichen wie Bretter zur Seite und stapelten sie gegen die Wände und Balken umliegender Ruinen. Ein völlig widernatürliches, abstoßendes Bild, das der Kaiserlichen bitter in den Magen stieß. Der Morgen danach … nur anders.
    Sie stieß mit dem Stiefel gegen etwas im Schnee und blieb stehen. Reflexartig blickte sie zu ihren Füßen und verzog das Gesicht. Zu ihr sah das blau angelaufene, bärtige Gesicht eines Mannes auf, das ähnlich entstellt aussah wie das Antlitz des Gefangenen in Jorrvaskr, nachdem sie ihn bearbeitet hatte. Sein stählerner Harnisch, den sie ob des schwarz verfärbten Blutes im Weiß mit der Fußkante freischarrte, wirkte zerrissen wie Papier. Eingeweide, Haut und Stoff der Kleidung mischten sich mit Metallsplittern zu dunklem, gefrorenem Brei. »Bär, sagtet ihr?«, flüsterte sie. Sie hatte viele entstellte Leichen gesehen und ihren Gutteil davon selbst zu verantworten, aber der Anblick gefiel ihr deswegen noch lange nicht. Da schien ihr menschlicher Reflex des nachempfundenen Leids – gerade jetzt zur Neumondzeit – und die ihn begleitenden eiskalten Schauer doch noch einen gewissen Einfluss zu besitzen. Angewidert wandte sie den Blick ab und bemerkte erst dann, dass Aela und Skjor bereits weitergegangen waren. Die Rothaarige stand neben dem Kutschbock des vorderen Wagens, der Einäugige stapfte weiter durch den Schnee an der Ladefläche vorbei.
    »Unförmiger Bär war es«, schnurrte etwas neben ihr, von dem sie nicht sagen mochte, ob es sich um einen Mann oder eine Frau handelte. Allerdings brauchte Vesana nicht aufschauen, um zu wissen, dass neben ihr ein wandelndes Fellknäuel stehen geblieben war.
    »Hmhmm«, brummte sie und ging auf Abstand. Möglichst zügig schloss sie zu ihren Freunden auf und machte sich zusammen mit dem stämmigen Gefährten an der Plane des Wagens zu schaffen. Zum Vorschein kamen blitzendes Metall, unzählige Beutel und diverse Kisten. Vesa sog scharf die Luft ein, Skjor schnaufte deutlich.
    »Mit der Menge an Waffen lässt sich eine kleine Armee versorgen«, knurrte er und lief um den Karren herum, die Plane weiter herunterzerrend. Die Jägerin kletterte derweil auf die Landefläche und stieß mit den Füßen gegen die scheppernden Silberklingen, die von Dolchgröße bis zum Zweihänder und verschieden großen Kriegsäxten alles vertreten zu haben schienen. Einige Köcher mit Pfeilen machte sie ebenfalls aus.
    Willkürlich nahm sie einen der Lederbeutel auf und öffnete ihn. »Proviant«, meldete sie an Aela, die inzwischen mit auf den Wagen geklettert war, als sie die gefrorenen Brotlaibe sah.
    »Nicht nur«, gab die Nord zurück und warf der Kaiserlichen einen der Säcke zu. Im letzten Moment schaffte sie es, ihn mit dem rechten Arm zu fangen und gegen den Leib zu pressen. Irritiert zog Vesa eine Augenbraue hoch, blickte einen Moment lang zu ihr hinüber, dann richtete sie die Augen auf den zwar prallen, aber leichten Beutel. Mit einem schnellen Handgriff lockerte sie die Schnur um den Bund und sah hinein.
    »Blasenpilze?« Die Kaiserliche sah abermals zu der Nord hinüber, nun beide Brauen hochgezogen.
    »Nicht nur das. Der hier ist voll mit blauen Bergblumen.«
    »Und der hier mit Koboldschemel-Pilzen«, warf Skjor von der Seite ein, ließ Vesa herumfahren und ihn beobachten, wie er über den Rand des Wagens auf die Ladefläche langte und den nächsten Sack griff. Er zückte einen beigefarbigen Pilzkopf, schwieg jedoch.
    »Mora Tapinella«, stellte Aela fest.
    »Das sind Zutaten für Tränke zum Heilen von Wunden…«, setzte Vesana an.
    »Nirnwurz«, warf die Rothaarige ein.
    »Und für Gifte. Starke Gifte, die den Leib schwächen und zersetzen, nicht nur erschöpfen«, setzte sie fort.
    »Wenn nur die Hälfte der Beutel mit dem Zeug voll ist, reicht das, um mehr als nur diese Waffen hier mit Giften einzuschmieren und mehr als nur die Menge an Leuten, die diese dann trägt, mit Wundheiltränken zu versorgen. Deutlich mehr.«
    »Ich hab‘ ein ganz mieses Gefühl bei der Sache hier.« Vesana kniete sich hin und öffnete eine Reihe weiterer Säcke. »In dem hier«, sie hob einen etwas größeren, »ist Flusskrabbenchitin.«
    »Fehlen nur noch«, setzte die rothaarige Nord und brach dann mit verkrampft wirkendem, ernsten Gesicht ab. »Falkenfedern.« Sie hielt ein kleines Bündel in die Luft.
    »Gegen Krankheiten.«
    »Wir sollten uns nach diesen offiziellen Dokumenten umsehen«, wandte Skjor ein und erntete zustimmendes Nicken.
    Die Kaiserliche brauchte nicht einmal aufstehen, um zu wissen, wonach sie suchten. Mit ausgestrecktem Zeigefinger wies sie auf eine schwer aussehende, eisenbeschlagene Kiste direkt hinter dem Kutschbock. Ein dickes Vorhängeschloss verriegelte sie. »Ich vermute, wir werden einen Schlüssel brauchen.«
    »Wo liegt der Anführer?« Aela hob das Haupt und betrachtete die Umgebung. Vesa tat es ihr gleich, ließ die Augen über das Treiben schweifen. Niemand schenkte ihnen außerordentliche Beachtung. Corolas schien es deutlich gemacht zu haben, dass zunächst nur die drei Gefährten auf den Karren wühlen durften.
    »Ich geh ihn suchen«, brummte Skjor letztlich und setzte sich in Bewegung.
    »Aela … bitte sage mir, dass ich einfach nur paranoid bin, wenn ich das Gefühl bekomme, dass wir es hier eindeutig mit Kriegsgütern zu tun haben«, flüsterte die Jägerin, ohne, dass sie es so gewollt hatte. Doch das nervöse Hauen und Stechen in den Eingeweiden brach sich so ohne ihr Zutun und dass sie es hätte verhindern können Bahn.
    »Ich wünschte, ich könnte das«, erwiderte die Nord ebenso leise und setzte sich auf die Rückenlehne des Wagenführerstands. Der Kaiserlichen legte sich ein eiskalter Schleier auf den Magen und die Brust.
    »Kriegsgüter wofür?«
    »Wir haben es hier mit der Silbernen Hand zu tun, was glaubst Du wohl?«
    »Das ist absurd, die Hand hat nicht einmal ansatzweise genug Leute, um so große Lieferungen zu rechtfertigen. Ich bezweifle, dass es auf dem anderen Wagen anders aussehen wird«, widersprach die Kaiserliche und setzte sich mitten zwischen die Beutel und Waffen.
    »Wissen wir das so genau?« Damit traf Aela einen sehr empfindlichen Nerv und Vesana senkte das Kinn auf die Brust. Still wanderten ihre Augen über die Ladefläche, von Aelas hohen Stiefeln über ihre eigenen Fußspitzen bis zum langen Ende. Das glänzende Metall brannte ihr zunehmend in den Augen, ob als Teil ihrer innewohnenden Silberallergie oder doch, weil ihr die Ware suspekt und unverständlich erschien, sie mochte es nicht sagen.
    »Hier«, eröffnete Skjor das Gespräch und klimperte mit irgendetwas Metallischem. »Ich schaue mir mal den anderen Wagen genauer an.« Aus dem Augenwinkel bemerkte Vesa, wie er den Gegenstand zu Aela warf, die ihn gerade so mit beiden hohlen Händen auffing. Erst als sie ihn in den Händen hin und her wog erkannte die Kaiserliche das Objekt als einen schweren Schlüsselbund. Träge und schnaufend erhob sie sich und machte sich mit der Rothaarigen am Schloss der Kiste zu schaffen.
    Eine ganze Reihe verschiedener Schlüssel probierten sie durch, bevor letztlich einer von ihnen in die Öffnung des Verschlusses passte, leise klickend einrastete und sich drehen ließ, bis der dicke Eisenbügel aufsprang. »Na also«, brummte Aela und zog die Schließe aus der Metallöse an der Kiste. Als öffneten sie ein Geschenk, das aufwändig verpackt war, zwickte es Vesa in den Eingeweiden, obgleich sie die Nervosität und das aufgeregte Stechen in der Brust weit weniger angenehm fand. Quietschend stemmten die Frauen den Deckel auf und blickten zunächst beide ähnlich verdutzt auf eine rote Samtdecke. Zögerlich und mit Vorsicht schoben sie diese nach kurzem Betrachten nach hinten und offenbarten eine Vielzahl durcheinandergeratener und wie eine zweite Decke verstreut liegender Briefumschläge. Purpurrote Wachssiegel zierten sie und Vesana nahm eine der Papierhüllen auf.
    »Das Symbol, das sie auch an den Händen tragen, schau«, bedeutete die Jägerin und hielt der Nord den Umschlag hin, nahm sich aber gleichzeitig schon den nächsten mit unsteten Fingern. »Keine Adressaten, nur Initialien.«
    »Was haben wir denn da?« Aela wühlte plötzlich grobschlächtig durch die versiegelten Briefe. Mit zusammengebissenen Zähnen beobachtete die Kaiserliche sie und wartete ab, was sie meinte. Erst einen Augenblick später bemerkte auch sie die dunkelroten Säckchen aus Samtstoff. Manche passten im Paar in eine hohle Hand, die Mehrzahl aber gab sich deutlich größer und bauchig mit den Konturen von Münzen durch den Stoff drückend. Vorsichtig nahm sich Vesa einen der kleinen Beutel, schob die umklappbaren Fingerstücke ihrer Handschuhe zurück und zog am goldgelben Bundstrick. Scharf sog sie die Luft ein, als sich der Säckel öffnete. »Was?«, wollte die Nord wissen. Kommentarlos hielt ihr die Kaiserliche den Fund in der hohlen Hand hin. Als auch sie tief Luft holte, nahm die Jägerin ihren Arm zurück und zog rasch an der Schnur. Neugierige Augen, die einen Blick auf die unzähligen, verführerisch funkelnden Edelsteine und auf die mit ähnlichen, prallen Säckchen gefüllte Kiste warfen, konnten sie wahrlich nicht gebrauchen.
    Rasch steckte Vesana das Bündel zurück, deckte es unter Beihilfe von Aela mit Briefumschlägen und anschließend der Samtdecke ab. Zum Schluss verriegelten die beiden Frauen die Kiste mit dem schweren Schloss. Nur kurz tauschten sie schmallippige Blicke aus, dann erhoben sie sich und kletterten vom Karren. Skjor mochte womöglich ihre Hilfe benötigen und so schritten sie zum zweiten Wagen hinüber. »Irgendwas Interessantes gefunden?«, fragte schließlich Aela, als sie sich neben Vesa mit dem Armen auf die Seitenwand des Gefährts stützte und zu dem Einäugigen hinaufsah.
    »Nichts, was wir nicht schon auf dem anderen Karren gefunden haben. Waffen, Proviant, Zutaten und einige verschlossene Kisten«, erwiderte er. »Glück mit den Dokumenten gehabt?«, fragte er und nahm zum Öffnen einer kleinen Kiste den Schlüsselbund entgegen.
    »Lass uns später darüber reden.« Vesana dämpfte ihre Stimme zu einem seidendünnen Flüstern und brachte den großen Nord damit ruckartig zum Stillstand. Gebückt und von ihr abgewandt nickte er nach kurzer Pause still der Ladefläche entgegen und kniete sich letztlich neben einen der kleinen Kästen. Mit etwas Probieren fand er einen passenden Schlüssel und öffnete den Deckel. »Glasfläschchen.«
    »Passt zu den Zutaten«, kommentierte die Rothaarige und erntete kehlige Zustimmung.
    Vesa rang sich ein tiefes Seufzen ab, das ihr die Lungen von innen gefrieren ließ. »Ich habe genug gesehen. Wir sollten uns mit Corolas Gedanken über die Aufteilung der Güter machen.« Skjor und Aela nickten. Während der Kahlköpfige noch den geöffneten Behälter verriegelte, machten sich die beiden Frauen bereits an der Abdeckplane zu schaffen und zogen sie rauschend über die Ladefläche als der Nord von ihr hinuntergeklettert war. Nach wenigen Handgriffen vertäut, wiederholten die drei Gefährten das Spiel am ersten Wagen und schickten sich anschließend an, zum Haupthaus zurückzukehren.
    »Bevor wir mit Corolas reden, solltet ihr mir noch erzählen, was ihr gefunden habt«, gab Skjor zu bedenken, als sie außer Hörweite der Befreiten waren und über den Dorfplatz stiefelten.
    »Briefe, die per Initialen adressiert sind, mehr Gold, als Du zählen könntest«, setzte Aela an.
    »Und genug geschliffene Edelsteine, um den Wert in Gold doppelt oder dreifach aufzuwiegen«, vervollständigte Vesa. Völlig aus dem Nichts blieb Skjor stehen und starrte die Rothaarige und sie unverhohlen aus. Ihn derart unbeherrscht zu sehen reichte aus, um der Kaiserlichen wie eine Faust auf den Magen zu schlagen. Davon, dass ihr von dem Fund und dem Versuch, ihn irgendwie auch nur im Ansatz zu verstehen, die Gedanken kreiselten und regelrecht schwindelig wurde, ganz zu schweigen. Entgeistert kniff der Gefährte sein gesundes Auge zum Schlitz zusammen, sprach jedoch kein Ton.
    Letztlich schüttelte er sacht das Haupt und somit wohl auch die erste Überraschung ab. Gemeinsam setzten sie sich wieder in Bewegung. »Wir sollten einige gründliche Fragen an Corolas richten«, knurrte er bevor sie die große Pforte erreichten. Aela brummte nur und Vesa nickte stumm vor sich hin.
    Kurz darauf drückte die Rothaarige als erste die schwere Pforte des Hauses auf und hielt sie für die beiden anderen offen, nur um sie nach ihnen schwer klackend ins Schloss zu drücken. »Wir sollten gleich mit Corolas sprechen, bevor zu viele reinreden können«, befand die Nord.
    Vesana wippte nur mit dem Haupt und suchte, an der Tür stehen geblieben, den Raum mit den Augen ab, wo der graue Kaiserliche denn gerade stecken mochte. Nach kurzer Sondierung der Lage fand sie ihn an einem runden Tisch nahe dem Podest an der linken Flanke. Er reichte einem abgehungerten Kerl mit fast schwarzem, schulterlangem Haar, der mit dem Rücken zu den neu Eingetretenen saß, einen Brotlaib und schien sich leise mit ihm zu unterhalten. Für die Dauer zahlloser, schmerzhaft lang erscheinender Lidschläge setzte der Kaiserlichen das Herz aus, krampfte dann in der Brust und begann so heiß zu glühen, dass sie fürchtete, es könne sie verbrennen. Mechanisch ruckte ihr Kopf herum zu Darius Bett, um sich der unruhigen Vermutung im Bauch zu vergewissern – Darius lag nicht mehr auf seiner Nachstatt. Als sie zurück zu den beiden Männern am Tisch schaute, hob Corolas den Blick und tippte seinen Gegenüber am auf der Holzplatte neben dem Brot liegenden Arm an.
    Ihre Begleiter, überhaupt der Rest des Raumes – die Verletzten im Hintergrund, die sich ausruhenden oder noch schlafenden Befreiten am linken Rand und nahe am Kamin, die gedämpften Gespräche, schlicht alles – hörte von einem Atemzug auf den nächsten auf zu existieren. Vesas Lippen begannen zu beben, dann ihre Hände und Arme, letztlich der ganze Leib, als erfasst sie ein Erdbeben. Kaum im Stande, sich auf den Füßen zu halten, beobachtete die Jägerin wie angewurzelt Darius, als er sich erst auf dem Stuhl umdrehte, kurz stockte und anschließend erhob. Irgendjemand berührte sie an der Schulter, doch reagierte sie nicht, völlig vereinnahmt von der mageren Gestalt ihres Geliebten, der langsam auf sie zukam.
    Tränen rannen ihr über die Wangen, als ihre Beine letztlich doch nachzugeben begannen und sie schwankend zur nahen Mauer taumelte, um sich kurz dort abzustützen. Unlängst schnürte sich ein dicker, unsichtbarer Strick um ihren Hals, erschwerte ihr das Schlucken und raubte ihr die Luft. Skjor und Aela ließen sich nirgendwo mehr ausmachen. Eher aus Reflex denn dass sie darauf Einfluss nahm, streifte sich Vesana Köcher und Bogen, gleich darauf auch ihre Handschuhe ab, ließ sie einfach zu Boden fallen und lehnte sich anschließend gegen das grobe, kalte Mauerwerk. Der dunkelhaarige Kaiserliche näherte sich derweil weiter mit langsamen Schritten, seine markante Narbe inzwischen deutlich zu erkennen und einen Ausdruck auf den eingefallenen Gesichtszügen, der irgendwo zwischen Bedauern, tiefster Reue und unendlicher Freude lag, dunkle Gräben unter seine Augen zeichnete und seinen Mund leicht offen stehen ließ.
    Doch alles, was sich der Jägerin in diesen Momenten, in denen sie zum ersten Mal keine Sorge mehr empfinden musste, klar aufdrängte, waren Enttäuschung und Zorn. Enttäuscht von seinem gebrochenen Versprechen, zurückzukehren. Zorn für seinen dreisten Aufbruch, wo er doch hätte wissen müssen, dass er sein Versprechen unmöglich halten können würde. Dass auch Vesa selbst nicht anders gehandelt hätte, wäre es um ihre Schwester gegangen, spielte in diesem Moment keine Rolle. Freude und Erleichterung vermieden es sich mit diesen heiß brennenden Gefühlen anzulegen, liefen sie doch bloß Gefahr darin zu vergehen.
    Bei in Schwerelosigkeit krampfenden Eingeweiden erschien es ihr quälend lange, doch letztlich befand sich Darius unmittelbar vor ihr. Gerade kam er in Armreichweite, da presste er mit Tränen in den Augen die merklich zitternden Lippen kurz zusammen und öffnete sie anschließend im Ansatz eines Wortes. Weiter ließ ihn die Kaiserliche aber nicht kommen. Ohne ihr Zutun hob diese die Rechte und verpasste ihrem Geliebten mit gestrecktem Arm eine derart schallende Ohrfeige, dass ihre Handfläche so heiß aufflammte, wie die linke Hälfte seines Antlitzes rot zu glühen begann.
    Perplex und irritiert, aber tonlos hob er seine spindeldürre Hand und rieb sich die sicherlich heftig schmerzende Stelle. Es wirkte auf Vesana, als wüsste er selbst nicht recht, was genau er tun sollte. Seine Mundwinkel zuckten unregelmäßig zu einem tröstenden, entschuldigenden Lächeln nach hinten, während seine dunklen Augen unstet über ihr Gesicht wanderten, manchmal im Blickkontakt innehielten und ihn dann wieder brachen. Abermals setzte er an, doch noch etwas zu sagen und wieder zu versuchen, sich ihr zu nähern. Klatsch! Die Linke.
    Diesmal strafte sich Vesa jedoch selbst. Die Wucht des Aufpralls erschütterte ihren Arm und zerrte auch an der frisch vernähten Wunde, ließ diese in ihrem Geist heiß aufleuchten. Erst fauchend, dann stöhnend umschloss sie ihren Unterarm mit der rechten, presste ihn an sich, als könne sie die Pein so niederringen und senkte das Kinn. Vergebens. Am Rand ihres tränenverschwommenen Sichtfelds machte sie eine Bewegung aus und riss noch im selben Augenblick die Finger von ihrem Arm, schlug nun knurrend und schluchzend mit der Faust zu. Aber diesmal ließ sich Darius nicht mehr beirren und drückte sich einfach solange gegen sie, bis er sie an der Wand fixierte, mit den eigenen Armen umschließen konnte und ihr so die Freiheit auszuholen nahm.
    Zunächst widerwillig, dann völlig wehrlos ließ sie ihn gewähren und krallte sich zum Schluss im Stoff seiner Kleidung an den Seiten seines Leibes fest. Ihr Gefährte umschloss sie letztlich gänzlich, einen Arm quer über ihrem Rücken, die Hand des anderen in ihrem Nacken massierte die Schädelbasis durch ihr langes Haar hindurch. Seine Wange lag oben auf ihrem Haupt auf und gelegentlich glaubte sie irgendetwas schweres, aber weiches auf den Kopf schlagen zu fühlen. Als irgendwann Tropfen hinter ihrem Ohr hinab in den Hals rannen, Schauer ungekannten Ausmaßes ihren Leib hinabsendend, wusste sie, dass es sich dabei um Tränen handelte. Tränen, die sie in vielfacher Menge durch seinen Kragen unter seine Kleidung fließen ließ.
    Heftig zuckend, atemlos schluchzend und plötzlich kraftlos, gaben Vesas Knie vom einen Augenblick zum anderen nach, als sank die Erkenntnis nicht zu träumen erst jetzt wirklich ein. Doch anstatt zu fallen, spürte sie nur, wie sich Darius Arme fester um sie schlossen und sie fester gegen die Wand drückten. Die Schmerzen, die dieser Druck bei all ihren Prellungen hervorrief, zerflossen schon kurz nachdem sie aufkamen in die Bedeutungslosigkeit. Unterdessen hob der Kaiserliche sein Haupt und hinterließ für einen kurzen Moment mit der nachhallenden Druckstelle tief schneidende Reue. Aber als er ihr im nächsten Augenblick durch ihren sich wild verteilenden Schopf einen langen Kuss auf die Schläfe gab und seinen Kopf anschließend wieder auf dem ihren ablegte, war das kurze Stechen des Bedauerns so schnell vergessen, wie es sie überfallen hatte.
    Vesanas Mundwinkel zogen sich zu einem verträumten, geistesabwesenden Schmunzeln und der Fluss der Tränen verlangsamte sich, verebbte allerdings noch nicht gänzlich. Stattdessen löste sie ihre Finger aus der Verkrampfung an seinen Seiten und schob die Hände in seinen Rücken, nur um sich dort abermals in den Stoff seiner Kleidung zu krallen. Jetzt übernahm sie es, sich an ihn zu drängen.



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    Geändert von Bahaar (29.06.2015 um 08:27 Uhr)

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