Hm, ok. Dann gehe ich mal deine Reflexion durch.Zitat von real Troll
Zu erst einmal darf man den Istwert nicht missverstehen. Den Istwert gibt es auch außerhalb meiner Idee und ist Teil des Regelkreises in der Psychologie aber auch anderen Gebieten wie der Messtechnik. Dieser Link hier zeigt einen kompletten Aufbau dieses Systems in Bezug auf das soziale Umfeld eines Individuums, aber das nur am Rande.Zitat
Der Istwert ist also nicht der Nachhall sondern der ständige Status - das, was man wahrnimmt. Er kommt beim Showwert vor ("Guck mal, sieht besser/ schlechter aus als ich erwartet hätte!") und auch bei dem von mir als Wahrheit bezeichneten Teil ("Es hat einen um Welten besseren/ schlechteren Eindruck hinterlassen, als ich zu dem Zeitpunkt/ davor vermutet hätte.").
Aber die Formulierungen "knallige Effekt" und "Zuckerguss" für den Showwert sowie "Nachhall" und "hinterher trotten" für den Wahrheitswert (!) passen in gewisser Weise. Problem bei so etwas ist immer die Hunderprozentigkeit. Ein Nachhall verschwindet z.B., der Wahrheitswert nicht.
Metaphern für dieses schwierige, neue Thema zu finden ist dennoch eine sehr gute Idee.
Man muss bedenken, dass sich die von mir genannten Details auf die Grafik bezogen haben.Zitat
Wie gesagt, gilt der Showwert und Wahrheitswert meiner Meinung nach für alle Bereiche des Gamedesigns. Deshalb ist es auch möglich, die von dir hinterfragten Bereiche abzudecken. "Möglich" heißt hier, dass es automatisch darauf verteilt wird. Man muss also nichts hinbiegen, auch wenn es auf den ersten Blick vielleicht so scheint.
Diese Denkphasen, die du genannt hast, müssen ganz abstrakt betrachtet werden: Was macht man in dem Moment, in dem man über das Spiel nachdenkt? Wie das Wort "über" schon sagt, ist man kurzzeitig aus dem Spiel herausgerissen. Man ist nicht mehr in der Welt drin, sondern sitzt einem Bildschirm gegenüber. Der Showwert ist in den Hintergrund gerückt, denn der gilt nur für gegenwärtige Dinge. Es ist also ganz klar der Wahrheitswert entscheidend. Wenn ich mich frage, ob es sich lohnt das Spiel weiterzuspielen, möchte ich wissen, ob mir das Spiel etwas geben kann. Und das versteckt sich in der von meinem Kopf angelegten Bibliothek des Wahrheitswertes. Steckt in dem Spiel etwas drin? Ja? Dann weiterspielen. Das Spiel ist nur billiges Levelgrinden ohne Sinn und Verstand oder ohne Überraschungen die mir etwas zeigen wollen und können? Dann weg damit! Der Wahrheitswert entscheidet.
Das Taktieren in einem Actionspiel ist auch ein sehr interessanter Punkt. Im Grunde finde ich diese Spannung zwischen Action und Planen überhaupt DEN Grund, warum ich Spiele spiele. Ich drücke nicht auf Stop - das Spiel geht weiter. Und deshalb kann ich mich nicht nur auf das Füllen meines Showwertbehälters konzentrieren, der nach positiven Momenten giert. Parallel ist eine Übersicht gefragt. In diesem Moment muss ich über dem Spiel stehen. Gemessen an Ergebnissen des Wahrheitswertes bin ich motiviert oder demotivert eine gute Lösung zu finden. Schon einmal gemerkt, dass man bei einem langweiligen Spiel zu keinen guten Lösungen kommt? Die Begeisterung fehlt. Der Stand des Wahrheitswert sagt einem, dass es sich nicht lohnt sich anzustrengen.
Show und Wahrheit sind also nicht ein Ersatz für die Regeln des Spiels. Die Spielregeln sind befreit von emotionalen Zügen. Wenn ich die Regeln verwende, entstehen aus der Situation heraus Dinge, die dem Showwert sowie dem Wahrheitswert zuträglich sind.
Um den Bogen hierbei zur Grafik zu spannen: Ich freue mich über Grafik für einen Moment (Showwert) oder bin in Hinblick auf bereits Erlebtes positiv überrascht worden (Wahrheitswert, wobei "überrascht" nicht plötzliches Überraschen meint, das wäre wieder Showwert). Aber die Struktur der Grafik muss ich nicht analysieren oder gar selbst die Grafik als Spieler entwerfen. Das wäre sogar hinterlich für den Eindruck der Grafik als Gesamtbild. Man kennt das vom Maker, bei dem man sich in manchen Situationen mehr über die Nutzung bekannter Chipsets Gedanken macht als dessen Gesamteffekt. Dieses Verstehen der Grafik wäre aber dem Analysieren der Taktik in Actionspielen gleichzusetzen. Der Showwert und Wahrheitswert haben nichts damit zu tun. Die Struktur wird nicht von den beiden Werten abgedeckt, sondern nur das Ergebnis des Spiels. Alles, was man erleben kann: Grafik kann man erleben. Regeln kann man zunächst nur verwenden. Deren Ergebnis kann man aber erleben. Und dort tritt der Wahrheitswert wie bereits gesagt auf.
Wenn man das verstanden hat (und ich es gut genug erklärt habe ^^), dürfte auch das Verhältnis der beiden Werte zu den von dir zuletzt genannten Problemezonen klar sein:
- Rätseln: Ich erlebe das Rätsel während ich es löse mit dessen kurzweiligen Höhepunkten (Showwert) und gewinne einen Eindruck aus dem Rätsel (Wahrheitswert). Bei dem Gebiet Grafik wäre das hierbei das Bild vor Augen während des Rätselns (Show) und ein Art Feeling wie es sich bisher optisch gestaltet hat (Wahrheit).
- Dialoglesefreude: Wortwahl und Wortwitz gepaart mit plötzlichen Dialogeinwürfen (Show) und die tiefgründigere Hinterfragung, ob das Gespräch jetzt sinnvoll war und zu begeistern wusste (Wahrheit). Und dabei muss man nicht über jedes Gespräch fünf Minuten sinnieren. Der Wahrheitswert bildet sich ganz automatisch. Bei der Allreise würde ich im Übrigen den Showwert höher ansiedeln als den Wahrheitswert. Auch wenn letzterer nicht gegen andere Makerspiele abfällt. UiD wäre mMn hierbei als Paradebeispiel zu nennen. Irgendwie sehr stimmungsvoll das ganze ... Grafisch gesehen gibt es bei Dialoglesefreude im Grunde nur das Schriftbild. Nahezu vernachlässigbar. Aber wer hier einen Moment nachdenkt, wird feststellen, dass auch hierbei unterteilt werden kann und vielleicht sogar sollte.
- Handlungsinteresse: ... Em, vielleicht wäre es ganz sinnvoll, wenn jemand anderes sich mal an der Einteilung versucht. Dann bleibt die Textlänge dieses Posts erträglicher und es gibt direkt eine Kontrollmöglichkeit für mich. ^^ Tipp: Details und Gesamtbezug
Und um nochmals eine Antwort auf die folgende Frage zu formulieren:
>>> Wirkt sich Grafik auf den Spielspaß aus?
- Höherer Wahrheitswert (bei Grafik) -> besserer Gesamteindruck -> mehr Spielspaß
- Höherer Showwert (bei Grafik) -> Überbrückung von Gameplaylücken sowie Sollwert-Übertrumpfung -> mehr Spielspaß
Ja, danke. Wie du siehst, habe ich sehr ausführlich geantwortet. Ich finde das Show-Wahrheits-Verhältnis nämlich genauso abstrakt wie interessant. In jeder erdenklichen Situation lässt sich darüber stolpern. Und vielleicht ist damit sehr geholfen beim Thema "Gute Grafik! Was heißt das und was nutzt es?"Zitat
Im Übrigen:
Irgendwie fühle ich mich gerade an die Diskussion mit Kelven erinnert, ob es so etwas wie eine Unterteilung zwischen Storyinhalt und Storydarbietung gibt. Eine Story ist seiner Meinung nach immer gleich, egal wie man sie erzählt (wenn ich das jetzt richtig wiedergegeben habe, bitte doch um Korrektur wenn es so nicht stimmt). Ein Unterteilung in Show und Wahrheit müsste demnach doch sehr gegen seine Auffassung von Spielen sein (Hilfe, ich rede in dritter Person von Kelven in einem Thread von Kelven - ich ahne Ungutes).
CapSeb
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