Ich finde aber fast, dass das gar kein so ganz schlimmer Cliffhanger ist, wenn man an der Story interessiert ist. Es gibt ja eine große Offenbarung und ja, damit auch eine neue Gefahr, aber das Mysterium hat zumindest einen Schlusspunkt gesetzt bekommen.
Kommen wir aber zu einem anderen Mysterium: Absurd gute Spiele
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Until Then
Aus großen Spielen folgen große Reviews. Sagt man ja so. Aber ich glaube nicht, dass ich dazu in der Lage bin, diesem Spiel mit meinem Review Rechnung zu tragen. Inspiration genug dafür gäbe es wohl, aber ich bin dann doch zu faul und kann auch gar nicht genug beschreiben, ohne im Zweifel zu spoilen. Also wird das hier doch ein normales Review für ein großes Spiel. Tja.
Ich habe mal wieder erstaunlich wenig gewusst, was ich mir da eigentlich als vorletztes Spiel meiner Challenge reinballere. Der Look sah nice genug aus, doch darüber hinaus hatte ich nicht mal mehr die Steam Store Page in Erinnerung, die hier und da vielleicht einen Hinweis auf die Emotionen hätte geben können, die das Spiel mir entlocken würde. Zum Beispiel, ähm, durch den Tag „Emotional“. Oder den Tag „Drama“. Denn emotional und dramatisch war mein Until Then-Marathon allemal.
Um konventionell anzufangen: Until Then spielt in einer Manila nachempfundenen Metropole. Der Protagonist, ein 15-jähriger Junge namens Mark Borjas, ist ein selbsternannter Slacker – und tut diesem Titel zugegebenermaßen auch alle Ehre. Er enttäuscht die Stufenbeste Louise durch das Vergessen seiner Powerpoint-Slides, rennt Nicole, die neu an die Schule kommende Schülerin, mitsamt ihres Kunstprojekts um und baut auch sonst eine Menge Mist. Ich habe zu Beginn ehrlich gedacht, dass er ein großes Problem für mich wird, weil er so schrecklich ist und ich mir nicht habe ausmalen können, warum seine Freunde – insbesondere die wundervolle Cathy aka der liebenswürdigste Videospielcharakter aller Zeiten – ihn ausstehen können, aaaaber… der kleine Bastard hat mich irgendwann doch gekriegt. Im Verlauf des Spiels wird die Geschichte sich nicht ausschließlich um den Schulalltag drehen, sondern auch um Verluste, und dabei sogar reichlich mysteriös und übernatürlich anmuten. Auch das kann mal irritieren und in Phasen, in denen sich das Spiel mehr dem Mystery als den Emotionen widmet, hat es seine Längen. ABER die stören überhaupt nicht. Denn es bleibt alles spannend und am Ende vergisst Until Then auch nicht, wofür sein Mystery eigentlich da ist.
Alles, was das Spiel erzählt, erzählt es auf wundervoll kunstfertige Weise. Der Pixel-Look ist wirklich einzigartig, vor allem ist aber beeindruckend, wie eben dieser Look eingesetzt wird. Wie „die Kamera“ des Spiels sich je nach Situation für verschniedene Kniffe entscheidet und einsetzt und wie das Game auch auf der Bildebene immer interessant bleibt und sich mit anderen Ebenen ergänzt. Das Spiel dreht sich auch viel um Musik bzw. ums Musizieren und auch das ist wundervoll. Was in der Komposition aus Bild und Ton für eine Emotionalität steckt, wirklich krass. Gerade, wie mit den nur wenigen Pixeln aus denen Gesichter in Until Then bestehen, teils komplexe Ausdrücke vermittelt werden, qualifiziert den Stil und sprengt seine vermeintlichen Grenzen gleichermaßen. Es hat viele von diesen kleinen Momenten, die einen schlucken, lächeln, grinsen oder sonstwie emotional auf das Geschehen reagieren lassen. Aber es hat auch wahrlich, wahrlich große Momente. Ohne Genaueres zu sagen, aber das Ende des ersten Aktes war für mich vielleicht das Schrecklichste, was jemals in einem Spiel passiert ist.
Das Spiel hat reichliche Einflüsse. Von Makoto Shinkai-Filmen und diversesten anderen Narrativen. Zu sagen, es sei das bessere Life is Strange, wäre – für mich – reichlich untertrieben, aber wahr. Und hey, es muss ja groß und toll und fantastisch sein, wenn es einem der fantastischsten Spiele die Ehre erweist:
Trotz all dieser Einflüsse ist Until Then aber nie nicht einzigartig und absurd kreativ. Es ist durch und durch ein Spiel, erzählt zum Teil aber auf spielungewöhnliche Weise und nimmt sich auch die Stärken anderer Darstellungsformen zu Herzen, wenn es passt. Ich kann immer noch nicht ganz fassen, was für ein krasses Spiel ich da gerade beendet habe und wie sehr ich möchte, dass alle Leute, die ich mag, es spielen (das nennt sich „Call to Action“ und ist an jeden gerichtet, der das liest und sich auch nur im Entferntesten angesprochen fühlt). Auch wenn ich natürlich hoffe, dass ich mit meinem Hype nicht die Erwartungshaltung vergifte.
Ich ziehe meinen Hut. Und alle anderen entbehrlichen Kleidungsstücke auch. Und wenn ich schon kein angemessen großes Review schreibe, dann gebe ich wenigstens eine angemessen hohe Punktzahl: 10 von 10 sich vor dem Regen versteckende Schmetterlinge.