Help Will Come Tomorrow
Help Will Come Tomorrow ist ein Survival-Simulationsspiel des polnischen Entwicklerstudios Arclight Creations.
Man spielt eine Viergruppe, die nach einem Zugüberfall in Sibirien in den 1910er Jahren (um die Oktoberrevolution) allein in der verschneiten Tundra überleben muss. Neben dem erbarmungslosen Wetter müssen sie sich dabei auch vor den Zugräubern in Acht nehmen, die noch immer vor Ort sind.
Die Startgruppe ist wahlweise zufällig, zudem stehen drei Schwierigkeitsgrade zur Auswahl. Für meinen ersten und einzigen Run habe ich „Leicht“ gewählt.
Zufällig ist ebenfalls, welches Szenario man erwischt. Jeder Run startet gleich, doch nach 14 Tagen beginnt ein zufälliges zufälligen von drei Szenarien mit jeweils unterschiedlichen Geschichten und Zielen.
Das Spiel gliedert sich in folgende Segmente:
1) Das Lager: Hier kann man sich Stätten aufbauen, die man zum Ausruhen, Craften, Verarzten, Kochen, Jagen, Sammeln, Wetterschutz und Verstecken nutzen kann. Ja, es gibt extrem viele Sachen, auf die man achten kann/sollte.
2) Erkundung: Man schickt einen Trupp aus max. 2 Leuten los, um die in Hexegone unterteilte Map zu erkunden. Dabei kann man Ressourcen sammeln, jagen und Events triggern. Je nach Wetterlage, Ausrüstung und Beziehung der Figuren kann man sich aber auch verirren und muss ggf. die Nacht draußen verbringen.
3) Die Nacht: Hier führen die Figuren (oft lange) Lagerfeuergespräche, die Themen kann man oft selbst wählen, manchmal werden aber auch vom Spiel selbst Events getriggert. Die Gespräche liefern viel historischen Kontext, Lore sowie die Hintergründe der Charaktere und verändern ihre Beziehungen sowie die Einzel- und Gruppenmoral.
Jeder Charakter hat pro Tag drei Aktionspunkte – bei niedriger Moral oder gesundheitlichen Problemen auch mal weniger.
Besonders wichtig sind die Gesundheit und Moral. Erreicht die Gesundheit null, stirbt der Charakter. Niedrige Moral hingegen sorgt für negative Events.
Charaktere haben zudem positive und negative Traits, die sie (un)geeigneter für bestimmte Aufgaben machen.
Außerdem Beziehungen zueinander, die ebenfalls die Moral beeinflussen und die Erfolgschance bei bestimmten Aktionen und Events.
Charaktere haben außerdem Hunger und Durst und können von einer Reihe negativer Zustände befallen werden, von Kälte über Magenschmerzen bis hin zu ernsthaften Verletzungen und Halluzinationen.
Am Anfang wirkt alles ein wenig erschlagend, man kommt aber relativ schnell rein.
Die erste Woche oder so war ein ziemlicher Struggle. Ich hatte nichts Richtiges zu essen und immer zu wenig Wasser, weshalb sich die Charakter oft den Magen verdorben oder halluziniert haben, wenn ich z.B. wilde Pilze verfüttert habe. Es gab zudem häufig Rückschläge durch Schneeverschüttungen und ich hatte nicht das Gefühl, gut voranzukommen.
Dann habe ich irgendwann gecheckt, dass man das Lagerfeuer ausbauen kann, um zu kochen und Schnee zu schmelzen. Von dort an wurde alles besser. Die Charaktere waren gut genährt und zufrieden, ich konnte die Umgebung viel erkunden, mein Lager ausbauen, mir Werkzeuge, Waffen und Kleidung bauen und ein bisschen über den Feind herausfinden.
Dann kam die 14. Nacht und somit die Entscheidung des Szenarios. Bei mir sind die Feinde nah ans Lager gekommen und fortan konnte ich das Feuer fast gar nicht (!) mehr nutzen, d.h. mich nicht mehr daran aufwärmen und auch nicht kochen. Nur Schnee schmelzen ging noch. Zum Glück ging es mir zu dem Zeitpunkt relativ gut und meine Charaktere waren zufrieden, sodass ich einige Tage erst mal nicht in die Bredouille kam.
Gegen Ende wurde es dann doch etwas brenzliger, aber erfreulicherweise war ich offenbar gut vorbereitet genug für einen guten Abschluss bei den alle vier Charaktere überlebt haben. Ich vermute, auf Normal/Schwer wäre ich gar nicht erst so weit gekommen im ersten Run^^
Das Spiel ist sehr textlastig, die Events sind oft halbe Romane. Mir hat sehr gefallen, dass es extrem viel Bezug auf die historische Situation nimmt und die turbulenten Zeiten, die herrschten. Die Partycharaktere sind alle verschiedenen Ursprungs (Arbeiter, Aristokratie, Ausländer, Akademiker), sodass man diverse Perspektiven kennenlernt, und man merkt auch, dass die Entwickler historisch ziemlich tief drinsteckten – auch was Survival & Co. angeht.
Das Spiel ist zwar nicht jederzeit glaubwürdig und hier und da natürlich auch mal etwas pulpig, aber mir haben all die vielen Details echt gut gefallen und sie tragen auch sehr zur einnehmenden Atmosphäre des Spiels bei.
Die englischen Texte sind insgesamt solide, aber hin und wieder definitiv holprig – hier merkt man, dass keine Muttersprachler am Werk waren.
tl;dr: Help Will Come Tomorrow ist ein cooles, einnehmendes und textlastiges Survival-Simulationsspiel, das durch das sibirischen Tundra-Setting und die Liebe zu den historischen Details eine sehr dichte Atmosphäre aufbaut. Da ich nur einen Run gemacht habe und kein Genrekenner bin, kann ich nicht beurteilen, wie gut durchdacht die Systeme sind. Mir hat es aber Spaß gemacht und ich fand es (auf Leicht für einen ersten Run) moderat herausfordernd – so, wie ich es am liebsten mag.
Ich glaube, dieser Run reicht mir auch erst mal – hat sich aber auf jeden Fall gelohnt!
Spielzeit: 9:00h (1 erfolgreicher Run auf Leicht)
Wertung: 7/10