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Thema: Spiel-Tutorial

Hybrid-Darstellung

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  1. #1
    Grob gesehen - man kann's natürlich nicht pauschalisieren - sind japanische Rollenspiele viel weniger interaktiv als die westlichen und ähneln wie gesagt einem Film, der weiterläuft, wenn der Spieler die Gameplay-Aufgaben gelöst hat. Folglich steht die Handlung bei japanischen Spielen stärker im Vordergrund als bei den westlichen. Es gibt noch weitere Merkmale wie vorgegebene Charaktere (bei westlichen Spielen kann man die Figuren häufig selber zusammenbasteln) und weniger einheitlichen Settings (westliche Spiele greifen gerne zur Standardfantasy).

  2. #2
    Zitat Zitat von Glacier Beitrag anzeigen
    Könntest du etwas mehr zu dem Konzept japanischer Rollenspiele sagen?
    Westliche Rollenspiele bar jeglicher Simulation=Östliches Rollenspiel. Danach musst du damit leben, dass sie sich auf eine andere Kultur beziehen und vor Adaptionen nicht zurück schrecken. Denk nur mal, was für einen Aufstand es gab, als Romeo&Julia in einem mexikanischen Setting verfilmt wurde - solche Sachen sind ganz normal für japanische Popkultur.

    Zitat Zitat
    Spiele benötigen Handlungen, in denen Konflikte veräußerlicht werden. Natürlich gibt es auch dort Helden, die an sich oder ihrer Welt leiden, aber letztlich defininieren sie sich ausschließlich über ihre Taten. Reine Tatmenschen eben. Wie könnte auch anderes spielbar gestaltet werden? Die Welt muss als Raster, als in Level einteilbare Teilstücksammlung funktionieren, die der Spieler auf Knopfdruck meistert. Das Simple der Handlung folgt daraus.
    Auch ein Märchen - die klassische Geschichte über Tatmenschen - profitiert davon, gut durchgeplant und abgestimmt worden zu sein. Wäre der Sandmann nicht gut durchkomponiert, hätten wir das Motiv des Augenhorrors (Blutrote dämonische Augen, usw) vermutlich überhaupt nicht in unserem Reportair. Die Veräußerlichung bietet auch eine Reihe von Möglichkeiten - ich denke da z.B. an den Anime der Zwölf Königreiche, wo alle Konflikte aus dem Kopf der Heldin auf konkrete Personen verschoben wurden. Oder an Utena, wo der Konflikt total in einer pompösen Zeremonie in einem riesigen Schloss veräußerlicht wurde.
    Selbst der Werther veräußerlicht seine Konflikte in Schlafwandeln und Naturerlebnissen. Wenn du die totale erzählerische Innenperspektive suchst, dann kommst du am Roman an, von dem Kelven gewarnt hat. Auf der Suche nach der Verlorenen Zeit und der Mann ohne Eigenschaften sind keine guten Vorbilder für Spiele, klar. Aber davor ist man gewarnt worden.

  3. #3
    @ Ianus
    Folgen also alle Bücher dem Schneewittchen-Prinzip? Ist ein Buch nie etwas anderes als eine Geschichte über die - letztlich körperliche - Auseinandersetzung zwischen dem reinen, zarten Guten und seinem Widerpart? Da ich schon so frage, liefere ich arglistig suggerierend die Antwort schon mit: Wohl kaum. Die Bandbreite der Themen ist weiter gesteckt, eben weil sich kein Autor mit der Fessel plagen muss, sein Geschriebenes auch in einem nachspielbaren Zuschnitt zu liefern.
    Mehr noch: Fällt Dir eigentlich ein - ja, nur ein einziges - Rollenspiel (Computer oder Konsole) ein, dessen Ziel nicht darauf hinausläuft, den Oberbösewicht zu töten? Fasse beides zusammen und Du bemerkst vielleicht, was ich mit simpler Handlung meine.

    Wie wenig schlimm ich das bei einem Spiel finde, habe ich ja bereits geschrieben.

  4. #4
    Eine simple Spielstory besitzen Spiele wie Diablo, Zelda oder Shooter. Es wird kaum was gesagt, es wird keine Geschichte erzählt, man weiß nur, dass es eine Bedrohung gibt, die man ausschalten muss. "Das da ist dein Feind. Töte ihn". Alles andere sind für mich schon keine simplen Spielstories mehr. Ein Vergleich mit Literatur ist mMn unangebracht und wenn du Spiele schon mit einem völlig anderen Medien vergleichst, müsstest du Groschenromane für den Vergleich heranziehen. Spiele richten sich an Teenager und junge Erwachse, an die Leute, die Popkornkino anschauen, nicht an Faust-Leser.

    Mal abgesehen davon machst du es dir sehr einfach, wenn du eine Geschichte nur auf ihr Ende reduzierst. Der Kampf gegen den Oberbösewicht ist der gameplaytechnische Höhepunkt, nicht der handlungstechnische. Es gibt ihn nur, weil die ganzen Video-Rollenspiele so stark auf's Kämpfen ausgelegt sind. Bei Ultima IV oder Ultima VI muss man btw. gegen keinen Oberbösewicht kämpfen, wenn ich mich nicht irre. Bei U4 muss der Held alle Tugenden meistern, um zum Avatar aufzusteigen und bei U6 muss der Held Menschen und Gargoyles miteinander versöhnen. Die Spiele sind aber auch eher die von Ianus angesprochenen Simulationen (eben westliche RPGs). Ich bin jedenfalls der Meinung, dass in einem Spiel der Weg viel wichtiger als das Ziel ist und bei ihm trennt sich auch die Spreu vom Weizen.

  5. #5
    Ein Vergleich zur Literatur ist keineswegs unangebracht. Wenn man sich zum Handlungsgehalt von Spielen äußert, benötigt man natürlich Vergleichswerte, um überhaupt Kriterien zu haben. Spiele nur mit Spielen zu vergleichen, wäre sehr selbstreferentiell und nabelschaubesessen. Wie Du ja selbst sagst, sind Spiele stark auf das Kämpfen konzentriert und schöpfen daher nur einen Teil dessen ab, was prinzipiell an erzählter Geschichte möglich wäre. Eben diese Möglichkeiten bekommt man in den Blick, indem man auf andere Medien schaut. Und dass man beim Begriff "Literatur" nicht gleich vor Ehrfrucht erschauern muss, zeigt Dein Beispiel mit Groschenheftchen oder anderer Bahnhofslektüre. Allerdings gibt es auch mehr - weitaus mehr.

    Und dieses Mehr kommt in Spielen nicht vor - oder kaum vor, wie ich gerade aus Deinen Ultimabeispielen gelernt habe. Warum, habe ich schon ausgeführt. Wenn Du nun schreibst, in einem Spiel sei der Weg wichtiger als das Ziel, stimme ich Dir vollkommen zu, wenngleich ich das in einem anderen Sinn äußere. Bei mir heißt das: Fadenscheinige Nothandlung (Ziel) reicht vollkommen aus, solange das Gameplay (Weg) stimmt. Und aus den genannten Gründen erwarte ich von einer Handlung auch prinzipiell nicht allzu viel. Ich bin genügsam, kann selten enttäuscht werden und versuche, ein Computerspiel nicht mit Unleistbarem zu überfordern.

  6. #6
    Zitat Zitat von real Troll Beitrag anzeigen
    @ Ianus
    Folgen also alle Bücher dem Schneewittchen-Prinzip? Ist ein Buch nie etwas anderes als eine Geschichte über die - letztlich körperliche - Auseinandersetzung zwischen dem reinen, zarten Guten und seinem Widerpart? Da ich schon so frage, liefere ich arglistig suggerierend die Antwort schon mit: Wohl kaum. Die Bandbreite der Themen ist weiter gesteckt, eben weil sich kein Autor mit der Fessel plagen muss, sein Geschriebenes auch in einem nachspielbaren Zuschnitt zu liefern.
    Youko war nicht unbedingt gut oder entschlossen und ihr märchenhaftes Einhorn ist extrem befangen gegenüber allen anderen Wesen. Der aus Japan stammende König des nächsten Königreiches war recht brutal, zwei andere fanatisch, der nächste und sein Kirin schwul. Gerade mal eine der präsentierten Herrscher könnte man als weise bezeichnen, aber ihre Weisheit hatte Kanten und Spitzen. Die Veräußerlichung lief auch nicht unbedingt auf Gewalt hinaus - Aozaru tat Youko keine Gewalt an, er spiegelte nur ihr Inneres und die Kirin und Youkai machten den Zustand eines Reiches sichtbar. Die Handlung entwickelt sich in der Spiegelung und Wieder-Spiegelung, nicht unbedingt im körperlichen Konflikt.

    Bei Utena war das Duell symbolisch, da das Ziel der Schwerter schlussendlich die Rose und über sie hinaus die Unterwerfug einer dritten Person war.

    Was die Schnittmengen zwischen Märchen und Rollenspielen angeht, wollte ich hier einen riesigen Text setzen. Aber es lohnt sich in meinen Augen im Moment nicht, da du dich im Kern sowieso der Märchenmethode bedienst.

    Was den Konflikt zwischen dem reinen, zarten Guten und dem Bösen angeht - der wird bei japanischen Rollenspielen durch das Basara-Motiv minimal modifiziert, aber abgeändert wird er deswegen nicht.
    Zitat Zitat
    Mehr noch: Fällt Dir eigentlich ein - ja, nur ein einziges - Rollenspiel (Computer oder Konsole) ein, dessen Ziel nicht darauf hinausläuft, den Oberbösewicht zu töten? Fasse beides zusammen und Du bemerkst vielleicht, was ich mit simpler Handlung meine.

    Wie wenig schlimm ich das bei einem Spiel finde, habe ich ja bereits geschrieben.
    Planescape: Tornment. Den Obermotz zu töten verflucht den Charakter und seine Begleiter. Das beste Ende beinhaltet allerdings immer noch, das die gestörte Ordnung wieder hergestellt wird. In Ultima verhält sich der Avatar wie ein Stein, der ins Wasser geworfen wurde. Sein Eingreifen löst immer weitere Katastrophen aus, welche er dann zu beheben hat.
    Septerra Core lief zwar auf einen Endkampf hinaus, aber was die Geschichte schlussendlich abschloss, war eine Tätowierung und die Wiedererfüllung des Mythos', nicht der Tod.

  7. #7
    @ Ianus
    Faszinierend. Geh aber trotzdem einfach davon aus, dass wir verschiedene Hobbies haben und nicht jeder Deine überschwängliche Freude an fernöstlichen Mystikgeschichten teilt. Dann ergibt sich vielleicht sogar eine Basis, auf der zu reden lohnt.
    So bleibt mir nur möglich, auf die Reststumpfen einzugehen, und wie Du Dir denken kannst, sind das dann lediglich nur beispielentkleidete Allgemeinplätze (Der Kampf sei symbolisch zu sehen ...). Darum lasse ich das lieber.
    Zitat Zitat
    Was den Konflikt zwischen dem reinen, zarten Guten und dem Bösen angeht - der wird bei japanischen Rollenspielen durch das Basara-Motiv minimal modifiziert, aber abgeändert wird er deswegen nicht.
    Ich bezog mich bei diesem Konflikt auf einige Märchenbücher, und fügte an, sie stehen nun nicht gerade für all das, was es noch an Handlungsmöglichkeiten gäbe. Wenn Du nun schreibst, dieser Konflikt werde in allen japanischen Rollenspielen immer und immer wieder unverändert als Erzählmotiv angeboten, kann ich das nur als zusätzliche Bestätigung der simplen Handlung in Spielen ansehen. Falls Du ein Gegenargument geplant haben solltest, versuche es einmal neu zu formulieren.

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