Zitat Zitat von Eisbaer Beitrag anzeigen
Ich weiß gerade echt nicht mehr, ob ich lachen oder weinen soll.

Wir sind derzeit vier Mann in der IT - IT-Leitung, mein ehemaliger Azubi, ein aktueller Azubi und ich.
Ab Oktober geht die IT-Leitung in den Ruhestand und ab Januar übernehme ich bereits die Verantwortung, soweit so gut.
Jetzt hat mein ehemaliger Azubi gekündigt, weil man seine Gehaltsforderungen als überzogen darstellt -> beim neuen Arbeitgeber kriegt er mehr als ich und 1000€ netto mehr. Hat ihn eine Bewerbung gekostet.
Habe mich da schon innerlich die letzten Tage drüber aufgeregt, dass man sich wegen 300€ brutto ins Hemd geschissen hat, denn mein Azubi wäre eben für 300€ mehr als deren letztes Angebot geblieben, was immerhin 800€ weniger als beim neuen Job gewesen wären.
Heute kriege ich die Mitteilung, dass man die Stelle intern besetzen will - wir hätten ja einen technischen Zeichner und einen Systemelektroniker (nicht IT-Systemelektroniker), die ihre Ausbildung beenden und das mal eben so in 6 Monaten lernen könnten. Der technische Zeichner ist menschlich jetzt nicht die Wucht und Systemelektroniker hat maximal rudimentäre IT-Kenntnisse, ist als syrischer Flüchtling sprachlich mittlerweile echt gut, hat aber die Kommunikationsfähigkeiten eines Baumes.
Auf meinen Standpunkt hin, dass wir auf jeden Fall eine gelernte IT-Fachkraft benötigen würden, die mich schließlich auch im Urlaub vertreten müsste, wurde mir geraten, doch mal meine base zu chillen. Das kriegt man schon alles hin.
Übrigens hat sich die Arbeit in den letzten acht Jahren hier verdreifacht und es wurde eine weitere Firma aufgekauft. In Zukunft will man noch ein paar Firmen schlucken.

Meiner Meinung nach sind wir gerade mit der Titanic auf See unterwegs, das Ruder wurde aus Kostengründen eingespart und der Eisberg ist bereits in Sichtweite. Gerade hat die Reederei per Funk durchgegeben, dass die Passagiere bitte alle kräftig in die andere Richtung pusten sollen, da das Ersatzruder zu teuer wäre. Das wird schon.

Vielleicht sollte ich aber auch meine base chillen und auch einen anderen Job suchen. Im Gegensatz zu meinem Kollegen hab ich keine drei Monate Kündigungsfrist, sondern 4 Wochen.
Dafür arbeite ich hier aber eigentlich zu gerne.
Das fühle ich.

In meiner alten Firma war es ähnlich, allerdings wurden da auch etliche Mitarbeiter verschlissen und teilweise Leute eingestellt, die mit der IT absolut gar nichts am Hut hatten. Diese Leute waren dann bereits nach kurzer Zeit derart gestresst, dass deren Kündigungen unausweichlich wurden und sie die Firma relativ schnell wieder verlassen haben. Das zog sich damals von meinem Arbeitsbeginn (2012/13) bis zu meinem Austritt (2019). Wie die Lage dort heute ist, weiß ich nur von Erzählungen ehemaliger Kollegen, aber viel geändert hat sich wohl nicht. Mein Bürokumpane arbeitet dort immer noch, obwohl er schon zig Mal "wechseln" wollte, allerdings war er auch schon immer jemand, der solche Situationen einfach ausgesessen und akzeptiert hat, statt etwas dagegen zu tun oder die Thematik wenigstens mal intern anzusprechen (was ich tat und wofür ich dementsprechend "bestraft" worden bin).

Was in der obigen Firma wirklich schlimm war, war nicht mal das sehr hohe Arbeitsaufkommen, sondern die extrem geringe Wertschätzung. Auf Fragen wie "könnten wir mal über mein Gehalt sprechen?" wurde stets mit "nein, wenn es Ihnen hier nicht passt, können Sie ja gehen" geantwortet und das, obwohl man mit die stärkste Arbeitskraft war (nachweisbar durch Statistiken/abgeschlossene Fälle).

In meiner neuen Firma ist das Arbeitsaufkommen deutlich geringer, dafür wird man besser bezahlt (nach öffentlichem Diensttarif, weil Chef dadurch keine Gehaltsverhandlungen führen muss, wie er selbst sagt), hat mehr Urlaub und mehr Sonderzahlungen (Urlaubs- und Weihnachtsgeld, jährlicher Umsatzbonus bzw. Anteil davon). Leider stieg das Arbeitsaufkommen in den letzten Monaten ziemlich stark, nur findet mein Chef einfach niemanden, der für die Stelle geeignet ist, dabei sollte man meinen, das es genügend IT-Systemkaufleute auf dem Markt geben sollte. Der Tätigkeitsbereich ist wirklich überschaubar, wenn man erst einmal "drin steckt" und weiß, was man wissen muss, nur scheint es in Niedersachsen - speziell in der Region meiner Firma - kaum gelernte Kräfte zu geben, zumindest kommt mir das bei der langen Sucherei nach neuem Personal mittlerweile so vor. Ich selbst komme mit der Arbeit durch die Erfahrung in meiner vorherigen Firma noch ganz gut klar, nächstes Jahr geht mein Kollege jedoch in Rente und die Kollegin, die dann noch "übrig bleibt", hat leider kaum Hintergrundwissen zur IT und kann selbst simple Dinge nicht allein lösen, weil sie zu schnell aufgibt. Ich bin mal gespannt wie das kommende Jahr wird und hoffe, dass wir da noch 1-2 neue Leute finden werden, damit unser Kundenservice wieder etwas besser wird.