Ich wollte tatsächlich Exalteds Intimacies (und zu einem geringegen Grad die Virtues) anführen, als ich die ersten Zeilen von Trials Post gelesen hatte.
Grob gesagt: Intimacies sind im Wesentlichen eine Liste von den Dingen, die dem Charakter neben der zentralen Motivation am wichtigsten sind. In der Regel haben sie nicht so viel Einfluß auf das Spiel, aber der Charakter sollte sich den Intimacies entsprechend verhalten – und im sozialen Kampf (ja, Exalted handelt Debatten über das Kampfsystem ab) können Intimacies gebrochen oder erzeugt werden, wobei tatsächlich Zahlenwerte ins Spiel kommen, um Teilerfolge dabei aufzuzeichnen.
Trials System sieht ähnlich aus, benutzt aber eine feste Liste von Werten (im Sinne von "Werte, für die man einsteht") und erweitert das Ganze um darauf aufbauende Sonderfähigkeiten. Finde ich gut und zumindest die Zahlenwerte sind unproblematisch. Man muß halt betonen, daß das System eins für Leute ist, die Minmaxing weniger interessant finden als schwächere und dafür rollenspielerisch interessantere Charaktere.
Zumal es das Problem gibt, daß die Überraschung pro Spielergruppe nur ein einziges Mal funktioniert. Wenn auch nur ein Spieler schon mal von der Mechanik gehört hat, wird das Geheimnis ineffektiv und die Mechanik könnte genau so gut offen sein. Rollenspielsysteme sind wie Kryptographie: Sie sind stärker, wenn alle Teile öffentlich einsehbar sind.Zitat
Da bringe ich in Exalted den Vergleich zu den Virtues. Derer gibt es vier (Compassion (Mitgefühl), Conviction (Prinzipientreue), Temperance (Mäßigung) und Valor (Mut)). Jeder hat einen Wert zwischen 1 und 5 in jeder von denen, wobei die Anzahl der Gesamtpunkte anfangs begrenzt ist.Zitat
Einerseits bringen die Dinger einem Vorteile, weil man sich dadurch Bonuswürfel erkaufen kann, sofern man ihnen folgt (jemand mit Compassion 5 kann deutlich über seinem normalen Niveau agieren, um z.B. ein sterbendes Kind zu retten). Andererseits machen sie den Charakter auch wieder schwächer (jemand mit Compassion 5 wird nicht zusehen, wie jemandem etwas schlimmes angetan wird, auch wenn er weiß, daß ein Eingreifen unglaublich dumm wäre).
Dazu kommt, daß die meisten Exalts einen Limit Break haben – sie sammeln unter bestimmten Unständen Limitpunkte; wenn man 10 davon hat, hat der Charakter im Wesentlichen einen Nervenzusammenbruch und wird gezwungen, seine stärkste Virtue in einem bei der Erstellung festgelegten Extrem (teilweise auch im Negativen) auszuleben. Ich finde, daß das eine recht interessante Mechanik ist; einerseits wird dem Spieler zu einem gewissen Grad die Kontrolle über seinen Charakter entzogen, andererseits kann so etwas gut die Effekte von übertriebenen Charakterzügen widerspiegeln. Im Angesicht des Todes päpstlicher als der Papst zu sein, ist nicht geistig gesund und Leute, die so agieren, könnten arg merkwürdig werden, wenn sie in einer Situation sind, wo ihr treibendes Prinzip ihnen schaden würde.
Man könnte auch überlegen, jedem Charakter alle Prinzipien zu geben und dann mit den Verhältnissen zu arbeiten. Zum Beispiel so:
Jeder Charakter fängt mit allen Prinzipien auf 2 an und hat einen Pool von freien Prinzipienpunkten. Wie groß dieser Pool ist, hängt davon ab, wie heroisch die Charaktere sein sollen (heroische Charaktere kriegen mehr Punkte). Dieser Pool bringt anfangs noch nichts; er spiegelt nur ungenutztes Potenzial wider. Wenn ein Prinzip steigen würde, wird der Punkt dafür aus dem Pool genommen. Wenn der Pool leer ist, muß die Steigerung entweder übergangen werden, oder der Punkt wird von einem anderen Prinzip genommen. Man opfert also beispielsweise seine Aufrichtigkeit, um effektiver ehrenvoll sein zu können. Das bedeutet auch, daß man u.U. Fähigkeiten verliert. Wenn ein Prinzip sinkt, geht der Punkt in den Pool – auch, wenn die Steigerung vorher mit einem anderen Prinzip bezahlt wurde.
Spezialisierung kann man bei größeren Prinzipienpools immer noch forcieren, indem man sagt, daß man ab einem gewissen Grad (sagen wir 4+) Sonderfähigkeiten nur von seinem stärksten Prinzip erhält. Wenn zwei Prinzipien gleich stark sind, muß man sich für eins entscheiden (und kann die Wahl nicht ändern, bis eins der beiden sich verändert).