Everybody’s Gone to the Rapture
Everybody’s Gone to the Rapture

Everybody’s Gone to the Rapture ist ein narratives Spiel (Walking Simulator) von 2015, das auch seinerzeit schon relativ untergegangen ist. Dabei ist dieses Spiel von den Entwicklern von Dear Esther durchaus interessant.
Man spielt hier keine handlungsrelevante Figur, sondern läuft als Beobachter durch ein ländliches Dorf im England der 80er Jahre, das vollkommen ausgestorben ist – doch offensichtlich erst kürzlich, denn alle Häuser sind noch in dem Zustand von unmittelbar vor der „Rapture“, die sich ereignete – was auch immer das ist.
Durch ein Ereignis wurde das Dorf zunächst unter Quarantäne gestellt, schließlich sind alle Bewohner dann gänzlich verschwunden. Es gibt also kein menschliches Leben mehr im Spiel – und das hat etwas erstaunlich Heilsames.
Die Handlung besteht zum einen daraus, diesem Ereignis auf den Grund zu gehen, und zum anderen daraus, die Bewohner und ihre Beziehungen untereinander posthum kennenzulernen.
Beim Erkunden der Welt findet man immer wieder Lichter, die Dialogschnipsel der Bewohner darstellen. Nach und nach ergibt sich dabei ein recht komplexes Netz an Beziehungen und persönlichen Geschichten – im Übrigen allesamt eher alltäglicher Natur.

Das Besondere am Spiel ist, dass permanent eine friedliche, vielleicht sogar idyllische Atmosphäre herrscht. Die Spielwelt ist überaus ansehnlich, die grünen Panoramen und ländlichen Häuser wirklich hübsch. Sie ist auch erstaunlich groß und detailverliebt – auch die Innenräume der Häuser sind liebevoll gestaltet.
Ein großer Teil findet zudem am Tag statt, bei strahlender Sonne im Frühling oder im Sommer. Das anfängliche leichte Unbehagen rückt bald in den Hintergrund.
Jede der persönlichen Geschichten besteht aus mehreren Teilen und hat ein Finale, das je nach Person mal dramatischer, mal mundaner ist. Auch wenn diese Geschichten das „Ende“ der Person markieren, fühlt es sich nie tragisch an.
Leider ist Everybody’s Gone to the Rapture aber auch ein Spiel, das ziemlich viel Geduld abverlangt. Man verbringt viel Zeit damit, die große Spielwelt abzusuchen, und nicht immer sind die Wegweiser zum nächsten Storyschnipsel schnell zu finden. Das Bewegungstempo ist zudem sehr gemächlich.
Mein zweiter Kritikpunkt ist, dass die ganze „Bedrohung“ zwar permanent Thema ist, aber bis zum Ende sehr esoterisch bleibt. Das Spiel driftet dabei stellenweise – und gerade beim Finale – etwas ins Prätentiös-Philosophische ab.

tl;dr: Wäre es spielerisch nicht so zäh, würde ich es sehr empfehlen. Die Atmosphäre ist sehr dicht und relativ einmalig. Es ist schön, mal ein Mystery-Spiel zu spielen, das nicht düster, bedrohlich und dramatisch ist, sondern friedlich und – der postapokalyptischen Prämisse zum Trotz – irgendwie auch heilsam und tröstlich.
Spielzeit: 5:00*
Wertung: 6,5/10
*Mischung aus Spielzeit und Video-Playthrough, da nach der Hälfte durch ein Malheur der Spielstand verloren gegangen ist D: