The World Ends With You

Ich habe selten ein Spiel gespielt, das für mich dermaßen "Hin und Her" war, in ganz unterschiedlicher Hinsicht.

Wie schon erwähnt, ich musste es dreimal anfangen, weil es so anders und gewöhnungsbedürftig und irgendwo auch anstrengend ist. Das Gameplay war für mich immer faszinierend, und es hat zwischendrin immer wieder seine Höhepunkte und Wow-Momente, aber faszinierend ist halt noch lange nicht unterhaltsam oder spaßig. Dann wiederum muss man auch nicht endlos grinden oder kämpfen, und mit dieser Auswahl an Steuerungs- und Schwierigkeitsgrad-Optionen, an Auto-Save und Freiwilligkeit war den Entwicklern wohl auch bewusst, was für ein "spezielles" Erlebnis sie da auf den Bildschirm zaubern. Und ja, im Gesamtbild geht es klar und war definitiv auch ganz lustig (vor allem mit dem Finger auf der Switch!), aber ich würde kaum eine Stunde mehr damit verbringen wollen als nötig. Null Verständnis also für die Wahnsinnigen unter euch, die mehr als 50h daran gespielt haben! =D

Ich könnte als nächstes von technischen Kategorien reden, aber wenn es um Optik und Musik geht, sollten wir unseren Fokus definitiv auf den Style dieses Spiels legen, und das gesamte Design mit einbeziehen. Und ja: Hin und Her! Es hat eine Vision, eine stilistische Idee, die einem offensichtlich auf den ersten Blick gefallen kann oder nicht ... aber es ist eine ziemlich wilde Idee, und das meine ich ausnahmsweise negativ. Ich habe zwar eine Schwäche für Teenager-Coolness, selbst diese hier, aber bei TWEWY brodelt so eine schwelende "How do you do, fellow kids?"-Energie unter der Haube. Das liegt einmal daran, dass es die WILDE Entscheidung trifft, tatsächlich mit 2000er Trends zu arbeiten, die zunehmend veralten (Lange nicht mehr so viele Tribals gesehen! ), aber vielleicht auch daran, dass es die Grundidee von Trends und Mode auf mehreren Ebenen einbindet, ohne sie wirklich zu verstehen – ein spezifischer Pin als entscheidender Modetrend in ganz Shibuya?! Es ist zwar nicht komplett lächerlich, aber manchmal musste ich schon an die misslungenen Versuche der Mainstream-Fernseher-Redakteure mittleren Alters denken, "realitätsnahe" Dokumentationen über Afrika oder Nerd-Hobbies zu drehen. Und dabei kann ich nicht mal sagen, dass das Spiel stilistisch rund ist, weil ich niemals auf die Idee klarkommen werden, einem Froschgegner Tribal-Beine zu verpassen. Selbst die eigentlich sehr coole Musik passt irgendwie nur die Hälfte der Zeit zu den Geschehnissen. Aber, der Fairness halber: Das klingt jetzt deutlich schlimmer als es ist, denn das Spiel macht definiert sein eigenes Ding, und eigentlich gefällt mir dieses Ding auch ziemlich gut. Aber es ist auch weit entfernt von einem Persona, bei dem man sehr viel besser verstanden hat, dass man eine solche "Jugendlichkeit" besser an entscheidenden Stellen platziert und an anderen sehr bewusst die Klappe hält.

Auch auf der inhaltlichen Ebene springen wir hin und her. TWEWY hat eine spaßige, klassische Prämisse, aber teilweise unnötig verkomplizierende Richtungen, in die es diese Prämisse entwickelt. Mal hat es wunderbare Twists und emotionale Momente, mal ist es stumpf und holzhammerhaft. Die Charaktere gefallen mir alle richtig gut, aber kaum einer wird in einer Art und Weise behandelt, in der es ihm 100% gerecht wird, und speziell die Beziehungen wechseln oftmals krass plötzlich ihre Richtung. Generell ist das Pacing sehr rasant, manchmal zu rasant, aber selbst das ist nicht konsistent. Ein einziger Stadtteil als Setting ist eine endcoole Idee, aber selbst als jemand, der mehrmals in Shibuya war, konnte ich kaum eine Verbindung zu den Schauplätzen entwickeln, was hier eigentlich total naheliegend gewesen wäre. Und so eine nutzlose Karte habe ich auch selten gesehen, vor allem zusammen mit diesem verwirrenden Layout. xD' Besonders positiv hervorheben will ich aber das Writing der Dialoge (oder die Übersetzung?), denn die sind echt unterhaltsam und außergewöhnlich lebendig. Mit einer schlechteren Übersetzung hätte man den "Fellow-Kids-Faktor" hier noch mal auf 180 drehen können, aber so hat man glaub ich eine Menge gerettet!

Was ich abschließend noch richtig gut, und zwar überraschend gut fand, war das Ende. TWEWY ist eine dieser seltenen Geschichten, bei denen man sich bis zum letzten Moment fragt, wie zur Hölle sie das alles noch gerade biegen wollen ... und dann gelingt es doch! Ich liebe, dass Joshuas Entscheidung zugleich offscreen und doch komplett nachvollziehbar und in-character stattfindet, und ich liebe, dass Shiki am Ende in ihrer "echten" Gestalt auf den Freundeskreis trifft. Und ich liebe, dass die simple Message, die eigentlich von Anfang an klar ist, auf eine Art und Weise durchkommt, die weder zynisch oder trivial, aber auch nicht allzu erzwungen wirkt.

Also ja. Hin und Her. Definitiv eine spannende Erfahrung mit vielen liebenswürdigen Ecken und ebenso vielen rauen Kanten. Man muss sich unbedingt drauf einlassen, und da man zwischen 20 und 30 Stunden durchkommen kann, ist das auch keine allzu gigantische Investition. Empfehlung? kA! Ich weiß selbst nicht, ob ich den Nachfolger spielen werde. Zumal es auch perfekt abgeschlossen ist.

10 von 10 ... für die Eier, das Spiel tatsächlich so zu nennen, und für die Abkürzung, die damit einhergeht
3 mal 7 ... Tage Spielzeit
3 von 3 ... Partnern, denen man verdammt noch mal vertrauen sollte!