Es ist schon lange her seit es das letzte Mal einen Thread über typische Maker-Klischees gegeben hat und deswegen kam mir die Idee doch einfach mal wieder einen aufzumachen. Aber Vorsicht! Ich stelle nicht die Frage was für Klischees ihr alle kennt, sondern möchte darüber diskutieren, ob es sich bei den Klischees wirklich um schon zig Mal durchgekaute Spielelemente handelt oder ob dieser Schluss etwas zu voreilig ist.
Der Auslöser für diesen Thread war etwas, das man recht häufig in Spiel- oder Vorstellungskritiken liest, nämlich dass Stilmittel x oder Handlungselement y schon viel zu häufig in Makerspielen benutzt wurden und man sich lieber etwas Neues ausdenken sollte. Ob das überhaupt geht lasse ich mal außen vor, aber häufig zeigt sich, dass der Kritiker dann an anderer Stelle sagt: "Was ich für Makerspiele spiele? Ach, ich hab schon seit Jahren keines mehr gespielt." Das ist ein kleines Problem, denn wie will mal über den Inhalt der Makerspiele diskutieren, wenn man sie gar nicht kennt? Im besten Fall kann man nur von den Vorstellungen ausgehen, aber was dort steht findet man so ja nicht im Spiel wieder.
Ich möchte nun also mal schauen, was an den bekanntesten Makerklischees wirklich dran ist.
Vampirspiele
Es wird gerne gesagt, dass es schon so viele Vampirspiele gibt, dass man als Entwickler lieber einen großen Bogen um sie machen sollte. Geht es dann aber ans Nennen der Namen, fallen meistens nur VD und UiD. Unter einem Vampirspiel stelle ich mir vor, dass entweder die Hauptcharaktere Vampire sind (und die Geschichte überwiegend vom Vampirdasein handelt) oder die Helden ständig mit Vampiren zu kämpfen haben. Gibt es, die ganzen Vorstellungen ohne Demo mal außer Acht gelassen, wirklich so viele Spiele, die man als richtige Vampirspiele bezeichnen könnte? Ich bin skeptisch. Außerdem zwingen die Vampire alleine kein Spielkonzept und keine bestimmte Handlung auf. Das Thema ist variantenreicher als man denkt. Da gibt es so was wie Hellsing oder Blade, aber auch so was wie Interview mit einem Vampir oder Tsukuyomi Moonphase.
Rachegeschichten
Auch die klassische Rachegeschichte wird häufig als klischeehaft bezeichnet. Das mag, bevor jemand etwas sagt, durchaus für die Spielanfänge gelten, in denen der Held nach erfolgreicher Pilzsuche in sein zerstörtes Heimatdorf zurückkehrt und dort den bösen Buhmann mit den Köpfen der Eltern in der Hand vorfindet. Letztendlich ist das aber nur der Anfang und ich habe selten ein Makerspiel gesehen, in denen die Rache das ganze Spiel über die Motivation des Helden gewesen ist. Meistens werden solche tragischen Gemetzel im Heimatdorf nur dafür genutzt, den Helden in die große, weite Welt zu schicken. Mir fallen jedenfalls keine Makerspiele ein, in denen der Held verbissen wie Ahab sein Ziel verfolgt und der Hauptkonflikt sich nur auf die Rache konzentriert und nicht auf die Rettung der Welt, weil derjenige an dem sich der Held rächen will auch zufälligerweise die Zerstörung der Welt im Sinn hat. Rache als Motiv wäre also ein sehr interessantes Stilmittel, wenn man es nur richtig nutzen würde.
Alex, das heilige Schwert und der böse Dämon
Der Klassiker schlechthin: Ein Held erfährt vom Dorfältesten, dass er der Auserwählte ist, das heilige Schwert suchen muss und die Aufgabe hat damit den bösen Dämonen zu töten, um die Welt zu retten. Gab es so ein Spiel wirklich? Ich denke wenn dann sind es die absoluten Anfängerspiele, die so aufgebaut sind, aber so richtig beliebt war diese Art Heldengeschichte noch nie, da bin ich mir sicher. Außer früher bei den alten Griechen vielleicht, obwohl die Helden dort nie so richtig heldenhaft waren, oft nicht nur die Bösen getötet haben, sondern auch mal ihre eigenen Kindern und am Ende sowieso immer gestorben sind. Letztendlich findet man die simple Formel dieses Absatzes aber in erstaunlich vielen Makerspielen wieder; sie wird nur nicht so direkt ausgesprochen. Vermutlich ist es auch gar nicht möglich eine klassische Heldengeschichte anders aufzubauen. Es gibt immer einen Helden, der für die Welt die letzte Hoffnung ist. Er muss zwar nicht immer ein heiliges Schwert finden, aber immer eine Möglichkeit, um den Antagonisten aufzuhalten. Die Variationen sind aber so zahlreich, dass man hier nicht von einem Klischee sprechen kann.
Refmap und das Standard-KS will niemand mehr sehen
Dieses hartnäckige Gerücht bekommt man sehr oft zu hören und so sehr diejenigen es sicherlich ehrlich meinen, wenn sie die Grafiken oder das KS verdammen, so entspricht diese Sichtweise ganz sicher nicht der von der Community. Woran man das erkennt? Am großen Erfolg einiger Makerspiele, die Refmap und/oder das Standard-KS einsetzen; erwähnt seien hier nur mal Rebellion und die Allreise. Man kann also davon ausgehen, dass es nicht der Grafikstil oder das Kampfsystem sind, die viele stören, sondern eher die Spiele, die damit assoziiert werden und das sind oft Anfängerprojekte. Bei einem guten Spiel ist die Community ohne weiteres bereit über den häufig benutzen Grafikstil und das Standardkampfsystem (zumindest wenn es sich gut spielt) hinwegzusehen.
Und nun zum Abschluss folgen zwei Stilmittel, die meiner Meinung nach wirklich schon recht abgedroschen sind und deswegen den Titel Klischee verdient hätten.
Es waren einmal vor langer Zeit ein paar Königreiche, die machten Krieg
Eine Geschichte über politische Irrungen und Wirrungen, Intrigen und Verschwörungen scheint die Gegenbewegung zu den oben genannten klassischen Heldengeschichten zu sein. Wohl fast jede zweite Vorstellung handelt von irgendeinem Krieg, in den der Held involviert wird, manchmal freiwillig und manchmal auch nicht. Das Kriegsgeschehen und dessen Auswirkungen werden dabei selten gezeigt, im Vordergrund steht den Anschein zu erwecken, dass der Held nur ein Spielball höherer Mächte ist, damit die Handlung "anspruchsvoller" und "tiefgründiger" wirkt. Leider handelt es sich dabei aber um einen Fehlschluss, denn so wie die Spiele aufgebaut sind, unterscheiden sie sich eigentlich nicht groß von denen mit den heiligen Schwertern und bösen Dämonen, nur dass man die Gegenstände und Gegner ausgetauscht hat. Leider sind diese Geschichte über Kriege schon so generisch, dass man hier von einem Klischee sprechen muss.
Tiefgründige Charaktere
Und es gibt noch eine andere Gegenbewegung, nämlich eine zu den stereotypen Helden. Als jemand mal irgendwann festgestellt hat, dass solche Figuren doch oberflächlich sind, kam schnell die Idee auf, dass ein Entfernen von Stereotypen die Helden tiefgründig macht, was aber auch ein Fehlschluss ist. Gerade aktuell sieht man an der Allreise wie gut Stereotypen ankommen, wenn man sie nur richtig einsetzt. Die anderen Spiele, die versuchen ihre Figuren "komplex" wirken zu lassen, erreichen damit meistens nur, dass die Figuren überhaupt keinen Charakter besitzen und vom Spieler nicht eingeordnet werden können. Da diese Figuren so häufig in Spielen auftreten, handelt es sich hierbei auch schon um ein viel zu häufig eingesetztes Stilmittel, unter dem die Atmosphäre der Spiele sehr zu leiden hat.
Nun seid ihr an der Reihe. Fehlen noch Klischees, die gar keine sind? Habe ich noch ein paar richtige Klischees vergessen? Oder seid ihr sowieso ganz anderer Meinung?