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The Centennial Case: A Shijima Story

The Centennial Case: A Shijima Story ist ein FMV-Detektivspiel von Square Enix, das 2022 rauskam und gefühlt ziemlich unterging (war mit 50€ auch viel zu teuer).
Die Geschichte dreht sich um die titelgebende Familie Shijima. Man spielt eine Mystery-Romanautorin, die den Sohn der Familie in sein Elternhaus begleitet, wo die beiden das dunkle Familiengeheimnis um eine Frucht, die unsterblich macht, entschlüsseln müssen.
Die Handlung erstreckt sich dabei über diverse Zeitepochen, springt nach jedem der sechs Kapitel aber wieder in die Gegenwart zurück. Es geht meist darum, vergangene oder gegenwärtige Mordfälle aufzuklären und die verworrene Familiengeschichte nach und nach aufzudecken.
Das Budget war offenbar beschränkt, denn die Leistung der engagierten Schauspieler ist durchwachsen. Zudem nehmen die meisten davon in je unterschiedlichen Zeitepochen mehrere Rollen ein, sodass alles ein wenig Indie- bzw. B-Movie-Flair hat. Das ist aber durchaus auch sympathisch, wenn auch man dadurch vielleicht etwas weniger emotional investiert ist.
Das Setting hat mir ziemlich gut gefallen. Man spielt zum Teil Anfang des 20. Jahrhunderts, zum Teil um 1970 und zum Teil in der Gegenwart. Dadurch gibt es relativ viel Abwechslung und das Stimmungsbild ist auch immer ein anderes.

Spielerisch beschränkt sich das Spiel primär auf die Deduktionen. Zwar kann man in den Filmsequenzen gelegentlich in Quicktime-Manier optionale Hinweise „einsammeln“ und hat oft die Möglichkeit, Antworten für die Protagonistin zu wählen. Beides dient aber rein der Interaktion und hat keinerlei Einfluss auf den Spielverlauf.
In den Deduktionen wird man mit Fragen konfrontiert, denen man die richtigen Hinweise zuordnen muss. Für jeden Hinweis präsentiert das Spiel einem ein mal mehr, mal weniger plausibles Szenario, was geschehen sein könnte.
Hat man für alle Fragen Hinweise zugeordnet, kann man sich an die Lösung des Falls machen. Dafür muss man dann – wieder im FMV-Modus – den Tathergang erklären und schließlich den Täter bestimmen. Scheitert man, so kann man den Vorgang wiederholen. Das Spiel ist also streng linear.
Die Fälle selbst sind bisweilen sehr komplex. Obwohl Lynx als Detektivenheimer anders als ich ziemlich gut in solchen Sachen ist, konnten wir nicht alle Fälle während der Deduktion lösen. Oft hatten wir Theorien, die wir auch plausibel fanden, die sich letztendlich jedoch als völlig falsch herausgestellt haben.
Mein größter Kritikpunkt am Spiel ist eindeutig, dass man oft raten muss, welche Hinweise zu welchen Fragen passen. Das ist leider nicht immer intuitiv, denn die Wortwahl ist oft mehrdeutig und manchmal passen auch Hinweise nicht, die eigentlich plausibel erscheinen, weil das Spiel einfach eine andere Lösung erwartet. Die Deduktionen sind aufgrund der Anzahl von Fragen und Hinweisen mitsamt Filmsequenzen ohnehin schon relativ zäh.
Störend war außerdem, dass viele Fälle Fragen offen lassen oder in manchen Punkten viel Suspension of Disbelief erfordern. Es gibt ziemlich viele Red Herrings und Inkonsistenzen, die vom Spiel einfach übergangen werden.

Das dachten wir zumindest, und zum Teil war es auch sicher so, aber tatsächlich ist viel davon vom Spiel intendiert und das ist ziemlich mutig. Ich kann nichts Konkretes sagen, ohne hart zu spoilern, aber nach dem Ende des Spiels gibt es noch einen spielbaren Epilog, in dem noch viel mehr enthüllt wird als bis dahin.
Eine Stärke des Spiels ist ohnehin der rote Faden, der sich durch alle Fälle zieht. Während die Mordfälle selbst meist für sich stehen, sind die Beziehungen der Charaktere und übergreifende Handlungselemente wie die Tokijiku (Unsterblichkeitsfrucht) auch außerhalb davon relevant.
Erst im Epilog wird einem das Ausmaß davon jedoch erst klar, und es ist wirklich beeindruckend, wie einen das Spiel teils auf die falsche Fährte führt, weil man annimmt, dass es einfach unsauber geschrieben wurde.
Das ist auch in dem Sinne mutig, dass viele Spieler vermutlich gar nicht bemerken, dass es einen Epilog gibt – denn den muss man nach dem Durchspielen auf dem Titelbildschirm auswählen.
Zugleich erschwert mir der tolle Epilog die Bewertung aber auch. Zuvor war es für mich größtenteils unterhaltsam, wenn auch narrativ inkonsistent und bisweilen anstrengend. Das Ende hat mich dann aber doch sehr versöhnlich gestimmt und ich werde das Spiel dadurch sicher in guter Erinnerung behalten. Auch deshalb, weil es eben doch etwas sehr Eigenes ist.

tl;dr: The Centennial Case: A Shijima Story ist eine sympathische FMV-Mystery-Geschichte mit B-Movie-Flair mit durchwachsenem Deduktions-Gameplay, die ihr volles Potenzial allerdings erst im Epilog entfalten kann – dann aber auch so richtig. Davor ist es „nur“ ganz nett, aber der Endeindruck macht vieles wett.
Spielzeit: 13:35h
Wertung: 7/10
Challenge-Achievements:
Beende 6 narrative Spiele (4/6)
Geändert von Narcissu (10.04.2025 um 22:05 Uhr)
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