Spiel
Spielzeit ~31 Stunden ohne Postgame, aber mit allen Nebenmissionen vor dem Finale
Story Kennt ihr Final Fantasy 1? Well, dann kennt ihr auch die Story von Stranger of Paradise. Zumindest bis zum Sieg über die 4 Fiends (wofür ich circa 20 Stunden gebraucht habe), weil die Story bis dahin so minimalistisch ist, dass ich genauso gut das Original hätte spielen können. Da hier so gut wie alle Städte weggestrichen wurden (außer Cornelia und Pravoka, wobei letzteres nur als Dungeon existiert), könnte man außerdem davon ausgehen, dass das Original bis zu diesem Zeitpunkt sogar mehr Story besitzt als diese Neuinterpretation.

Nach dem Sieg über jeden Boss gibt es zwar ein paar Storyfetzen, die Informationen die dabei enthüllt werden wiederholen sich aber ständig, wodurch man als Spieler wesentlich schneller kapiert was vor sich geht als die Charaktere. Die haben nämlich allesamt ihre Erinnerungen verloren und wissen nur dass sie die Krieger des Lichts sein sollen, Chaos vernichten müssen und die Kristalle wiederherstellen sollen. Es gibt allerdings 5 von ihnen obwohl die Prophezeiung weiterhin von 4 Kriegern des Lichts redet. Und im Gegensatz zum Original ist der erste Boss nicht Garland ist, sondern Neon (eine der weiblichen Krieger des Lichts) die die Rolle von Chaos übernehmen wollte, welches hier mehr ein Konzept als ein Wesen aus Fleisch und Blut ist. Warum sie davon in einen Ritter mit männlicher Stimme verwandelt wurde? Well ... damit Spieler denken dass sie Garland bekämpfen, I guess?

Wenn die Story endlich aufs Finale zusteuert, gibt es außerdem noch ein bisschen Padding, da man erstmal Astos aufsuchen soll um Informationen zu erhalten. Dafür muss man sich aber durch ein langwieriges Dungeon kämpfen, nur um anschließend gesagt zu bekommen "The truth is in another castle!" Also, so in der Art, weil Astos einen direkt ins nächste Dungeon schickt bevor er die Wahrheit enthüllen will. Und danach kommt noch eins, weil Astos natürlich keinen Bock hatte auf einen zu warten ... obwohl er bereits mehrfach in der fliegenden Festung auf die Gruppe gewartet hat ... wo er diesmal natürlich auch nicht ist!

Nach einem kurzen Umweg (voll bescheuerter Story-Momente) geht es dann aber schnurstracks zum Finale, wo der große Konflikt (der mit dem Original nichts mehr zu tun hat) in einer einzigen Mission beigelegt wird und trotzdem keinen ordentlichen Payoff besitzt. Nach dem Sieg über den Endboss wird quasi nur gesagt „Einiges Tag werden wir das zu Ende bringen“ und das wars dann leider, insofern dieser Different Future DLC kein zufriedenstellenderes Ende besitzt.

Bevor ich den abschließen kann, werde ich aber noch einige Stunden grinden müssen, von daher wollte ich erstmal meinen Eindruck zur Story schildern. Den Rest kann ich ja noch nachliefern, wenn der DLC genug Substanz besitzt um was drüber sagen zu können.

Ohne Spoiler kann ich aber nicht viel mehr zur Story sagen. Wer sich das Spiel selbst noch anschauen will, sollte also nicht weiterlesen!

Charaktere Charaktere hat dieses Spiel durchaus zu bieten, aber wenn mich irgendwer dazu auffordern würde sie zu beschreiben, dann würde mir so gut wie nichts zu ihnen einfallen. Charakterentwicklung oder Hintergrundgeschichten sucht man nämlich größtenteils vergeblich. Und die Beziehungen zwischen den Partymitgliedern sind auch so gut wie nicht vorhanden, da beim endlosen Dungeoncrawling keine Zeit für Bonding Momente bleibt. Es gibt zwar ein bisschen Party Banter, als interessant oder unterhaltsam würde ich aber nur wenige Gespräche bezeichnen.

Einzig Jack ist einigermaßen einprägsam. Nicht weil er ein guter Charakter wäre, sondern weil er lange Zeit extrem simpel wirkt. „Finde Chaos, vernichte Chaos, alles andere ist scheißegal, außer vielleicht die Kristalle zu erwecken. Erinnerungen, Lufenier, who gives a shit? Chaos, Chaos, Chaos!!!“ Erst kurz vor Schluss macht er tatsächlich sowas wie eine Entwicklung durch, aber das ist leider viel zu spät. Und da mir die anderen Charaktere vollkommen egal waren, funktioniert die Story bei weitem nicht so gut wie die Entwickler sich das eventuell erhofft hatten.

Dass Jack gezwungen ist seine Freunde zu ermorden, hat mich emotional jedenfalls komplett kalt gelassen da diese Krieger des Lichts bis zum Ende wie eine Zweckgemeinschaft wirken die nach Erfüllung ihres Ziels direkt auseinanderfallen würde. FFXV hat in dieser Hinsicht wesentlich besser funktioniert weil man mehr als genug Zeit hatte eine Beziehung zu den Charakteren aufzubauen.
Gameplay Das Gameplay hat mit klassischen Final Fantasy Teilen nicht viel zu tun. Nicht nur weil hier eine Art Soulslike Action Kampfsystem zum Einsatz kommt, sondern weil das komplette Spiel in Missionen unterteilt ist, wodurch Erkundung außerhalb von Dungeons nicht existiert. Es gibt zwar eine Sprech-Funktion mit der man ab und zu mit den Menschen von Cornelia reden kann, die ist aber nur in wenigen Missionen verfügbar und die Gespräche sind größtenteils langweilig und irrelevant. Kann man sich also auch sparen ohne irgendwas zu verpassen.

Das Spiel macht außerdem von dem Job-System späterer Teile Gebrauch, wobei die Party-Mitglieder nur eine begrenzte Anzahl an Jobs verwenden und in keinster Weise geskillt werden können. Man kann nur deren Ausrüstung ändern und somit die Affinität ihrer Klassen anpassen. Je nach Affinität bekommt man nämlich von jedem Job unterschiedliche Boni, wodurch es sich durchaus lohnen kann Ausrüstung verschiedener Klassen miteinander zu kombinieren. Vor allem später, wenn man immer hochwertigere Ausrüstung mit höheren Affinitäts-Werten erhält, welche im Postgame sogar mehrere Jobs auf einmal abdecken können.

Ausrüstung zu kombinieren sorgt außerdem dafür, dass man mehrere Jobs auf einmal leveln kann, was vor allem deswegen ganz praktisch ist, weil man gezwungenermaßen alle Jobs bis zu einem bestimmten Punkt leveln muss um neue Klassen freizuschalten. Manche von denen müssen außerdem über mehrere Klassen freigeschaltet werden, wodurch man entweder viel wechseln oder eben Ausrüstung kombinieren muss.

Bei Bosskämpfen zu scheitern ist in dieser Hinsicht granz praktisch, da jeder Boss zwei Phasen hat und man nach der ersten immer einen ordentlichen Batzen Erfahrungspunkte erhält. Ich bin allerdings auch so sehr oft verreckt da die Bosse ordentlich reinhauen und man nach wenigen Treffern bereits aus den Latschen kippt.

Das kann man allerdings mit dem Soul Shield verhindern, mit dem sich so gut wie jeder Angriff blocken lässt. Bestimmte Fähigkeiten kann man damit außerdem absorbieren um die nach freien Stücken zurückzuwerfen. Sind, genau wie die unblockbaren Fähigkeiten, alle color coded, von daher sollte man das schnell verinnerlichen.

Der Soul Shield wird allerdings von der eigenen Break Leiste gespeist, weswegen man den nicht zu lange verwenden sollte. Es gibt an sich noch eine normale Block-Funktion die weniger praktisch, aber dafür risikofrei ist. Die habe ich aber sehr früh fallengelassen. Solange man den Soul Shield ordentlicht timed, braucht man die nämlich gar nicht.

Obwohl die Bosse ordentlich reinhauen, ist das Spiel aber wesentlich einfacher als richtige Souls Games. Wenn man stirbt verliert man zwar MP und absorbierte Skills, behält ansonsten aber alles was man seit dem letzten Speicherpunkt gesammelt hat. Die Speicherpunkte heilen außerdem die komplette Party und stellen verbrauchte Potions wieder her. Sollte man bei Bosskämpfen sterben, spawnen außerdem ein paar Orbs die einem Tips geben wie man den Boss besiegen kann.

Das Gameplay hat mir am Anfang aber trotzdem nicht wirklich gefallen weil ich es sehr behäbig fand. Erst als ich kapiert habe, dass es sehr darauf setzt dass man Angriffe blockt um MP zu regenerieren und damit mächtige Kombos rauszuhauen, hat es endlich gefunkt. Es gibt allerdings mehrere Klassen, darunter welche die fürs Endgame gedacht sind, mit denen ich nie wirklich warm geworden bin. Wie den Evoker, der einen Geist-Helfer beschwören kann der passiv angreift und aktive Fähigkeiten wie einen Heilkreis zu bieten hat. Ganz okay wenn man es langsam und vorsichtig angehen will, aber fürs Kämpfen fand ich den echt langweilig.

Da spiele ich lieber Paladin oder Sage. Ersterer weil er sich dank seiner Spezialfähigkeit mit jedem Treffer heilen kann, und letzterer weil er sowohl Schwarz- als auch Weiß-Magie verwenden kann und somit ein guter Allrounder ist. Und wenn Ultima geladen ist, dann gute Nacht

Egal ob man die Klassen mag oder nicht, sollte man die aber trotzdem maximieren da die Fähigkeiten bieten die sich mit allen Klassen verwenden lassen. Da fand ich zum Beispiel Blood Weapon + Barrage ganz nützlich, weil das Heilung durch Angriffe sowie zusätzlichen Schaden mit sich bringt. Muss man nur gut timen da die Effekte nicht sonderlich lange halten.

Ein Aspekt der sowohl positiv als auch negativ sein kann, ist außerdem, dass viele Klassen auf mehrere Waffen-Typen zurückgreifen können. Positiv weil man somit seltener gezwungen ist Waffen zu nutzen die man nicht mag, und negativ weil die Skilltrees einzelner Klassen dadurch Fähigkeiten für mehrere Waffen besitzen. Man kann also gezwungen sein Skillpunkte für etwas auszugeben dass man nie verwenden wird.

Das Inventar-Limit von 600 Items fand ich außerdem extrem nervig, da man anschließend gezwungen ist Ausrüstung auseinandernzunehmen (was für Upgrades wichtig ist), oder alles aus dem Inventar schmeißen muss, was früher oder später auf jeden Fall passieren wird weil alles andere zu zeitaufwendig ist, selbst mit Auto Dismantling aktiviert.

Das Gameplay ist also keinesfalls perfekt, kann aber durchaus Spaß machen. Das Postgame stört mich allerdings gerade, weil die nächsten wichtigen Missionen ein Ausrüstungslevel von 200 erfordern, meine Charaktere aber noch bei 130 rumdümpeln. Da muss ich also viel grinden, was nur auf dem Chaos-Schwierigkeitsgrad möglich ist, der außerdem benötigt wird um die Maximal-Level der Jobs zu erhöhen, wofür man viele Missionen nochmal spielen muss. Die Bosskämpfe die ich bisher wiederholt habe, haben sich aber trotzdem leichter angefühlt als beim ersten Durchgang.
Präsentation Hier muss ich erst mal sagen, dass das Intro einer der besten Momente des Spiels ist, weil es Garland als richtige Bedrohung darstellt der nicht so ohne weiteres von ein paar blutigen Anfängern besiegt werden dürfte. Das Problem ist nur, dass es wie das Intro zu FF1 wirkt und nicht wie das von Stranger of Paradise (da Sarah am Anfang noch gar nicht entführt wurde, weil diese Sequenz tatsächlich das Intro von FF1 ist und dementsprechend im Ending wiederholt wird)

Der Rest des Spiels ist zwar ebenfalls gut inszeniert, aber da die Story so dünn ist, finden so gut wie alle Zwischensequenzen in Bosskämpfen statt. Die meisten von denen sind also Jack gewidmet, der am Ende einer jeden Boss-Phase den Gegner verprügelt, ihn mit einem riesigen Schwert in zwei teilt, ihm Körperteile abreißt, etc...

Das Gameplay wurde aber auch gut in Szene gesetzt, vor allem die Wucht der ganzen Angriffe, sowohl von den Gegnern als auch von all den Spezialfähigkeiten die man im Laufe des Spiels freischaltet.

Ich finde es außerdem gut, dass jeder Ausrüstungsgegenstand das Aussehen der Charaktere verändert, auch wenn sie dadurch manchmal wie schlecht gekleidete Cosplayer aussehen

Was dem Spiel so richtig im Weg steht, ist allerdings die grottige PC Performance. Trotz 1080p Auflösung hatte ich nämlich immer wieder Slowdowns, teilweise wenn ich einfach nur durch die Gegend gelaufen bin ohne dass Gegner sichtbar waren. Dabei habe ich das FF7 Remake vor nicht allzu langer Zeit auf dem selben PC gespielt und hatte damit 0 Probleme obwohl ich es auf einer höheren Auflösung gespielt habe.
Musik Ich habe mir den Soundtrack jetzt extra nochmal angehört und ... eh. Er ist durchaus nicht schlecht. Passt ganz gut zu einem Action RPG und kann man sich durchaus nebenbei mal anhören. Für ein Final Fantasy ist er mir aber nicht catchy genug.

Ich bin außerdem kein Fan davon, dass mit "My Way" schon wieder ein existierender englischer Song recycelt wurde. Von den Lyrics her kann ich dessen Nutzung zwar verstehen, ein Song der extra für das Spiel geschrieben wurde, hätte mir aber eindeutig besser gefallen.
Fazit Stranger of Paradise ist eine durchwachsene Neuinterpretation von Final Fantasy 1, deren Story viel zu lange braucht um in Fahrt zu kommen, sehr verwirrend ist und keinen ordentlichen Payoff besitzt. Charaktere mit komplexen Persönlichkeiten und Hintergrundgeschichten sucht man hier außerdem vergeblich und der Soundtrack lässt für ein Final Fantasy ebenfalls zu wünschen übrig.

Fürs Gameplay kann sich Stranger of Paradise aber durchaus lohnen, auch wenn es ein paar Macken hat und zumindest am PC unter beschissener Performance leidet.
Screenshots
Wertung