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Mirokurator
Puh, der Post ist mal wieder leicht ... all over the place.
Ich versuch mal, mich zu fokussieren und die Kleinigkeiten außen vor zu lassen. 
1. Wer den Bechdel-Test zur Qualitätseinschätzung eines bestimmten Films verwendet, kann auch gleich eine Öhrbohranlage benutzen, um eine Blutprobe zu nehmen. Drei Fragen zu drei numerischen Fakten einer spezifischen Produktion als Qualitätseinschätzung ...
Nein. Nichts, wozu der Test taugt, und jeder, der was anderes behauptet ... sagen wir mal, ich würde die entsprechende Person nicht gerade ernst nehmen. Soweit klar.
2. Was die Frauenfeindlichkeit bestimmter Filme angeht (ich übernehme jetzt mal den Begriff), wird es schon interessanter. Die Argumentation stelle ich aber ganz bewusst ans Ende, denn sie verdrängt den imho wirklich interessanten Punkt: Die plakativ-statistische Wirkung des Gesamtbilds. Es gibt sehr beeindruckende Zahlen und Texte darüber, wie viele Filme mit vielen Einnahmen in irgendwelchen Charts und All-time-Favoriten-Listen den Test bestehen (aktuell von 2013). Wieso ist das interessant? Es ist nicht "obwohl", sondern gerade deshalb interessant, "weil" es die genauen Filme und ihre Variablen ignoriert. Es interessiert nicht, in wie vielen Filmen es wirklich angebracht oder vollkommen nutzlos wäre, Frauen eine größere Rolle zu geben, sondern vor allem das statistische Gesamtbild. Ein Beispiel: In Hollywood gilt seit Jahrzehnten die Maxime, dass sich Filme statistisch gesehen besser verkaufen, wenn sie eine Liebesgeschichte haben (Frauen mögen Liebe - breitere Zielgruppe, selbst wenn es ein stumpfer Action-Film ist). Das hat dazu geführt, dass sehr viele Filme draufgeploppte, standardisierte und letztendlich langweilige Liebesgeschichten haben, die überhaupt nicht zur eigentlichen Story gehören (und sich trotzdem besser verkaufen als ohne, ironischerweise). Der Bechdel-Test wiederum kann zeigen, dass Filme mit Frauenfiguren, die über "Love Interest" hinausgehen, noch erfolgreicher sind. Eben, weil man nun mal gern Identifikationsfiguren hat. Und wenn die Studios das wissen, gibt es auch eine gute Motivation, entsprechende Dinge in Bewegung zu setzen. Nur als Beispiel, wie gesagt, nicht als Argument.
3. Und zur Frauenfeindlichkeit spezifischer Filme: Da kann der Test etwas aussagen, muss aber nicht. Als Reviewer würde ich definitiv darauf verzichten, weil es, wie Enkidu schon sagte, andere Dinge gibt, die bei spezifischen Filmen viel interessanter sind, gerade auch im Gender-Bereich. ABER ... Der Bechdel-Test ist imho ein guter Schritt für Autoren, um die eigenen Ideen kritisch zu beäugen. Denn wenn man schreibt, "woran man Freude hat und was man gut findet", kommt mit ziemlich hoher Wahrscheinlichkeit typischster Hollywood-Schlock heraus, den es schon tausendmal gab - das liegt einfach daran, dass unserer Medienkonsum extensiv bestimmt, was wir "gut" finden. Um wirklich außergewöhnliche Dinge zu schreiben, muss man Kritik annehmen, seine eigenen Ideen reflektieren, auch mal was verwerfen und hinterfragen. Letztendlich ist der Bechdel-Test aus einer simplen Tatsache heraus entstanden: Die meisten Hollywood-Filme sind eine Abwandlung der alten Heldengeschichte, gewürzt mit einer (dicken) Prise Frontier-Mentalität: "Ein Mann stellt sich einem Problem, überwindet es und kriegt am Ende die Frau." Man muss wahrscheinlich niemandem sagen, dass mit dieser Formel allein (!) weder große Literatur noch tiefgehendes Kino zu machen ist. Da muss etwas mehr rein, selbst wenn die Formel grundlegend bleibt, und dass zu viele Leute einfach nur schreiben, worauf sie Bock haben, ist für das Gesamtergebnis genau so schädlich wie ein sklavisches Befolgen sämtlicher Regeln ... was natürlich auch für den Bechdel-Test gilt. Der Link oben hat ja sehr schön dargestellt, wie etwa Gravity den Test vollständig versemmelt, aber trotzdem keine Gärgrube sexistischer Weltsicht ist.
Und jetzt noch ein Punkt, der mir persönlich wichtig ist, und der in diesem Forum eigentlich schon tausend Mal erklärt wurde: Nur weil Frauen etwas toll finden oder haben wollen, heißt das noch LANGE nicht, dass es nicht frauenfeindlich ist, unter keinen Umständen - tatsächlich könnte es sogar ein Hinweis für das Gegenteil sein (ich sag nur die ewige Diskussion um die Farbe Rosa). Dieses Argument zieht auf der gesellschaftlichen Ebene (!) also überhaupt nicht, weil sich das Feld "Gender und Medien" mehr im unterbewussten Bereich abspielt. Und immer, wenn etwas in die genannte Richtung kommt, lenkt es von den eigentlich interessanten Argumenten ab, die es gerade beim Bechdel-Test ja in Hülle und Fülle gibt.
Und wo zur Hölle kommt das Thema her?
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