Ich bin sowieso der Meinung, dass Reviews genau dieses Gefühl vermitteln sollten: "Oh, das ist für mich (oder eben nicht)!" Und was dafür wichtig ist, kann halt von Spiel zu Spiel krass unterschiedlich sein. Gerne also!
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Loop Hero
Nach dem ganzen narrativ-künstlerischen Indie-Shit ist es endlich mal wieder ZEIT FÜR GAMEPLAY!
Wobei ich sagen muss, dass Loop Hero nicht ganz uninteressant ist, was den Indie-Shit angeht. Es baut um sein Gameplay ein faszinierendes Setting auf, das den Begriff "postapokalyptisch" bis aufs Äußerste ausreizt – man schafft die Welt praktisch von Null auf neu. Die atmosphärischen Illustrationen unterstreichen das, irgendwo zwischen Warhammer und den Japano-RPGs des letzten Jahrtausends. Das Writing ist einerseits ganz quirky mit seinen ulkigen Charakteren, andererseits aber auch ernsthaft umfangreich ... so umfangreich, dass ich die hunderten gut geschriebenen Anekdoten, die man freischalten kann, fast ausnahmslos ignoriert habe. Weil, schön, dass es lustige Geschichten zu "Forest" oder "Pebble" gibt, aber andererseits könnte ich mir nicht viele Dinge vorstellen, die sich eindeutiger nach Zeitverschwendung anfühlen. Da hätte man sich imho lieber auf wenige Banger fokussieren und den Großteil der verwendeten Ressourcen ins Gameplay stecken sollen. Gut gefallen wiederum hat mir das Ende mit sehr deutlichen Japano-Vibes; denn die sind deutlich mehr, als so ein Spiel hier nötig hätte.
Das Gameplay läuft! Im mehrfachen Sinne. Loop Hero ist das, was entsteht, wenn man ein Idle Game nimmt, jegliche Anzeichen eines erholsamen Chill-Out-Faktors streicht und dann auch noch diverse strategische Roguelike-, Deckbau-, Aufbau- und Crafting-Elemente mit reindonnert. Es ist ein anstrengendes Spiel voller Maximierung, unterstrichen davon, dass man einen guten Run nur so wirklich wirklich nach Minimum 45 Minuten "speichern" kann. (Es ist etwas komplexer, aber darauf läuft es gefühlt hinaus.) Der Fokus, den das Spiel einfordert, ist aber nicht nur gut dosiert, sondern auch noch sehr befriedigend, und die verschiedenen Teile greifen einwandfrei ineinander. Ich habe knapp 60 Stunden gespielt, und die Motivation hat sich nicht nur ständig erneuert, sondern ziemlich genau bis zum Abspann gereicht. Lustigerweise habe ich aber auch nach 40 Stunden noch grundlegende Mechanismen entdeckt, die mir vorher entgangen waren. Das Ganze wirkt halt durchdacht, ein Ouroboros aus Gameplay, ein geschlossener heroischer Kreis sozusagen.
Kritisieren könnte man so einige Kleinigkeiten, aber am objektiv deutlichsten ist wohl die holprige technische Übersetzung, die manchmal einen Text aus seiner Textbox drückt oder (deutlich schlimmer!) die Beschreibung einer Eigenschaft so sehr verkompliziert, dass man am besten sofort googelt, was es wirklich damit auf sich hat. Chaotisch wird es auch immer mal. Trotz allem ist Loop Hero ein evolutionäres Spiel, das man eigentlich allen Liebhabern der "beteiligten" Genres empfehlen kann. Nur vor Management in diversesten Erscheinungsformen sollte man sich nicht fürchten – auch wenn es sich selten danach anfühlt.
4 von 4 ... Spiele habe ich gebraucht, bis ich mich erinnert habe, dass ich diesmal ja ein, äh, "Bewertungsding" laufen habe! 8D
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Apropos ZEIT FÜR GAMEPLAY, nebenbei spiele ich seit längerem Ys VIII und HuniePop 2. Da mir beide richtig gut gefallen, kriegen sie irgendwann ihre eigenen Segmente, wenn nicht noch irgendetwas schrecklich schiefläuft.