"Bla"

„Bla“ ist ein unglaublich guter Name für eine Datei auf dem Desktop - speziell, wenn es eine Word-Datei ist. „Bla“ ist kein Titel. „Bla“ ist eigentlich nicht mal wirklich ein Name, denn eigentlich könnte jede Datei „Bla“ heißen, und es hat in diesem Computerleben auch tatsächlich schon so einige Dutzend Dateien gegeben, die „Bla“ hießen. Natürlich könnte man sie auch einfach „ jkahfl“ oder „kjehwe“ nennen, und gelegentlich geschieht auch genau das… Aber „Bla“ ist mehr.
Bla sagt zwar nichts aus, aber es ist ein Riss. „Bla“ ist ein gewaltiger Durchbruch unserer Seele, durch die zersplitternden Dojo-Wände unseres Unterbewusstseins, unserer Fassaden, unserer Worte, unseres wahren Charakters, unseres Fleisches und unserer routinierten Finger. Nichts von all dem bleibt über in „Bla“.
„Bla“ könnte zu einem „Unter dem Baum“ werden, zu einem „Legenden aus Aralgaia“, zu einem „Bombig, Nase“, zu einem „Kikos Geschichte“, zu einem „AAARGH“ (oft nur zeitweise) und häufiger auch mal zu einem leeren Fleck auf dem Desktop. Die genannten Titel könnten je nach Geschichte nett sein, aber sie sind immer eben das: Titel. Nicht mehr, nicht weniger.
„Bla“ dagegen ist das Wahre, das man will und sucht und fürchtet. Der Moment, nach dem eine Idee ihren Weg aus den Erfahrungen und Wahrnehmungen in den Geist findet, nach dem sie geordnet, beschnitten und letztendlich umbenannt wird, nach dem sie eine Gestalt kriegt, nach dem man sie benutzen kann, um es etwas zu verarbeiten oder um Geld zu verdienen.
„Bla“ ist nicht sonderlich beliebt. Es macht Angst, es fühlt sich schwach an, pur und so leer. Jeder hasst „Bla“, und doch ist es der Moment, in dem alles zusammen kommt. „Bla“ geht vorüber, und das ist gut so. Würde eine Geschichte „Bla“ heißen, hätte sie mit „Bla“ schon nicht mehr das Geringste zu tun.