Auf die Umsetzung kommt es an. Das ist genauso richtig, wie zu sagen, gut gemeint sei noch lange nicht gut gemacht. Sätze, die immer stimmen, weil sie so viel Aussagekraft haben wie eine Packung Waberwatte. Was sind denn Knackpunkte, die es umzusetzen gilt? Ich habe einmal überlegt, warum mir bestimmte Spiele so langweilig und zäh vorkamen und versucht, das auf ein paar grundlegende Gameplaybestandteile samt deren Umsetzung zurückzuführen.
Es ist viel Text, es ist natürlich stark von meinem Geschmack geprägt, aber vielleicht liest (und ergänzt) es ja jemand.


Kämpfe
Je kampflastiger das Spiel ist, desto mehr muss das Kampfsystem überzeugen. Actionreiches in Echtzeit hat den Vorteil, dass kaum ein Spieler gemütlich in sich zusammengesunken vor dem Rechner sitzt und per lässiger Einhandsteuerung seine Helden lenkt. Stattdessen fiebert er mit. So ein KS muss man natürlich erst einmal bugfrei hinbekommen. Rundenkämpfe sind da oftmals einfacher in Szene zu setzen, aber da kommt es sehr darauf an, dass der Spieler unter Spannung gehalten wird, was denn die nächste Kampfrunde wohl bringt.
Mit Monstern, die sich immer gleich verhalten, wird das kaum gelingen. Solange die Gegner aber nicht nur unterschiedlich aussehen, sondern auch unterschiedlich agieren, Stärken und Schwächen haben, die ein taktisches Vorgehen des Spielers spürbar belohnen, auf die Partystärke abgestimmt sind und hin und wieder ein Feind auftritt, der die Party gehörig durcheinanderwirbelt, sind Kämpfe mehr als spielzeitstreckende Dauer-Enter-Orgien.


Laufwege
Zahlreiche Nebenaufgaben beginnen so: "Bringe diesen Gegenstand zu ...". Das ist an sich nicht schlimm, wird aber schnell wenig unterhaltsam, wenn gehörige Entfernungen dazwischenliegen und beim Hin- und Hermarsch nichts weiter passiert. Reine Durchlaufmaps können zwar beim Spieler die Illusion einer großen Welt erwecken, langweilen aber schnell, wenn sie weder Blickfänger noch Abwechslung unterhalten. Rennt der Spieler zudem noch mit langsamer Laufgeschwindigkeit durch so eine Welt, wird der Weg von A nach B, den er womöglich schnell hinter sich bringen möchte, weil der Weg selbst ja nicht sehr aufregend ist, zur nervlichen Tortur.
Der beherzte Einsatz einer Weltkarte hilft natürlich ungemein, dem Spieler ereignislose Lauferei zu ersparen und beugt Spielzeitschinderei vor. Aber man kann als Entwickler auch so ansetzen, dass man sich vor dem Erstellen einer neuen Map regelmäßig fragt: Wozu brauche ich die eigentlich? Lautet die Antwort lediglich, kann ja nicht schaden, eine neue Map zu haben, ist sie deshalb zwar nicht gleich furchtbar schlimm, aber eben potentiell überflüssig – eine reine Laufmap eben, mit der Projekt- und Spielweltgröße aufgepumpt werden können. Versuch einer Faustregel: Wenn mehr als ¼ der Maps aus so etwas bestehen, hat man genügend Kram zum Wegkürzen.


Orientierungslosigkeit
Sagt dem Spieler, was er machen soll und geht am besten davon aus, er verfüge über eine siebartige Gedächtnisstruktur. Also sagt es ihm ruhig zweimal. Wer seinen letzten Auftrag vergessen hat, nicht mehr weiß, in welches Haus der großen Stadt der gefundene Goldpokal gebracht werden soll, keinen Zugang zur Haupthandlung findet, weil der einzige Stichwortgeber einer von 15 NPC in der Bar ist, die allesamt derart langweilig „Schönes Wetter, heute“ sagen, dass man irgendwann aufgibt, mit ihnen reden zu wollen, schafft sich damit einen Spieler an den Hals, der zunehmend lustloser nach dem Zufallsprinzip noch ein paar Dinge anklickt, irgendwann auch noch den letzten Rest an Spannung verliert (kann je nach Naturell in Langeweile oder Ärger umschlagen) und schließlich das Programm verlässt. Die schönsten Rätsel und Kämpfe nützen nichts, wenn sie niemand findet.
Wichtige, auslösende Ereignisse sollte man tunlichst so positionieren, dass der Spieler schon darüber stolpert. Außerdem hilft es, gerade bei vielen Nebenrätseln, ein Aufgabenbuch zu verwenden, das für Übersicht sorgt. Und die Auftraggeber können zugleich als Gedächtnisstütze für den Spieler verwendet werden, indem sie beispielsweise nicht nur „Bringe diesen Pokal zu Fred“ sagen, sondern „Bringe diesen Pokal zu Fred in seiner Mühle am Fluss.“ Das hilft auch sehr, sich wieder ins Spiel zu finden, wenn man einmal eine Spielpause von 2-3 Tagen eingelegt hat; ein Phänomen, das viele Entwickler gar nicht glauben wollen, aber ja, es stimmt: Nicht alle Spieler hängen 17 Stunden nonstop am Rechner, um diese Perle der Scriptkunst in einem Ruck durchzuspielen.


Objektdichte
Sollte man in jeden Schrank, auf jeden Tisch, in jedes Regal irgendetwas stellen, das die Helden finden können? Geschmackssache. Wer das macht, belohnt den Finderehrgeiz. Wer das lässt, kommt schneller mit seinem Projekt voran.
Wirklich übel ist aber eine Zwischenlösung, bei der die meisten Dinge nur als kommentarloser Raumschmuck existieren, aber in einem von zehn Fällen plötzlich doch etwas enthalten. Spieler, die auf zehn Funde kommen wollen, müssten dann 90 mal gezielt umsonst die Umgebung anklicken. Das nervt, lähmt und frustriert.
Wer nicht alles voll packen möchte, sollte da doch lieber auf Gegenstände zurückgreifen, die dem Spieler klar signalisieren: Hier könnte etwas sein, Truhen zum Beispiel oder man stellt die kleinen Schätze so dar, dass sie sich von der reinen Umgebungszier grafisch etwas abheben.


Aktiv-Passiv-Verhältnis
Rollenspiele wollen eine Geschichte erzählen, früher oder später kommt also Text ins Spiel. Wie viel Text? Am besten beginnt man mit einer möglichst realistischen Selbsteinschätzung und fragt sich: Bin ich ein guter Erzähler? Wenn der Freundeskreis schon gähnt, sobald überhaupt die Gefahr besteht, dass man selber etwas sagen möchte, ist das ein gewisses Indiz, das man ruhig ernst nehmen sollte. In dem Fall kann man sich in seinem Projekt gerne mal etwas kürzer fassen.
Je mehr die Geschichte erspielt wird, je weniger sie dem Spieler vorgesetzt wird, desto mehr ähnelt das eigene Projekt auch einem Spiel und weniger einem digitalen Roman. Das fängt beim Intro an. Meine Schmerzgrenze liegt bei 2 Minuten. Danach werde ich quengelig. Bei 5 Minuten bleibe ich nur bei der Stange, wenn ein ordentliches Effektgewitter über den Monitor donnert und zehnminütige Einführungen habe ich in einem Makerspiel noch nie zu Ende angesehen. Ich möchte schließlich etwas spielen und nicht dem Entwickler bei seinem Spiel zusehen.
Im Spielverlauf selbst setzt sich das mit noch weitaus niedrigeren Toleranzwerten fort. Als Spieler hat man andere Erwartungen denn als Leser. Schon der Begriff Gameplay legt nahe, dass der Spielzuschnitt die Gewichtung deutlich auf die aktive Seite legen sollte. Längere Textpassagen wirken da schnell als Spielunterbrechung und können Ungeduld oder Langeweile bewirken. Das, was erzählt wird, lässt sich in den meisten Fällen auch in erspielbare Häppchen zerlegen.
Beispiele:
A)
Ein alter Magier erzählt den Helden, wie vor 50 Jahren der Magierturm von den Horden des Bösen berannt wurde. Statt nun 20 Textboxen hintereinander zu schalten, wechselt man einfach die Party aus und lässt den Spieler die Geschichte aus der Sicht des (damals jungen) Magiers spielen. Zum Schluss gibt es noch Erfahrungspunkte für aufmerksames Zuhören.
B)
Viele Fantasywelten legen Wert darauf, unbedingt ein ausgefeiltes Pantheon verschiedener Gottheiten samt langwierigen Erklärungen, wie die Magie in die Welt kam, bereitzuhalten. Das muss nicht im Intro erzählt werden, dafür gibt es Bibliotheken, die der Spieler bei Bedarf aufsuchen und selbst entscheiden kann, wie viel er davon und wie genau er das nun wissen möchte.
C)
Die Weisen der Welt beraten mit den Helden, was zu tun sei, um den bösen Dämon zu stoppen. Üblicherweise steht dann ein Tisch in einem Raum, um den viele Leute gruppiert sind, die der Reihe nach alle etwas zu sagen haben und reden, reden, reden, weil der Entwickler unbedingt noch ein paar mystische Verweise auf seine ausgefeilte Hintergrundgeschichte einstreuen möchte, die wahrscheinlich nur deshalb so ausgefeilt wurde, um Szenen wie diese zu strecken. Kürzen. Und das, was übrigbleibt, wird aufgelockert, indem den Helden per Dialogauswahlfenster alle drei Textboxlängen die Möglichkeit gegeben wird, je nach Wahl des Spielers ihren Senf dazuzugeben. Dann bleibt er aktiv bei der Sache und ist Teil der Beratung, statt zunehmend gelangweilter äußerer Betrachter.
Posen, Figurenbewegungen, Emotionsblasen, Sondereffekte und dergleichen sollte man auch ruhig einsetzen, um längeren Texten das Starre auszutreiben.