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Ritter
Nach langer, langer Pause melde ich mich mal wieder zurück. Koreaurlaub, Bachelorarbeit und andere Dinge haben mich in der Jahresmitte beschäftigt gehalten. Gezockt habe ich zwar viel, aber nur Altbekanntes, vor allem Genshin, Nikki und Valorant. Jetzt will ich langsam aber wieder Fahrt aufnehmen und die Challenge reaktivieren. Dafür habe ich mir als erstes Folgendes vorgenommen:
NieR Replicant ver.1.22474487139

Nach dem Erfolg von NieR Automata wurde mit NieR Replicant ver.1.22474487139 ein Remake (oder Remaster?) des ursprünglichen NieR von 2010 veröffentlicht. NieR Automata war nicht so sehr mein Fall. Ich habe ein paar Sachen daran wertschätzen können und allemal verstanden, was Leute an der Ästhetik und Atmosphäre des Spiels finden können. Selbst hat mich davon aber nicht viel erreicht. Insbesondere die Geschichte hat mich nie wirklich erreicht. Irgendjemand sagte mir nach meiner Enttäuschung aber, dass ich doch mal Replicant spielen solle und mir das sicher besser gefallen dürfte. Nunja...
Eine Sache, die mich an Automata auch technisch gestört hat, war, dass sich der Combat sehr indirekt und (auf eine schlechte Art und Weise) choreografisch angefühlt hat. Ich drücke einen Knopf und dann läuft erst mal eine Animationssequenz ab, die sich beinahe unabhängig davon anfühlt. Vielleicht hat das auch mit meiner Erwartungshaltung, Vorerfahrung und Verwöhntheit durch andere Action-RPGs zu tun, doch so hat das viele Kämpfen in Automata mir wenig Spaß bereitet. Entsprechend war ich ganz angetan als sich der Combat in Replicant nun also besser angefühlt hat. Nicht vollkommen anders, aber ich hatte zumindest mehr Spaß daran. Nicht so viel, dass ich mich jedes Mal Freude schreiend in die unzähligen Encounter geworfen hätte, aber doch so viel, dass es auf einem niedrigschwelligen Niveau unterhält. Diesen Zweck hat es also erfüllt und mehr wäre auch gar nicht nötig. Ich bin gerne bereit, unanspruchsvolles, aber okayes Gameplay in Kauf zu nehmen, wenn ich als Payoff eine tolle Geschichte mit interessanten Charakteren bekomme. Und ich kann nur vermuten, dass NieR Replicant das vorhatte.
In Realität bin ich aber erschrocken, wie flach und eindimensional Replicants Charaktere sind. Wie bescheiden ihre Chemie untereinander, die in Sequenzen irgendwie erzwungen wird. Wie die Geschichte einem dramatischen Kitsch-Twist nach dem anderen hinterherjagt, aber sich die Emotionen, die darin zur Schau gestellt werden, nie verdient. Hier und da erkennt man die Stärken, die Automata insgesamt deutlich besser umgesetzt hat: Schauplätze, die verlassen wirken, irgendwie etwas über die Welt erzählen wollen oder eine ganz eigene, interessante Kultur aufbauen. The Aerie hat so einen melancholischen Charme. Und Facade ist wirklich cool. Doch auch die Geschichten, die anhand dieser Orte und den dort ansässigen Figuren erzählt werden, sind - in einem Spiel, dass sich durchaus auch mal etwas Zeit und einen ständig die gleichen Wege laufen lässt - überhetzt und schwach. Auf einen überdramatischen Moment, mit denen man hier wirklich zugebombt wird, folgt gleich darauf die Resolution. Und obwohl das so ist, gelingt es dem Spiel trotzdem irgendwie, noch zu schwafeln. Wenn erzählerisch mal etwas gut funktioniert, dann hat ein blindes Huhn ein Korn gefunden.
Die große Wendung ist von der ersten Minute an offensichtlich. Auch dramatische Charaktermomente kommen immer mit Ansage und treffen dennoch oft nicht den richtigen Ton. Und ich werde nicht ruhen, bis jeder total ironisch-clevere Creative Director verstanden hat, dass fürchterliche Entscheidungen wie elendig ausuferndes Backtracking oder das absurd freizügigste Outfit eines zentralen weiblichen Charakters jemals nicht legitimer werden, wenn sich die Charaktere ingame ständig darüber auslassen. Das ist weder subversiv, noch wirklich clever. Es zeugt, wie echt sehr, sehr vieles an NieR Replicant nur von einer ganzen Menge mangelndem Mut, zu den schlechten Entscheidungen wenigstens voll und ganz zu stehen.
Ausnehmen möchte ich aus diesem ganzen japanischen RPG-Story-Brei die kurzen Aufenthalte im Forest of Myth. Hier mutiert das Spiel zwischenzeitlich zu textbasierten Choose Your Own Adventure-Games, die Rätsel präsentiert und mal eine andere Lösung verlangt als Bosskämpfe, die von diversen dramatischen Sequenzen unterbrochen werden. Wie das in die Questline eingebunden ist, ist tatsächlich ganz kreativ und man merkt diesen Texten auch an, dass sie gerne geschrieben wurden. Etwas stiefmütterlich wird das ganze zwar dennoch betrachtet, aber das ist mir doch positiv aufgefallen. Und da nicht so viel anderes Positives damit konkurriert, sticht es auch heraus.
So bin ich also ziemlich froh, mit meinen Abenteuern in der Welt von NieR durch zu sein. Immerhin hat Replicant mir den ein oder anderen Lacher entlockt - wenn auch unfreiwillig. Yoko Taro? Shmoko Shmaro!
Ich vergebe dafür 3 von 10 Einheiten inzestuös anmutender Geschwisterliebe. Und gönne mir das "N" für meine Challenge.
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