Zitat Zitat von Rübe Beitrag anzeigen
Der Knackpunktist ja Philosophie als Unterrichtsfach. Dazu käme mir eine nette Parallele in den Sinn: Ein Kunstgeschichtsstudent ist kein Künster. Was macht den die Philosophie in ihrer akademischen Ausrichtung weiter als bloss historische Verordnung alter Ansichten? Philosoph ist man nicht, weil man Philosophie studiert. Philosoph ist man, weil man philosophiert. Fraglich also, was die Zwangsverordnung zu philosophischer Geschichte soll.
Natürlich wird man durch Fachphilosophie (also das Lernen der Philosophie anderer) nicht zum Philosophen selbst - auch wenn man so immerhin weiß, was andere gedacht haben und diese Gedanken entweder fortführen, oder anzweifeln kann.
Aber ist es nicht bei jedem geisteswissenschaftlichen Fach so, dass man im Grunde nur Vergangenes lernt, und nicht zwangsweise die praktische Anwendung? Mit Kunst hast du es schon erwähnt, bessere Beispiele wären aber eher der Deutsch- oder Geografieunterricht. Auch hier lernt man keine Dinge, die man zur praktischen Anwendung gebrauchen kann, sondern nur Forschungsergebnisse (dazu zähle ich auch Textinterpretationen) oder aber reine Tatsachen aus der Vergangenheit, mit denen man alleine kaum etwas anfangen kann - zumindest nichts Eigenständiges.
Aber ist nicht genau das auch Bildung? Nicht nur zu wissen, wie man selbst einen spezifischen Widerstand ausrechnet, sondern auch Kenntniss über die Menschheitsgeschichte, dessen Errungenschaften und was sich in der Welt alles abspielte bzw. heute aktuell ist? Ist ja nicht so, dass man im Philosophieunterricht nur aus der Antike und der Aufklärung lernt - wir haben zu nicht kleinen Teilen auch aktuelle ethische Fragen behandelt sowie moderne Gesellschaftsphilosophie besprochen. Und ich bleibe dabei, dass man mit Ethik auch heute noch (und auch, wenn man nur lernt, was andere dazu gesagt haben) viel anfangen kann.

Zitat Zitat von TheBiber
Das würde ich jetzt nicht direkt sagen, es gibt Dinge in der Physik, die gerade in der heutigen Zeit, wo die Energie- und Klimadebatte hoch im Kurs ist, doch noch wichtig sind. Ein Beispiel wäre der Energieerhaltungssatz.
Ich konnte meiner 13-jährigen Nachhilfeschülerin beibringen, dass die Energie von der Sonne über die Pflanzen über die Nahrung zu den Muskeln über ein Fahrrad gelangt für die Fortbewegung. Inzwischen ist sie in der Lage von so ziemlich allen Bereichen ungefähr zu erklären, woher die Energie kommt und wohin sie geht, vom Handyakku bis zum Auto.
Darum rede ich ja auch hauptsächlich von Oberstufenphysik. ^^ Ich habe nichts gegen die Physik als generelles Schulfach, nur wird zu großen Teilen über die Stränge geschlagen, Dinge gelehrt, mit denen sich eigentlich nur Physiker beschäftigen, uninteressiere Schüler sie aber auch lernen müssen.
Physikalisch erklärbare Grundvorgänge in der Welt zu lehren ist sicher nicht falsch, aber dazu reichen 2 Jahre vollkommen aus. Ich glaube nicht, dass ich einen persönlichen Nachteil daraus gezogen habe, dass ich in der elften Klasse, in welcher nichts als Elektrizität gelehrt wird, weder aufgepasst noch mitgeschrieben habe. Die Grundsätze wurden uns sowieso schon in der Unterstufe beigebracht, und was danach kam, ist für naturwissenschaftlich uninteressierte Menschen nur noch Blabla.

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Solche Gedanken sind nunmal wichtig, wenn man sich eine Meinung beispielsweise über Atomenergie oder Umweltschutz bilden möchte, genauso wie es wichtig ist eine elementare Ahnung von Volkswirtschaft zu haben, wenn es zum Beispiel um Abstimmungen über Steuern geht.
Zudem beinhaltet Physik noch einige andere, eher praktischere Überlegungen, man bekommt ein Gefühl für gewisse Grössen: Wieviel Strom ist gefährlich, wieviel Energie braucht ein Mensch im Vergleich zum Computer, etc.
So unwichtig, wie du das hier darstellst, kann dieses Wissen nicht sein.
Ja, nur ist das eben nur elementares Wissen, für welches ich keine sechs Jahre Physikunterricht benötige. Und da wir in der Philosophie ebenso praktische Überlegungen angestellt haben (Ethik), finde ich ein Jahr Unterricht dieses Faches vollkommen in Ordnung.

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Wie sieht es da bei der Philosophie aus? Das einzige was wir gemacht haben, ist die Geschichte zum x-ten mal zu wiederholen, nachdem man sie aus politischer und kultureller Sicht in Geschichte, den Sprachen, Gestalten und/oder Musik schon mehr als genug behandlet hatte. Wir lernten nur Namen und ihre Bedeutungen: Kant, Sartre, Descartes, etc. und dass man möglichst unverständlich geschriebene Texte lesen soll.
Nun, ich halte Geschichte in jedem Fall für wichtig. Es klingt zwar idealistisch, aber aus Ereignissen der Vergangenheit kann man meiner Meinung nach sehr viel für Gegenwart und Zukunft lernen - sei es, weil man bestimmte Denkensrichtungen nach Kenntnis dieser ablehnt oder aber weil man bemüht ist, sie fortzuführen bzw. seine eigenen Ideen daraus zu entwickeln.

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Und sag nicht, man lerne Diskutieren oder Argumentieren, das taten wir schon in den restlichen Fächern zu genüge. Der Sinn von Philosophie als obligatorisches Schulfach im Vergleich zu Physik oder anderen Fächern wie Volkswirtschaft oder Biologie ist einfach nicht gegeben.
Nope, behaupte ich nicht, diskutiert haben auch wir mehr in Deutsch als in Philosophie. Was man aber bestimmt lernt, ist, sich differenzierter über gewisse Dinge Gedanken zu machen, sofern man nicht schon in einem ideologischen Weltbild festgefahren ist. Indem man die Denkensweisen anderer kennen lernt, merkt man womöglich, dass es nicht nur eine Ansichtsweise, sondern viele verschiedene zu ein und demselben Thema gibt. Und das ist für viele Schüler leider alles Andere als selbstverständlich.

Zitat Zitat von Dhan
Dass Unis und Schulen keine voneinander unabhängigen Systeme sind, is wohl klar, eh?
In Österreich zumindest schon - hier ist das Unterrichtsministerium für die Gymnasien, der Stadtschulrat für die Hauptschulen (Wiens) und das Wissenschaftsministerium für die Universitäten zuständig. Lustigerweise sind die beiden Ministerien dank unserer Proporzregierung auch noch von Politikern unterschiedlicher Parteien besetzt.

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Jain. Wenn du beispielsweise Humanismus annimmst, dann ist das natürlich toll, nur, meinst du, du kannst einen Schüler "konvertieren"? Ethik an sich ist zwar nützlich nur, das was man als Schulfach an Ethik und Philosophie macht, steht dann doch auf einem anderen Blatt. Oder wirst du ein Bücherwurm nur wegen Deutschunterricht?
Du hast das etwas falsch verstanden, ich habe von außerschulisch philsophischen Tätigkeiten gesprochen. ;)
Aber nein, durch Philsophieunterricht alleine kannst du einen Schüler bestimmt nicht von einer Denkensrichtung überzeugen, aber genau das ist ja auch nicht die Absicht dieses Faches. Es geht, wie gesagt, darum, verschiedene Eindrücke aus den Ansichten bedeutender Philosophen zu gewinnen - zum Einen. Zum Anderen eben um gewisse ethische Positionen, die auch unabhängig eines Kants oder Sartres existieren können. Niemand soll durch das Schulfach Philosophie zum Philosophen gemacht werden, das geht gar nicht. Aber der Biologieunterricht beispielsweise soll doch ebensowenig vollwertige Biologen ausbilden, als einen Überblick über Forschungsergebnisse zu schaffen, oder?