Die Frage erscheint mir im Grunde relativ einfach: Die Grenze gibt der gesetzliche Rahmen vor, der so etwas Übles wie das von dir skizzierte Beispiel sofort ausschließt. Natürlich wissen die Entwickler aber, dass sie etwas, das sich hart an der Grenze oder bloß spürbar in diese Richtung bewegt, wohl kaum an ein Massenpublikum verkaufen können. Das schließt sich bei Projekten, in die so viel Geld geflossen ist wie Xenoblade Chronicles X, praktisch schon gegenseitig aus. Schwierig wird es hingegen, wenn der Faktor Populismus bedeutsam wird und aufgrund von ein paar ggf. sogar arglosen Fällen besagte Gesetzeslage (die eben auch nicht immer optimal oder aber schwammig formuliert ist) verschoben wird. Habe nicht behauptet, schrankenloser Liberalismus wäre die Lösung und alles findet sich schon von selbst. Nur ist die Sache leider die: Wenn es einmal restriktiver gemacht wurde, ist es äußerst unwahrscheinlich, dass es jemals in absehbarer Zeit wieder gelockert wird. Daher gibts eine Tendenz zu immer mehr Einschränkung, gerade auf diesem Gebiet, bei dem extreme Meinungen häufig anzutreffen sind. Diese Entwicklung besorgt mich. Weit mehr als eine zweifelhafte Kostümwahl in einem Videospiel, die manch einer, teils aus guten Gründen, geschmacklos finden könnte.
Find ich ja völlig legitim. Aber dann bitte auch global (im doppelten Sinne) angewendet. "Erlaubt" ist so etwas wie der vorliegende Fall soweit mir bekannt ist auch bei uns. Wie schon gesagt, dann hätten sie es von vornherein nicht einbauen sollen, wenn sie irgendwo in wichtigen Märkten Probleme antizipieren - auch in Japan nicht. Aber wenn mal wieder etwas geändert bzw. gestrichen wird, bekommen das die Spieler und potentiellen Kunden in Zeiten des Internets nunmal mit. Da erscheint es mir berechtigt, sich drüber zu beschweren, sogar ganz unabhängig vom Inhalt. Wie Narcissu es formuliert hat: Als Konsument wird man dann bevormundet und erlebt das Spiel in einer vom Original abweichenden Form, nur weil man in der "falschen" Region lebt.Zitat
Mehr Grund als den, dass es Menschen gibt, die das mögen oder interessant finden, und das nicht immer aus den gleich gelagerten Gründen (ist es zwar oft, aber muss nicht grundsätzlich oder vorrangig sexuell sein), braucht es gar nicht. Selbst wenn ich es in vielen Zusammenhängen nicht leiden kann, möchte ich solchem "Fanservice" nicht kategorisch die Existenzberechtigung absprechen.Zitat
Heh, ich sehe das im Grunde genau andersherum und denke, dass Tabuisierung und der zumeist äußerst einseitig stattfindende öffentliche Diskurs das untermauern. Wenn liberalere Strömungen von Toleranz sprechen, dann bezieht sich das normalerweise auf alle Beteiligten. Bedenken werden ernst genommen, aber eben anders beurteilt. Es geht nicht um Anarchie und jeder kann machen, was er will. Diejenigen, die von einem Detail wie dem in Xenoblade CX dermaßen angewidert sind, dass sie alles Vergleichbare am liebsten gleich abschaffen würden (dabei hat Japan noch ganz andere Stufen von Fragwürdigkeit hervorgebracht), sind die, die ihre Sichtweise als einzig richtige, als moralische Überlegenheit definieren, und dabei keinen Gedanken an weiterführende negative Folgen für Freiheit und Gesellschaft verschwenden. Dass eine prinzipielle Position gegen Zensur alle Zweifel automatisch ausschaltet, glaube ich nicht. Darum ging es in diesem Beispiel auch gar nicht, sondern darum, dass wir eine gekürzte, eine andere Version als die japanische bekommen (was wie beschrieben auch den Chara-Editor mit einschließt). Wenn man aber schon den Ursprung der Auseinandersetzung, eben jene Darstellung, zumindest für weniger wahnsinnig dramatisch und verwerflich hält (dazu würde ich mich zählen, auch ohne das direkt gutzuheißen) als anscheinend manch anderer, dann gibts erst Recht kaum Vorbehalte, sich gegen die Zensur auszusprechen.
Unabhängig von den tatsächlichen Ablehnungsgründen war mein erster Gedanke dabei, dass es eben auch weibliche Zockerinnen gibt, die sich einen Avatar gerne entsprechend ihrer eigenen Physiologie - oder eben bewusst davon abweichend - zusammenbasteln würden, und das hier nun nicht mehr im selben Maße tun können werden wie das japanische Publikum. Gilt natürlich ebenso für Kerle, die in die Rolle des anderen Geschlechts schlüpfen wollen. Da seitens Nintendo gleich wieder mit "Sex-Objekten" zu kommen, wäre schon total daneben und an der Sache vorbei. Hat viel mehr mit Realismus, Entscheidungsfreiheit und Immersion zu tun.Zitat
Genau das ist der Punkt.Zitat
Wenn die Verantwortlichen in solchen Situationen wenigstens einen kühlen Kopf bewahren und nicht überreagieren, sondern beschwichtigen würden, wäre so viel gewonnen. Ich persönlich hab zum Beispiel aus Prinzip eher ein Problem damit, dass etwas herausgenommen wird, für das keine Form von Ersatz oder Mehrwert wieder hereinkommt. Wenn sie das Bikini-Kostüm, das sowieso nicht toll und von vielen als problematisch empfunden wird löschen, wie wäre es stattdessen mit einem neuen (und weniger aneckenden) Outfit, exklusiv für den Westen? Das ließe sich notfalls auch später noch als kostenpflichtiger DLC für die Japaner anbieten, und alle wären glücklich. Dual Audio empfände ich als eine wunderbare und mehr als ausreichende Entschädigung für den abgespeckten Charakter-Editor. Was mich stört ist die Tatsache, dass Nintendo hier keinerlei Feingefühl gegenüber Fans und potentiellen Kunden zeigt, sondern völlig über ihre Köpfe hinweg entscheidet, sie einfach (gegenüber dem Heimatmarkt) zu benachteiligen. Ist jetzt nix Neues, und kommt bei diversen anderen Herstellern ebenso vor, aber trotzdem jedes Mal erneut ein Grund zum Verdruss.
Das kommt auf den jeweiligen Spieler an. Ausschließen, dass ich Lust drauf gehabt hätte, mit einer weiblichen Figur zu spielen, bei der diese Option anfangs zum Tragen gekommen wäre, kann ich nicht. Andere legen vielleicht gerade darauf Wert. In jedem Fall ist es ein nice-to-have Feature, das aus nicht nachvollziehbaren Gründen gestrichen wurde.Zitat
Leider können die Vorstellungen der Entwickler/Publisher in beiden Bereichen falsch sein, wie die letzten Jahrzehnte immer wieder gezeigt haben, erst Recht wenn sie vorwiegend aus einem anderen Kulturkreis kommen, also nur eine Sicht von Außen haben. Wäre nicht das erste Mal, dass ein Square Enix seine Spiele verschlimmbessert, weil sie glauben zu wissen, was die Leute im "Westen" mögen, und dabei völlig übersehen, dass es gerade die japanischen Eigentümlichkeiten waren, die eine Menge von dem ursprünglichen Charme ausmachten. Wenn so etwas dann auch noch mit übertriebener Vorsicht gegenüber der Gesellschaft geschieht, wirds imho richtig unangenehm. Siehe unter anderem Religion. Wie viele Spiele oder spannende Konzepte wir schon verpasst haben, weil die Firmen davor zurückschreckten, Material zu veröffentlichen, das eventuell als kritisch gegenüber Christentum und anderen verstanden werden kann. Es muss nichtmal so deutlich sein, denn Nintendo hat einen langen Track Record darin, in vielen Spielen jede noch so kleine Anspielung (zum Beispiel Kreuze) für den Rest der Welt herauszulöschen. Oder nimm solche Dinge wie Alkohol - mir fallen da Szenen von Spielen ein, die die darin vorkommenden Geschichten und Charaktere viel nachvollziehbarer und besser gemacht haben, aber auf Anordnung des Unternehmens hin in anderen Regionen editiert werden mussten. In Final Fantasy VI wurden aus Pubs gar Cafés gemacht, for fucks sake ^^ Xenoblade CX seh ich nur als eine Fortführung von Nintendos Hang zu übermäßiger Political Correctness.Zitat
Exakt. Und würde man alles Legale einstampfen, was eventuell von Menschen mit solchen Neigungen zweckentfremdet oder anders interpretiert und konsumiert wird, ihr glaubt gar nicht, wie viel ärmer unsere Kultur werden und was für weite Kreise in allen Lebensbereichen das ziehen würde. In so einer grauen, restriktiven, angepassten Gesellschaft würde ich nicht leben wollen.