Umurangi Generation
Umurangi Generation Macro



Was für ein eigenes Ding! Ich habe erst überlegt, ob ich Umurangi Generation mit anderen Spielen vergleiche (Wir haben diesen Impuls, nicht wahr?), aber das sollte man wahrscheinlich lieber lassen; es wird schon ohne falsche Erwartungen am Geschmack der meisten Leute vorbeirauschen.
Gameplaytechnisch soll man bestimmte Fotos schießen, mit einer klassischen Shooter-Steuerung inklusive Doppelsprung. Zwar hat man dafür eine größer werdende Unmenge an Linsen und Bearbeitungswerkzeugen, aber wirklich in die Tiefe gehen muss man nicht. Zwar hat man dafür jedes Mal ein Zeitlimit, aber auch das ist nur eins von mehreren Bonuszielen, die nicht mal besonders spannenden Kram freischalten. Und nur weil es sich wie ein Shooter steuert, heißt das noch lange nicht, dass Timing in diesem Spiel relevant ist, oder dass sich auch nur viele Dinge bewegen würden. Heißt: Man kann es praktisch als Walking Sim spielen, was ich getan habe, oder als ... kreativen Foto-Simulator (?) oder sogar auf Geschwindigkeit und High Score. Das klingt jetzt vielleicht recht cool, aber ich bin ganz ehrlich, es fühlt sich vorrangig unentschlossen an. Gestört hat es mich allerdings nicht, weil das für mich nicht mal ansatzweise der Reiz des Ganzen ist. Es ist nur ein ganz ordentlich funktionierendes Werkzeug, das auf die wirklich zählenden Dinge hinarbeitet.



Und da steht an erster Stelle das Dreigespann aus einer fantastisch stylischen Optik, einer mehrdeutigen futuristischen Geschichte, die fast ausschließlich durch die Umgebung erzählt wird, und einem chilligen Soundtrack, der dem ganzen die passende Atmosphäre verpasst. (Okay, ausnahmsweise ein stilistischer Vergleich, weil er sowieso schon überall fällt: Jet Set Radio!) Das optische Design ist nicht komplett konsistent, was erstmal ein wenig seltsam wirkt, da es durchaus auf die zusätzlichen Künstler hätte verzichten können. Dann wiederum trägt genau dieses Patchwork-artige dazu bei, das Gesamtbild positiv indie wirken zu lassen, und zwar obwohl ich GENAU DAS in den meisten anderen Projekten für ein absolutes No-Go halte. In Umurangi Generation allerdings spürt man eine echte Energie, eine Weltsicht, die man tatsächlich als independent beschreiben könnte. Mit seinen Māori-Anleihen und einem lebendigen Batzen Jugendkultur wirkt es von Anfang an rebellisch, aber mit der Zeit wird es explizit politisch, und spätestens im Macro-DLC ist dieses Spiel so radikal, dass man unmöglich darüber hinweggehen kann. Nicht zuletzt weil es sich ABSURD aktuell anfühlt, wie eine direkte Reaktion auf Covid-19, was aber offensichtlich auch nur ein Teil einer sehr viel kreativeren Gleichung ist. Hier kann man deutlich mehr drin erkennen.



Hat mir Umurangi Generation Spaß gemacht? Hm, nicht so wirklich. Es war auch nicht spannend im Sinne mancher narrativen Spiele. Aber es ist angenehm zu spielen, durchgängig faszinierend und arbeitet hart daran, einen produktiven Mittelweg zwischen dem Zynismus seiner Realität und der Frage, wie man damit umgehen soll, zu finden. Und das ist wunderbar!