Gespannt auf Shining in the Darkness war ich schon lange – immerhin ist es der erste Teil einer großen Serie (wenn auch nicht unbedingt der repräsentativste), und eine Art von Spiel, mit der ich mich vorher nicht viel beschäftigt habe: ein reinrassiger Dungeon-Crawler. Während Phantasy Star diese Dungeon-Crawler-Elemente ebenfalls besaß, war es außerhalb der Dungeons ein klassisches RPG mit einer Weltkarte, Städten, NPCs, verschiedenen Fortbewegungsmitteln und viel Freiheit. Shining in the Darkness ist außerhalb der Dungeons rein menügesteuert und bietet nur eine Schloss (Storyevents) und ein kleines Dorf (Inn/Bar, Kirche, Items, Rüstungen, Waffen).Vom Umfang her ist Shining in the Darkness auch kein riesiges Spiel. Es gibt (ähnlich wie bei Persona 3) nur einen einzigen Dungeon, der allerdings sehr groß ist. Insgesamt gibt es neun Ebenen: Fünf Stockwerke und vier Ebenen für bestimmte "Prüfungen" (Strength, Courage, Truth, Wisdom). Von der Spielzeit her ist Shining in the Darkness aber nicht sonderlich viel kürzer als viele andere RPGs dieser Zeit.
Was schön an dem Spiel ist, ist, dass es relativ mild für das oft drakonisch bestrafende Genre der Dungeon-Crawler ist. Der Anfangsteil spielt sich recht locker, oft stirbt man nicht, und wenn, dann bedeutet dies kein Game Over, sondern man verliert "nur" die Hälfte seines Geldes. Grinding ist nur im Mittelteil des Spiels wirklich notwendig, und Waffen, Rüstungen, Items und Charakterwiederbelebungen kosten kein Vermögen. Natürlich muss man sich unbedingt seine eigenen Karten zeichnen (oder existierende benutzen), denn sonst wird man sich ständig verirren. Zum Glück ist das gar nicht so schwierig und ich hatte sogar sehr viel Spaß daran. Die einzelnen Ebenen sind glücklicherweise alle in etwa gleich komplex, auch wenn später andere Elemente wie Fallgruben hinzukommen.
Während mir Shining in the Darkness am Anfang viel Spaß gemacht hat, ist das zweite Drittel des Spiels wesentlich schwieriger und vor allem unfairer. Gegnergruppen können nun schon recht gefährlich sein, und Angriffe aus dem Hinterhalt sind alles andere als selten. Hinzu gesellen sich außerdem Fallen und recht gefährliche semi-zufällige Semi-Bosse, die einem das Leben zusätzlich schwer machen. Das Zeichnen einer eigenen Karte wird durch die Fallgruben und teleporterartige Strukturen zusätzlich erschwert (bleibt aber im Bereich des Möglichen). Bisweilen muss man auch an bestimmten Orten ein bestimmtes Item verwenden, um weiterzukommen, war nicht immer ganz offensichtlich ist, aber hier gibt es definitiv weit schlimmere Genrevertreter.
Das letzte Drittel des Spiels ist zum Glück wieder einfacher. Zwar bleiben die Gegner schwer, doch geht hier das Grinden sehr viel schneller. In relativ kurzer Zeit ist es möglich, erheblich stärker zu werden, und auf höheren Stufen ist die Erfolgschance auf eine Flucht aus dem Kampf auch sehr viel höher.
Was einen immer wieder dazu veranlasst, den Dungeon zu verlassen, sind die ausgegangenen MP. Heilen muss man ständig, und ohne MP geht das schlecht, denn das Inventar hält nur acht Plätze pro Charakter (es gibt drei), und weil man auch noch Ausrüstungsgegenstände und Schlüsselobjekte mit sich führen muss, ist das logischerweise wenig Platz. Glücklicherweise gibt es sowohl ein Item als auch einen Zauber, die einem ein sofortiges Verlassen des Dungeons ermöglichen. Später erhält man außerdem ein Item, mit dem man an ausgewählte (vorher besuchte) Orte im Dungeon zurückkehren kann und sich somit lange Reisewege spart.
Etwas störend ist die umständliche Menüsteurung. Die Kämpfe funktionieren wunderbar, aber das Ausrüsten ist etwas unintuitiv und in den Läden wird man ewig zugelabert bevor man endlich das tun kann, was man möchte: kaufen und verkaufen.
Bisher habe ich noch kein Wort zur Story verloren. Das ist auch nicht weiter tragisch, denn Shining in the Darkness hat wohl die uninspirierteste, langweiligste und generischste Geschichte, die ich je in einem Spiel erlebt habe. Manche Spiele können so etwas durch eine liebevolle Präsentation ausgleichen – Shining in the Darkness nicht. Der Protagonist ist ein junger Ritter, der vom König die Aufgabe erhält, die Prinzessin aus dem Dungeon zu retten und den dunklen Overlord zu besiegen. Sein verschollener Vater spielt ebenfalls noch eine kleine Rolle. Begleitet wird er von zwei Freunden, die im Spiel kaum ein Wort reden und für die Geschichte irrelevant sind. Die einzige unterhaltsame Szene im Spiel ist die, in der die Mitstreiterin des Protagonisten einen Typen im Dorf, auf den sie wütend ist, mit Slow 1 verzaubert, mit den Worten, dass er nun im Dungeon keine Chance mehr hätte, vor Monstern zu fliehen. Tatsächlich findet man diesen Typen dann auch später im Dungeon. Der Rest der Story verläuft wie erwartet: Vier Prüfungen, Prinzessin wird kurz vor Spielende gerettet, danach Kampf gegen Overlord, Happy End, fertig. Selbst für die Zeit ist die Geschichte inhaltlich und von der Präsentation also extrem schwach.
Natürlich ist der größte Reiz an einem Dungeon-Crawler auch das Verließkriechen, und das macht Shining in the Darkness meiner Meinung nach recht gut. Ja, bisweilen ist das Spiel unfair, aber wofür gibt es Savestates? ^_– Habe auf jeden Fall schon Schlimmeres erlebt.
Fazit: Shining in the Darkness ist von den ganzen Uralt-Spielen sicherlich eines von denen, die mich spielerisch am meisten motiviert haben. Es sieht nicht schlecht aus (ist immerhin auch ein Genesis-Spiel), hat einen mittelmäßigen Soundtrack, spielt sich einigermaßen flott und ist für einen First-Person Dungeon-Crawler verhältnismäßig human. Wäre der Mittelteil nicht so nervig, und gäbe es eine ansprechende Story, würde ich das Spiel sicherlich gerne mögen. Aber auch so hatte ich durchaus Spaß an Shining in the Darkness und ein bisschen hat das Spiel mir Lust auf weitere Dungeon-Crawler gemacht.
Story - Charaktere - Gameplay 6.0 Kämpfe 5.0 Optik 7.0 Musik 5.0 Atmosphäre 6.5 Spielzeit 13:30h Gesamt 5.5
Und damit neigt sich mein Backlog der 8-Bit-RPGs (und frühen 16-Bit-RPGs von Sega) langsam dem Ende zu. Nur SaGa 3 befindet sich noch in meinem unmittelbaren Blickfeld. Fire Emblen Gaiden werde ich irgendwann später mal anrühren, und wenn im September der Übersetzungspatch erscheint, werde ich mich nochmal an Megami Tensei: Digital Devil Monogatari wagen. (Fa)Xanadu und Dragon Slayer: The Legend of Heroes interessieren mich auch noch ein bisschen, vielleicht schaue ich mir auch mal The Tower of Druaga an. Aber das ist (Retro-)Zukunftsmusik. Vor ein paar Tagen bin ich außerdem auf zwei weitere interessante NES-RPGs gestoßen: Sweet Home und The Magic of Scheherazade.
Aber erst einmal nehme ich mir nach SaGa die Freiheit, in die SNES-Ära einzutauschen. Auf Live A Live, Dragon Quest V, Secret of Mana, Breath of Fire und Soul Blazer habe ich aktuell am meisten Lust. Auch auf ein Replay von Final Fantasy IV, V und VI freue ich mich schon. Gute Zeiten liegen vor mir.
P.S.: Hier ist eine meiner selbstangefertigten Karten für Shining in the Darkness. Hübsch ist sie nicht, aber zweckmäßig.
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