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Thread: Spiel-Tutorial

  1. #21
    Quote Originally Posted by Kelven View Post
    Ich weiß allerdings auch nicht was du unter einer simplen Handlung verstehst.
    Dann rede ich eben beispielhafter.
    Eine miese Echsenkröte entführt die Prinzessin und der furchtlose Held zieht los, sie zu retten, indem er Schurken tothüpft. Funktioniert prima als Spiel.
    Man lenkt den Sohn des bösen Gottes und kann nur dadurch seine dunkle Seite bekämpfen, indem man möglichst viele Halunken dahinschlachtet. Funktioniert prima als Spiel.
    Ein höllischer Dämon hält eine Ortschaft in Angst und Schrecken, also begibt sich der Held in die Katakomben und bringt alles um. Funktioniert prima als Spiel.

    Spiele benötigen Handlungen, in denen Konflikte veräußerlicht werden. Natürlich gibt es auch dort Helden, die an sich oder ihrer Welt leiden, aber letztlich defininieren sie sich ausschließlich über ihre Taten. Reine Tatmenschen eben. Wie könnte auch anderes spielbar gestaltet werden? Die Welt muss als Raster, als in Level einteilbare Teilstücksammlung funktionieren, die der Spieler auf Knopfdruck meistert. Das Simple der Handlung folgt daraus.

  2. #22
    Quote Originally Posted by Glacier View Post
    Könntest du etwas mehr zu dem Konzept japanischer Rollenspiele sagen?
    Westliche Rollenspiele bar jeglicher Simulation=Östliches Rollenspiel. Danach musst du damit leben, dass sie sich auf eine andere Kultur beziehen und vor Adaptionen nicht zurück schrecken. Denk nur mal, was für einen Aufstand es gab, als Romeo&Julia in einem mexikanischen Setting verfilmt wurde - solche Sachen sind ganz normal für japanische Popkultur.

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    Spiele benötigen Handlungen, in denen Konflikte veräußerlicht werden. Natürlich gibt es auch dort Helden, die an sich oder ihrer Welt leiden, aber letztlich defininieren sie sich ausschließlich über ihre Taten. Reine Tatmenschen eben. Wie könnte auch anderes spielbar gestaltet werden? Die Welt muss als Raster, als in Level einteilbare Teilstücksammlung funktionieren, die der Spieler auf Knopfdruck meistert. Das Simple der Handlung folgt daraus.
    Auch ein Märchen - die klassische Geschichte über Tatmenschen - profitiert davon, gut durchgeplant und abgestimmt worden zu sein. Wäre der Sandmann nicht gut durchkomponiert, hätten wir das Motiv des Augenhorrors (Blutrote dämonische Augen, usw) vermutlich überhaupt nicht in unserem Reportair. Die Veräußerlichung bietet auch eine Reihe von Möglichkeiten - ich denke da z.B. an den Anime der Zwölf Königreiche, wo alle Konflikte aus dem Kopf der Heldin auf konkrete Personen verschoben wurden. Oder an Utena, wo der Konflikt total in einer pompösen Zeremonie in einem riesigen Schloss veräußerlicht wurde.
    Selbst der Werther veräußerlicht seine Konflikte in Schlafwandeln und Naturerlebnissen. Wenn du die totale erzählerische Innenperspektive suchst, dann kommst du am Roman an, von dem Kelven gewarnt hat. Auf der Suche nach der Verlorenen Zeit und der Mann ohne Eigenschaften sind keine guten Vorbilder für Spiele, klar. Aber davor ist man gewarnt worden.

  3. #23
    @ Ianus
    Folgen also alle Bücher dem Schneewittchen-Prinzip? Ist ein Buch nie etwas anderes als eine Geschichte über die - letztlich körperliche - Auseinandersetzung zwischen dem reinen, zarten Guten und seinem Widerpart? Da ich schon so frage, liefere ich arglistig suggerierend die Antwort schon mit: Wohl kaum. Die Bandbreite der Themen ist weiter gesteckt, eben weil sich kein Autor mit der Fessel plagen muss, sein Geschriebenes auch in einem nachspielbaren Zuschnitt zu liefern.
    Mehr noch: Fällt Dir eigentlich ein - ja, nur ein einziges - Rollenspiel (Computer oder Konsole) ein, dessen Ziel nicht darauf hinausläuft, den Oberbösewicht zu töten? Fasse beides zusammen und Du bemerkst vielleicht, was ich mit simpler Handlung meine.

    Wie wenig schlimm ich das bei einem Spiel finde, habe ich ja bereits geschrieben.

  4. #24
    Eine simple Spielstory besitzen Spiele wie Diablo, Zelda oder Shooter. Es wird kaum was gesagt, es wird keine Geschichte erzählt, man weiß nur, dass es eine Bedrohung gibt, die man ausschalten muss. "Das da ist dein Feind. Töte ihn". Alles andere sind für mich schon keine simplen Spielstories mehr. Ein Vergleich mit Literatur ist mMn unangebracht und wenn du Spiele schon mit einem völlig anderen Medien vergleichst, müsstest du Groschenromane für den Vergleich heranziehen. Spiele richten sich an Teenager und junge Erwachse, an die Leute, die Popkornkino anschauen, nicht an Faust-Leser.

    Mal abgesehen davon machst du es dir sehr einfach, wenn du eine Geschichte nur auf ihr Ende reduzierst. Der Kampf gegen den Oberbösewicht ist der gameplaytechnische Höhepunkt, nicht der handlungstechnische. Es gibt ihn nur, weil die ganzen Video-Rollenspiele so stark auf's Kämpfen ausgelegt sind. Bei Ultima IV oder Ultima VI muss man btw. gegen keinen Oberbösewicht kämpfen, wenn ich mich nicht irre. Bei U4 muss der Held alle Tugenden meistern, um zum Avatar aufzusteigen und bei U6 muss der Held Menschen und Gargoyles miteinander versöhnen. Die Spiele sind aber auch eher die von Ianus angesprochenen Simulationen (eben westliche RPGs). Ich bin jedenfalls der Meinung, dass in einem Spiel der Weg viel wichtiger als das Ziel ist und bei ihm trennt sich auch die Spreu vom Weizen.

  5. #25
    Ein Vergleich zur Literatur ist keineswegs unangebracht. Wenn man sich zum Handlungsgehalt von Spielen äußert, benötigt man natürlich Vergleichswerte, um überhaupt Kriterien zu haben. Spiele nur mit Spielen zu vergleichen, wäre sehr selbstreferentiell und nabelschaubesessen. Wie Du ja selbst sagst, sind Spiele stark auf das Kämpfen konzentriert und schöpfen daher nur einen Teil dessen ab, was prinzipiell an erzählter Geschichte möglich wäre. Eben diese Möglichkeiten bekommt man in den Blick, indem man auf andere Medien schaut. Und dass man beim Begriff "Literatur" nicht gleich vor Ehrfrucht erschauern muss, zeigt Dein Beispiel mit Groschenheftchen oder anderer Bahnhofslektüre. Allerdings gibt es auch mehr - weitaus mehr.

    Und dieses Mehr kommt in Spielen nicht vor - oder kaum vor, wie ich gerade aus Deinen Ultimabeispielen gelernt habe. Warum, habe ich schon ausgeführt. Wenn Du nun schreibst, in einem Spiel sei der Weg wichtiger als das Ziel, stimme ich Dir vollkommen zu, wenngleich ich das in einem anderen Sinn äußere. Bei mir heißt das: Fadenscheinige Nothandlung (Ziel) reicht vollkommen aus, solange das Gameplay (Weg) stimmt. Und aus den genannten Gründen erwarte ich von einer Handlung auch prinzipiell nicht allzu viel. Ich bin genügsam, kann selten enttäuscht werden und versuche, ein Computerspiel nicht mit Unleistbarem zu überfordern.

  6. #26
    Quote Originally Posted by real Troll View Post
    @ Ianus
    Folgen also alle Bücher dem Schneewittchen-Prinzip? Ist ein Buch nie etwas anderes als eine Geschichte über die - letztlich körperliche - Auseinandersetzung zwischen dem reinen, zarten Guten und seinem Widerpart? Da ich schon so frage, liefere ich arglistig suggerierend die Antwort schon mit: Wohl kaum. Die Bandbreite der Themen ist weiter gesteckt, eben weil sich kein Autor mit der Fessel plagen muss, sein Geschriebenes auch in einem nachspielbaren Zuschnitt zu liefern.
    Youko war nicht unbedingt gut oder entschlossen und ihr märchenhaftes Einhorn ist extrem befangen gegenüber allen anderen Wesen. Der aus Japan stammende König des nächsten Königreiches war recht brutal, zwei andere fanatisch, der nächste und sein Kirin schwul. Gerade mal eine der präsentierten Herrscher könnte man als weise bezeichnen, aber ihre Weisheit hatte Kanten und Spitzen. Die Veräußerlichung lief auch nicht unbedingt auf Gewalt hinaus - Aozaru tat Youko keine Gewalt an, er spiegelte nur ihr Inneres und die Kirin und Youkai machten den Zustand eines Reiches sichtbar. Die Handlung entwickelt sich in der Spiegelung und Wieder-Spiegelung, nicht unbedingt im körperlichen Konflikt.

    Bei Utena war das Duell symbolisch, da das Ziel der Schwerter schlussendlich die Rose und über sie hinaus die Unterwerfug einer dritten Person war.

    Was die Schnittmengen zwischen Märchen und Rollenspielen angeht, wollte ich hier einen riesigen Text setzen. Aber es lohnt sich in meinen Augen im Moment nicht, da du dich im Kern sowieso der Märchenmethode bedienst.

    Was den Konflikt zwischen dem reinen, zarten Guten und dem Bösen angeht - der wird bei japanischen Rollenspielen durch das Basara-Motiv minimal modifiziert, aber abgeändert wird er deswegen nicht.
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    Mehr noch: Fällt Dir eigentlich ein - ja, nur ein einziges - Rollenspiel (Computer oder Konsole) ein, dessen Ziel nicht darauf hinausläuft, den Oberbösewicht zu töten? Fasse beides zusammen und Du bemerkst vielleicht, was ich mit simpler Handlung meine.

    Wie wenig schlimm ich das bei einem Spiel finde, habe ich ja bereits geschrieben.
    Planescape: Tornment. Den Obermotz zu töten verflucht den Charakter und seine Begleiter. Das beste Ende beinhaltet allerdings immer noch, das die gestörte Ordnung wieder hergestellt wird. In Ultima verhält sich der Avatar wie ein Stein, der ins Wasser geworfen wurde. Sein Eingreifen löst immer weitere Katastrophen aus, welche er dann zu beheben hat.
    Septerra Core lief zwar auf einen Endkampf hinaus, aber was die Geschichte schlussendlich abschloss, war eine Tätowierung und die Wiedererfüllung des Mythos', nicht der Tod.

  7. #27
    @ Ianus
    Faszinierend. Geh aber trotzdem einfach davon aus, dass wir verschiedene Hobbies haben und nicht jeder Deine überschwängliche Freude an fernöstlichen Mystikgeschichten teilt. Dann ergibt sich vielleicht sogar eine Basis, auf der zu reden lohnt.
    So bleibt mir nur möglich, auf die Reststumpfen einzugehen, und wie Du Dir denken kannst, sind das dann lediglich nur beispielentkleidete Allgemeinplätze (Der Kampf sei symbolisch zu sehen ...). Darum lasse ich das lieber.
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    Was den Konflikt zwischen dem reinen, zarten Guten und dem Bösen angeht - der wird bei japanischen Rollenspielen durch das Basara-Motiv minimal modifiziert, aber abgeändert wird er deswegen nicht.
    Ich bezog mich bei diesem Konflikt auf einige Märchenbücher, und fügte an, sie stehen nun nicht gerade für all das, was es noch an Handlungsmöglichkeiten gäbe. Wenn Du nun schreibst, dieser Konflikt werde in allen japanischen Rollenspielen immer und immer wieder unverändert als Erzählmotiv angeboten, kann ich das nur als zusätzliche Bestätigung der simplen Handlung in Spielen ansehen. Falls Du ein Gegenargument geplant haben solltest, versuche es einmal neu zu formulieren.

  8. #28
    Quote Originally Posted by real Troll View Post
    @ Ianus
    Faszinierend. Geh aber trotzdem einfach davon aus, dass wir verschiedene Hobbies haben und nicht jeder Deine überschwängliche Freude an fernöstlichen Mystikgeschichten teilt. Dann ergibt sich vielleicht sogar eine Basis, auf der zu reden lohnt.
    So bleibt mir nur möglich, auf die Reststumpfen einzugehen, und wie Du Dir denken kannst, sind das dann lediglich nur beispielentkleidete Allgemeinplätze (Der Kampf sei symbolisch zu sehen ...). Darum lasse ich das lieber.
    Das Spiegelmotiv ist nicht unbedingt rein asiatisch, weißt du. Auch im Sandmann spiegelt sich der Hauptcharakter in dem Robotermädchen und Schneewittchens Stiefmutter fragt den Spiegel, wer die Schönste im ganzen Land sei. Vampire haben kein Spiegelbild, die Medusa wurde durch ihr eigenes Bild getötet usw... .
    Der Punkt bei den Zwölf Königreichen war, dass man kontrolliert einen Tropfen Realismus in ein märchenhaftes Szenario einfließen ließ und die Verwerfungen beobachtet. Die märchenhaften Elemente klärten die Realien durch Spiegelungen.
    Etwas vergleichbares hat einer der vielem Manga über eine typische Videospielwelt, Shiinai Dark, ebenfalls gemacht. Das Szenario ist Märchenhaft, aber mit Einsprenkungen von Realien. Z.b. in der Art, wie ein Held erwählt wird und in der Interaktion der einzelnen Märchenkönigreiche. Die Mischung ergibt ein faszinierendes Aroma, IMO.
    Allerdings benötigen solche Erzählungen IMO ein gewisses versprachlichtes Verständnis der Stereotypen. Mir scheint, du bestreitest den Wert dieses in Worte fassbaren Erkenntnisses über die Geschichten, die wir hier konsumieren mit deiner Methode.

    Das Beispiel bei Utena bezog sich darauf, dass ein einfacher Konflikt mehr bedeuten kann, als einen weiteren Schritt zum nächsten Level-Up. Es ist eine Frage der Inszenierung. Kein normale Kampf - eigentlich nicht einmal die Bosskämpfe - sind in RPGS besonders bedeutungsschwanger. Man drückt einfach auf die Knöpfe, bis sich ein Gegner auflöst und das nächste Stück Handlung freigeschalten wird. Da würde mehr Potential stecken - das möchte ich mit dem Beispiel aufzeigen.

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    Ich bezog mich bei diesem Konflikt auf einige Märchenbücher, und fügte an, sie stehen nun nicht gerade für all das, was es noch an Handlungsmöglichkeiten gäbe. Wenn Du nun schreibst, dieser Konflikt werde in allen japanischen Rollenspielen immer und immer wieder unverändert als Erzählmotiv angeboten, kann ich das nur als zusätzliche Bestätigung der simplen Handlung in Spielen ansehen. Falls Du ein Gegenargument geplant haben solltest, versuche es einmal neu zu formulieren.
    Nein, ich finde deine Methode und deine Vorgehensweise durchaus sympathisch und vollkommen berechtigt. Ich habe einfach andere Ansichten darüber, wie man am besten mit der ganzen Materie arbeiten kann und ein Maximum daraus herausschlägt.

  9. #29
    Der Frage von Anschein, Suche unbd Identität mag kulturübergreifende Relevanz zukommen, doch ist man spätestens hier im Bereich der fast beliebig auslegbaren Gummiworte angekommen. Beispiele lieferst Du selbst, indem Realitätströpfchen in Fiktionen sogleich als Ausweis irgendwie gehaltvollerer Wesensart gedeutet werden. Nur weil ein Spiel Motive unserer heutigen Welt aufnimmt, wird es nicht zu einer lehrreichen Parabel.
    Ich glaube, was Du an Potential siehst, deutest Du selbst dort hinein. Zugegeben, in einer sophistisch veranlagten Runde mag es amüsant sein, sich gegenseitig mit Interpretationsangeboten zu übertrumpfen, was die Szene "Mann wird von Krokodil in den Schritt gebissen" eigentlich über das Ausmaß unserer postmodernen Vereinzelung aussagt, aber auch wenn sich unsere Fantasie über die Kläglichkeit des tatsächlichen Objekts erheben kann, sollte man sich doch bewusst machen, was lediglich Imagination und was tatsächlicher Gehalt ist.
    Wenn Spiele anregend genug auf Dich wirken, über sie hinauszugehen, ist das fein. Aber das Vermögen dazu kommt aus Dir, nicht aus dem unterhaltsamen Farbgedudel im Monitor.

  10. #30
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    Mehr noch: Fällt Dir eigentlich ein - ja, nur ein einziges - Rollenspiel (Computer oder Konsole) ein, dessen Ziel nicht darauf hinausläuft, den Oberbösewicht zu töten? Fasse beides zusammen und Du bemerkst vielleicht, was ich mit simpler Handlung meine.
    Jep !

    SW-KotoR 2 - Da bleibt Kreya/Darth Treya nachm Endkampf am Leben.

    ( Auch wenn se sich zugegebnermaßen danach selbst umbringt, indem sie auf dem zerberstenden planeten bleibt )

  11. #31
    Quote Originally Posted by real Troll View Post
    Der Frage von Anschein, Suche unbd Identität mag kulturübergreifende Relevanz zukommen, doch ist man spätestens hier im Bereich der fast beliebig auslegbaren Gummiworte angekommen. Beispiele lieferst Du selbst, indem Realitätströpfchen in Fiktionen sogleich als Ausweis irgendwie gehaltvollerer Wesensart gedeutet werden. Nur weil ein Spiel Motive unserer heutigen Welt aufnimmt, wird es nicht zu einer lehrreichen Parabel
    Ich glaube, was Du an Potential siehst, deutest Du selbst dort hinein. Zugegeben, in einer sophistisch veranlagten Runde mag es amüsant sein, sich gegenseitig mit Interpretationsangeboten zu übertrumpfen, was die Szene "Mann wird von Krokodil in den Schritt gebissen" eigentlich über das Ausmaß unserer postmodernen Vereinzelung aussagt, aber auch wenn sich unsere Fantasie über die Kläglichkeit des tatsächlichen Objekts erheben kann, sollte man sich doch bewusst machen, was lediglich Imagination und was tatsächlicher Gehalt ist.
    In den Beispielen, die ich gebracht habe? Kaum. Außerdem wurde die Vereinzelung schon von Ferdinand Tönnies beklagt, als er über Gemeinschaft und Gesellschaft schrieb. Der Rest ist einfach ein Reden über Geschmacksfragen. Man entschuldige, wenn ich die einzelnen Noten und deren Zusammenspiel manchmal schwammig benenne.
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    Wenn Spiele anregend genug auf Dich wirken, über sie hinauszugehen, ist das fein. Aber das Vermögen dazu kommt aus Dir, nicht aus dem unterhaltsamen Farbgedudel im Monitor.
    Weißt du, selbst in Pulp wird über Geschlechterfragen gesprochen.



    Und über die jeweilige Kultur sogar noch mehr. Die ganzen Stereotypen über den Wilden Westen, den Kampf des Mannes gegen die wilde Natur und was sonst noch da drinnen ist, wurde von den Autoren hinein gelegt. Unbewusst natürlich, aber der kulturelle Kontext ist trotzdem da.

  12. #32
    Geschlechterfragen sind zwar interessanter als Unterhaltungen über das Wetter, aber selbst akademisch verbrämtes gender-Fabulieren ist dann doch eher Tussie-Talk als facettenreich geschweige denn originell.
    Falls Dein Interesse Dich doch noch auf die Frage des Simpelgrades von Computerspielehandlungen zurücklenken sollte, nehme ich die Diskussion übrigens gerne wieder auf.

  13. #33
    Wenn das dein Vorschlag ist, gut.

    Quote Originally Posted by real Troll View Post
    Geschlechterfragen sind zwar interessanter als Unterhaltungen über das Wetter, aber selbst akademisch verbrämtes gender-Fabulieren ist dann doch eher Tussie-Talk als facettenreich geschweige denn originell.
    Nicht, wenn es darauf hinausläuft, dass man Frauen mit Waffengewalt aus Nazis-Sexlagern rettet oder seine Felder gegen eine Krabben-Invasion verteidigen muss. Die Facettierung liegt in der Bündelung von Stereotypen und diese sprechen den Leser/Spieler ungemein gut an.
    Du arbeitest in der Reise ins All ja auch gerne damit. Frauen vor dem Phantom der Oper retten? Duelle als Offizier austragen? Das sind Aufgaben, die in deinem Spiel Sinn machen, da sie sich in das gesamte Gewebe einfügen.

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    Falls Dein Interesse Dich doch noch auf die Frage des Simpelgrades von Computerspielehandlungen zurücklenken sollte, nehme ich die Diskussion übrigens gerne wieder auf.
    Das größte Problem, dass ich momentan sehe, ist das der Groß der Nutzer mit Stereotypen nicht so inutiv vertraut sind wie du. Das würde vielen Spielen gut tun und sie straffen. Man geht weniger davon aus, ob es Sinn macht und eher davon, ob es schon dagewesen war. Darum fühlt man sich z.B. beim Gelben Adler so, als würde man FFVI noch mal spielen. Nur schlechter. Denn das Esper-Kind, den Dieb, den verwöhnten Prinzen und seinen Bruder und all die anderen sind als Stereotypen sofort lesbar. Die Prinzessin im Gelben Adler nicht. Bei ihrer ersten Begleiterin war es noch krasser - da kam diese Frau in meine Party, und ich hatte keinen schimmer, was sie sein soll? Ist "Alleinerziehende Mutter" eine bekannte Klasse im Rollenspiel?

  14. #34
    @real Troll
    Ich finde der Film ist den Spielen viel näher als die Romane, deswegen würde ich eher ihn mit seinen ganzen Stilmitteln zum Vergleich heranziehen. Das ausschweifende Erzählen eines Romanes lässt sich nicht wirklich auf ein Spiel übertragen, es sei denn man greift zur Visual Novel, aber auch die ist einfacher geschrieben als normale Literatur und letztendlich sowieso kein Spiel mehr. Wie dem auch sei, eine Spielgeschichte ist mMn dann nicht mehr simpel, wenn sie über mehr hinausgeht als dem Spieler nur zu sagen wohin er als nächstes gehen soll. Demnach hat deine Allreise mit all ihrer Charakterinteraktion mMn auch keine einfache Geschichte mehr. Natürlich ist es möglich jede Geschichte auf einen Satz zu reduzieren (oder sogar nur auf ein Wort, vergleiche dazu mal die Theorie dieser Master Plots oder aus welchen Bausteinen Märchen bestehen, ich hab leider die Quellen schon wieder vergessen), aber damit schummelt man ja, nicht wahr? Man muss schon schauen was im Spiel tatsächlich alles erzählt wird.

    @Ianus
    Was die Stereotypen angeht sind wir dann aber wieder bei der Geschmacksfrage, denn die Allgemeinheit scheint mit ihnen keine großen Probleme zu haben und das kann ich sogar selber unterstreichen, denn ich hab auch kein Problem damit die x-te Eroge-Adaption mit ihren ganzen Bishoujo-Stereotypen anzuschauen, solange mir die Figuren sympathisch sind - was vielleicht gerade wegen ihrer Oberflächlichkeit der Fall ist. Naja, ehrlich gesagt bin ich im Laufe der Zeit auch schon kritischer geworden, aber prinzipiell bleibe ich dabei, Stereotypen sind schon in Ordnung. Das Problem bei den Makerspielen ist meistens, dass die Stereotypen nicht bewußt eingesetzt werden - das hast du ja auch selber gesagt - sondern dass sie nur nachgemacht werden.

  15. #35
    @ Ianus
    Ich halte Stereotypenbildung für einen sehr fruchtbaren Ausweg aus der Simpelklemme der Handlung. Es ist nur sehr schwierig darstellbar, wie sich ein Computerheld seine Welt denkend aneignet. Den schrulligen Charme eines "Herrn Lehmann" oder die wehmütige Vergänglichkeit im "Radetzkymarsch" kann ich mir nur als Buch denken; Spiele schaffen es nicht, in diesen Gütebreich vorzustoßen. Allenfalls könnte man einmal mit verschiedenen Farbgebungen experimentieren, um unterschiedliche Gemütsregungen des Helden anzuzeigen - Verliebtsein taucht natürlich alles in rosarot, Wut und Zorn lassen die Welt in dampfendem Rot erstrahlen, Neid ... tja, grün oder gelb? Mit Bildern ist aber nicht alles zu sagen und der Textmenge ist in einem Spiel aus guten Gründen eine Grenze gesetzt.
    Da man also kaum einen facettenreichen Helden während eines Spiels entwickeln kann, greift man eben direkt die Spielererwartungen auf und setzt ihnen etwas vor, das sie auch ohne einführende Bemerkungen annehmen können: Klischees und Stereotype. So bleiben wenigstens Reststumpfen und Ansätze von Charaktermerkmalen im Spiel und das Spiel kann ein Spiel bleiben, ohne sich als gescheiterte Romansimulation bewiesen zu müssen. Und mit ein wenig Ironie und ein paar eingestreuten Subtexten - so wie aktuell in "Sonnenschauer" - lassen sich die schlimmsten Auswüchse des Trivialen sogar umgehen. Simpel bleibt es trotzdem; das schließt meine "Allreise" natürlich mit ein.

    @ Kelven
    Klar sind Filme und Spiele verwandter, aber erstens geht es hier ja um generalisierende Aussagen (Sind Spielehandlungen thematisch beschränkt und vorhersagbar?), so dass es ganz gut tut, zu sehen, was eigentlich prinzipiell in anderen Medien möglich wäre und zweitens würde mMn eine reine Engführung zwischen Film und Spiel letzteres unnötig herunterziehen; ich halte Spiele für überlegender - zumindest wenn ich auf das für mich Wesentliche blicke, die Fähigkeit, zu unterhalten.
    Ich habe nun weder eine ausgereifte Theorie noch einen Kriterienbaukasten, um hier eine Messapparatur aufstellen zu können, die sagt, ab welchen Grenzwerten eine Handlung nicht mehr simpel, sondern ausgereifter oder sogar tiefgehend sei. Aber Dein Beispiel der Charakterinteraktion würde ich nicht als irgendwie wertsteigernd ansehen, wir reden hier schließlich, um beim konkreten Beispiel zu bleiben, von Männchenanklicken und gelegentlichem Einsatz von Zwischennachrichten für den Spieler.
    Um Spiele im Bereich Handlung aufzuwerten, müsste man genau das abschwächen, was diese Grenzen setzt: Gameplay. Und für mich sind gerade die Fragen des Spielzuschnitts der Hauptunterhaltungsquell bei einem Spiel. Aber Du hast ja selbst geschrieben, welche Sackgassen auf so eine Scheinalternative (spielbarer Roman) lauern.

  16. #36
    Quote Originally Posted by real Troll View Post
    @ Ianus
    Ich halte Stereotypenbildung für einen sehr fruchtbaren Ausweg aus der Simpelklemme der Handlung. Es ist nur sehr schwierig darstellbar, wie sich ein Computerheld seine Welt denkend aneignet. Den schrulligen Charme eines "Herrn Lehmann" oder die wehmütige Vergänglichkeit im "Radetzkymarsch" kann ich mir nur als Buch denken; Spiele schaffen es nicht, in diesen Gütebreich vorzustoßen. Allenfalls könnte man einmal mit verschiedenen Farbgebungen experimentieren, um unterschiedliche Gemütsregungen des Helden anzuzeigen - Verliebtsein taucht natürlich alles in rosarot, Wut und Zorn lassen die Welt in dampfendem Rot erstrahlen, Neid ... tja, grün oder gelb? Mit Bildern ist aber nicht alles zu sagen und der Textmenge ist in einem Spiel aus guten Gründen eine Grenze gesetzt.
    Wie der Held die Welt sich aneignet ist allerdings auch scheißegal. Der Spieler ist es, der sich die Welt aneignen sollte, deswegen die Stereotypen. Wenn du ähnlich des Romanes eine spezifische Sichtweise auf die Welt darstellen willst, so wirkt sich dies IMO auf das Spielsystem und die Darstellung aus. Aber um visuell, beim Schatz an Metaphern, auf eine Stufe mit einem klassischen Roman zu kommen, müsste man fast ein Spiel im Anleihen bei Max Ernst machen. Es gibt Paralellen zwischen moderner Kunst und dem Roman, aber wie Eingängig ist Une semaine de bonté denn?

    Ein gewisses Spiel mit Stereotypen würde auch einen Zugang zu einer tieferen Charakterzeichnung ermöglichen. Der Hauptcharakter im Mann Ohne Eigenschaften und einige Nebencharaktere definieren sich z.B. als Stereotypen und auch Dorian Grey und der Graf, der ihm so schlechten Rat erteilt definieren sich von sich selbst aus als Stereotypen. Im Falle von Dorian durchbricht er den seinigen aber z.B. durch seine ungemeine Liebenswürdigkeit.
    Den Unterschied zwischen der Art, wie man über jemanden spricht und wie er sich dann in der tatsächlichen Begegnung gibt hat IMO einen Raum, der auch für Spiele nutzbar wäre.

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    Da man also kaum einen facettenreichen Helden während eines Spiels entwickeln kann, greift man eben direkt die Spielererwartungen auf und setzt ihnen etwas vor, das sie auch ohne einführende Bemerkungen annehmen können: Klischees und Stereotype. So bleiben wenigstens Reststumpfen und Ansätze von Charaktermerkmalen im Spiel und das Spiel kann ein Spiel bleiben, ohne sich als gescheiterte Romansimulation bewiesen zu müssen. Und mit ein wenig Ironie und ein paar eingestreuten Subtexten - so wie aktuell in "Sonnenschauer" - lassen sich die schlimmsten Auswüchse des Trivialen sogar umgehen. Simpel bleibt es trotzdem; das schließt meine "Allreise" natürlich mit ein.
    Weißt du, es gibt auch einen Unterschied zwischen zitieren und erfüllen. Dein Hauptmann z.B. zitiert den Stereotyp des Hauptmannes nur, aber er erfüllt ihn nicht bis zur Gänze. Täte er dies, wäre das Spiel effektiv unerträglich, da er nur über Pferde, seine Kameraden und über schneidige Soldaten reden würde. Der Stereotyp ist bei dir schon dadurch gebrochen, dass du ihn an vielen Stellen an deine eigene Weltsicht angepasst hast anstatt ihn als ganzes zu erhalten. Das ist mehr als Ironie.

  17. #37
    @ Ianus
    Gerade weil es eben der Spieler mit seiner knopfdruckgesteuerten Figur ist, der sich die Welt erfahrbar macht, sind der Handlung enge Fesseln angelegt. Das ist gerade der Punkt. Die Handlung bewegt sich in den Gameplaygrenzen, die Enter, Pfeiltasten und ESC zulassen.
    Den Spieler auf seinen eigenen Erwartungshaltungen auflaufen zu lassen ist sicher eine Möglichkeit, eine überraschende Wendung einzubauen (Wer ist der Mörder? Ist Kuttenmann wirklich der Bösewicht?) aber dieses Mittel ist natürlich arg schematisch und verbraucht sich bei gehäuftem Einsatz zu schnell, als dass ihm nun gleich heilsbringende Qualitäten, die jeglicher Flachhheit sogleich olympische Höhen verliehen, zuzuschreiben wären.


    Quote Originally Posted by Ianus View Post
    Weißt du, es gibt auch einen Unterschied zwischen zitieren und erfüllen. Dein Hauptmann z.B. zitiert den Stereotyp des Hauptmannes nur, aber er erfüllt ihn nicht bis zur Gänze. Täte er dies, wäre das Spiel effektiv unerträglich, da er nur über Pferde, seine Kameraden und über schneidige Soldaten (...)
    Ich freue mich immer, wenn mir jemand erklärt, was ich eigentlich gemeint hatte. Was Du als beabsichtigtes Stereotyp zugrunde legst, geht allerdings fehl. Sicher, die Uniform blendet, auch der Casinojargon tut sein übriges. Aber bei Mackwitz habe ich mir den Spaß erlaubt, einen Standardschergen aus Filmen wie Indiana Jones oder der Quatermain-Reihe (ja, die richtig gute mit dem Schauspieltitanen R. Chamberlain) als Helden zu besetzen. Er ist weitaus bruch- und subtextloser, als Du meinst. Aber das sagte ich bereits, Du neigst dazu, die Welt als tiefensinnerfülltes Ganzes auffassen zu wollen und bläst so manches Ding über sein Maß auf. Der Hauptmann ist übrigens Leutnant, für ersteren ist er noch nicht 40-50jährig genug (Gewöhnlich stieg man damals nur sehr langsam im Rang auf).

    Quote Originally Posted by Ianus View Post
    ... dass du ihn an vielen Stellen an deine eigene Weltsicht angepasst hast ...
    Den Halbsatz hier fand ich am interessantesten. Ich meine nämlich, Rollenspiele folgen einer zu starken Eigenlogik, als dass sie eine größere Bandbreite an Weltbildern abbilden könnten. Sie setzen gestaltungsmächtige Individuen in den Mittelpunkt, Weltenretter, und reden so dem Wert des Einzelnen den Mund. Kollektivideologien von links lassen sich besser in Strategiespielen (Siedler, Civilization) einpflanzen, konservative Anschauungen kämen wohl erst dann zur Anwendung, wenn die Spiele so komplex werden, dass sie kaum noch überblick- und steuerbar wären; also gar nicht. Nimmt man das Material ernst, mit dem man arbeitet, muss man geradezu zwangsläufig einem RPG ordentlich Liberalismus einimpfen.

  18. #38
    Quote Originally Posted by real Troll View Post
    @ Ianus
    Gerade weil es eben der Spieler mit seiner knopfdruckgesteuerten Figur ist, der sich die Welt erfahrbar macht, sind der Handlung enge Fesseln angelegt. Das ist gerade der Punkt. Die Handlung bewegt sich in den Gameplaygrenzen, die Enter, Pfeiltasten und ESC zulassen.
    Den Spieler auf seinen eigenen Erwartungshaltungen auflaufen zu lassen ist sicher eine Möglichkeit, eine überraschende Wendung einzubauen (Wer ist der Mörder? Ist Kuttenmann wirklich der Bösewicht?) aber dieses Mittel ist natürlich arg schematisch und verbraucht sich bei gehäuftem Einsatz zu schnell, als dass ihm nun gleich heilsbringende Qualitäten, die jeglicher Flachhheit sogleich olympische Höhen verliehen, zuzuschreiben wären.
    Das Buch bewegt sich überhaupt nicht und der Film läuft nur von hinten nach vorne im immer gleichen Tempo ab. Trotzdem haben sie deiner Meinung nach mehr Potential? Die Tiefe kommt bei beiden nicht aus den Bedienungsmöglichkeiten.

    Es ist eine Möglichkeit, keine Lösung. Der Sinn von Stereotypen ist IMO ja, die Figur und die Handlung lesbar zu machen - es geht um den Einstieg, darum das der Spieler vertrautes entdeckt und aufspringt. Der Punkt des Absatzes war, dass Stereotypen IRL oft von Personen verwendet werden, um sich selbst zu charakterisieren. In welcher Art sie die Anforderungen des Stereotyps dann zu erfüllen suchen zeigt dann ihre Persönlichkeit. Jeder möchte ein Held sein, aber wie ist man Held, wenn keine Abenteuer da sind und und der Geldbeutel leer ist? Manche würden sich zu einem Held der Arbeit machen, andere zu einem Held des Widerstandes. In diesen Permutationen entsteht IMO Persönlichkeit.

    Wenn ich da z.B. an Humbert Humbert denke - er selbst gibt sich als gebildeter Europäer und das ganze Buch ist mehr oder weniger ein Versuch, das und seine Obsession mit Lolita unter einen Hut zu bringen. Er spricht als Gebildeter, er stellt sich nach Außen hin als Gebildeter dar und man kauft ihm das ab. Die meisten Leute handeln wie er. Stereotypen sind für echte Personen so etwas wie eine Hautbräune - sie möchten sie gerne und sie arbeiten darauf hin, aber sehr geht sie eben nicht. Unter der Zvilisationsmaske lauert die Natur und die wilden Säfte, um zwei weitere Stereotypen zu zitieren.
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    Ich freue mich immer, wenn mir jemand erklärt, was ich eigentlich gemeint hatte. Was Du als beabsichtigtes Stereotyp zugrunde legst, geht allerdings fehl. Sicher, die Uniform blendet, auch der Casinojargon tut sein übriges. Aber bei Mackwitz habe ich mir den Spaß erlaubt, einen Standardschergen aus Filmen wie Indiana Jones oder der Quatermain-Reihe (ja, die richtig gute mit dem Schauspieltitanen R. Chamberlain) als Helden zu besetzen. Er ist weitaus bruch- und subtextloser, als Du meinst. Aber das sagte ich bereits, Du neigst dazu, die Welt als tiefensinnerfülltes Ganzes auffassen zu wollen und bläst so manches Ding über sein Maß auf. Der Hauptmann ist übrigens Leutnant, für ersteren ist er noch nicht 40-50jährig genug (Gewöhnlich stieg man damals nur sehr langsam im Rang auf).
    Ich kenne nur den Inhalt meines eigenen Kopfes, weißt du. Ich bezog mich auf das 19. Jahrhundert und dessen Offiziersbilder. Für uns Österreicher sind das schneidige Leutnants mit süßen Mädels und der Woyzeck. Die Volksaufstände für die Demokratie und die Offiziere, welche diese unterstützten sind bei uns keine Berühmtheiten. Es wäre sowieso höchst bizarr für den modernen Geschmack, einen freimaurerischen Offizier o.Ä. zu präsentieren.

    Quote Quote
    Den Halbsatz hier fand ich am interessantesten. Ich meine nämlich, Rollenspiele folgen einer zu starken Eigenlogik, als dass sie eine größere Bandbreite an Weltbildern abbilden könnten. Sie setzen gestaltungsmächtige Individuen in den Mittelpunkt, Weltenretter, und reden so dem Wert des Einzelnen den Mund. Kollektivideologien von links lassen sich besser in Strategiespielen (Siedler, Civilization) einpflanzen, konservative Anschauungen kämen wohl erst dann zur Anwendung, wenn die Spiele so komplex werden, dass sie kaum noch überblick- und steuerbar wären; also gar nicht. Nimmt man das Material ernst, mit dem man arbeitet, muss man geradezu zwangsläufig einem RPG ordentlich Liberalismus einimpfen.
    Stimmt nicht unbedingt. Die linke Geschichtstheorie ist extrem stark deterministisch - bei ihnen gibt es keine Alternative. Eine linke Simulation würde eher beinhalten, dass man zwischen mehreren Interessengruppen jongliert und jedesmal bestraft wird, wenn man nicht die Linke unterstützt - denn so sehen sie die Welt.
    Wenn du die französische linke Ideologie nimmst, hast du ein noch stärker deterministisches Universum vor dir - denk nur mal an Michel Foucault und seiner unausweichlichen Entwicklung zu mehr Überwachung und Zwang.
    Liberalismus ist eine konservative Anschauung, btw, wir übersehen das nur, weil wir in einer extrem linken Situation leben. Die Zeit des Wirtschaftsliberalismus war eine sozial konservative und die Frucht des Liberalismus ist aus dem Boden erwachsen, den Machiavelli gepflügt hat. Im Kern hat der Liberalismus nichts gegen einen starken Staat, er besteht nur auf der Trennung zwischen einem Bereich des Individuums und einem des Staates. Diese Perspektive ist allerdings eher nebensächlich in Spielen, da der Staat in diesen Erzählungen eigentlich keine Rolle spielt.
    Die Geschichte als Geschichte großer, wirkungsmächtiger Personen ist ebenfalls eine konservative Perspektive. So erzählen all die rechten Historiker die Vergangenheit. Andererseits würde dies aber wiederum beihalten, dass man auch die Geschicke des "Bösen Gegners" lobt. Denn auch er ist eine wirkungsmächtige Persönlichkeit
    Liberal sind die Erzählungen in Spielen nur insofern, wie sie möglichst wenig Fremdeinfluss in die Geschichte zulassen wollen.

  19. #39
    @ Ianus
    Natürlich haben Bücher Gameplay. Du musst die Augäupfel möglichst koordiniert die Zeilen entlangwandern lassen und im Actionelement gilt es, im richtigen Moment umzublättern. Zum Glück lässt sich davon aber auch absehen, Bücher sind - im Unterschied zu Spielen - nicht vorrangig bedienungsorientiert. Es sei denn, die neuen E-Books müsste man schütteln, wenn sie wilde Abenteuersequenzen beschreiben, um weiterlesen zu können. Wie schon oft gesagt, können Spiele nur das erzählen, was sich steuern, lenken, anklicken lässt. Darin liegt im Unterschied zum Buch ihre Grenze der darstellbaren Thematik.
    Stereotypen sind in den flachen Ebenen der Spielehandlungen oft die einzigen wahrnehmbaren Erhebungen. Spiele können es sich kaum leisten, zart zu weben, sie müssen auf die plumpen (und sehr effektiven) Weltaneignungsmittel zurückgreifen, Stereotypen eben, um inmitten des Gameplay überhaupt handlungsrelavante Pflöcke einschlagen zu können, die der Spieler bemerkt.

    Siedler ist das linksradikalste Spiel, das ich kenne. Ein entpersönlichtes Kollektiv marschiert in strikter Planwirtschaft heilsgewiss gegen den Nachbarn, um auch ihn zu beglücken. Aber ich wusste schon immer, dass Kommunisten und Borgs keinen Grund hätten, miteinander zu fremdeln.
    Liberal und konservativ mag vom Ypsilanti-Standpunkt sicherlich alles eine Sauce sein, aber falls Du irgendwann die Muße hast, die Methodik beider Anschauungen zu vergleichen, wirst Du womöglich einen Unterschied bemerken. Einen fundamentalen sogar.

  20. #40
    Quote Originally Posted by real Troll View Post
    Zum Glück lässt sich davon aber auch absehen, Bücher sind - im Unterschied zu Spielen - nicht vorrangig bedienungsorientiert. Es sei denn, die neuen E-Books müsste man schütteln, wenn sie wilde Abenteuersequenzen beschreiben, um weiterlesen zu können. Wie schon oft gesagt, können Spiele nur das erzählen, was sich steuern, lenken, anklicken lässt. Darin liegt im Unterschied zum Buch ihre Grenze der darstellbaren Thematik.
    Und warum das? Bzw wieso sollte es eine Grenze für die Dinge geben, die man anklickbar gestalten kann und wo liegt die?

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