The Legend of Heroes: Trails of Cold Steel
~ Serienfazit ~
Insgesamt hat mich die Cold Steel-Serie leider enttäuscht. Alle Teile haben ihre Probleme mit dem Writing bezüglich der Story, da ist es bezeichnend dass der meiner Meinung nach beste Teil, Cold Steel 3, fast vollständig darauf pfeift und lieber die Character-Quests-Route geht, die er immerhin sehr gut hinbekommt. An dessen Ende kommt dann aber doch wieder etwas Story hinzu und ausgerechnet dann fängt er natürlich an zu schwächeln. Durch den vierten Teil wird dann sogar nachträglich das bisschen an Hintergrund-Storyrauschen entwertet, indem ersichtlich wird dass die meisten Mysterien aus Teil 3 keinerlei Relevanz hatten und nur als Füllmaterial dienten, um eine falsche "Spannung" zu erzeugen. (Ich habe bewusst die Bezeichnung "Spannungsbogen" vermieden, da Falcom die Bedeutung dieses Begriffs komplett fremd ist.)
Die Bonding Events sorgen zwar dafür dass man mehr über die Charaktere erfährt, das hätte sich aber auch über normale Gespräche realisieren lassen, vielleicht sogar in kleineren Gruppen ähnlich den Lagerfeuer/-Tischgesprächen aus der Grandia-Serie, so dass sich bessere Dynamiken innerhalb der Gruppe ergeben hätten. Denn sämtliche Charakterprogression findet praktisch immer nur aus Sicht des Protagonisten statt. Er ist der omnipräsente Mediator, wenn andere Charaktere miteinander reden dann ist er immer als Zeuge anwesend. So gut wie keine Szene wird aus dem Blickwinkel eines der anderen gefühlt hundert relevanten Charakteren erzählt. Es gibt fast keine Beziehungen untereinander, bei denen der Protagonist nicht involviert ist. Und wenn dann entwickeln sie sich meist Off-Screen und werden als gegeben angenommen. (Sind Emma, Alisa und Laura jetzt gute Freundinnen, zweckgebundene Freundinnen, Waffenschwestern... ich weiß es nicht, auch nicht nach vier Teilen.) Meiner Meinung nach ein großes und unverzeihliches Versäumnis, wenn ein Spiel schon eine solch gigantische Charakter-Riege auffährt. Man stelle sich nur einmal vor wie eintönig ein "Das Lied von Eis und Feuer" wäre, wenn alle Handlungsstränge nur aus der Sicht von Jon Schnee erzählt werden würden. Außerdem führt das dann zu solchen Absurditäten wie, dass der Protagonist einen ganzen Harem an Verehrerinnen um sich herum versammelt, während alle anderen praktisch leer ausgehen.
Ich hoffe für zukünftige Ableger, dass sich die Autoren etwas zügeln und den Charakter-Porno deutlich zurückfahren, denn die Partygrößen erreichen stellenweise absurde Ausmaße. Außerdem fallen so zwangsläufig immer wieder Charaktere zeitweise unter den Tisch. Aber wenn ich mir anschaue wie viele für Kuro no Kiseki schon wieder angekündigt wurden und das dann auf mehrere Ableger hochrechne, wage ich zu bezweifeln dass Falcom hier eine andere Richtung einschlägt.
Auf mich wirkt die Handlung nicht konsequent durchdacht und ich habe das Gefühl, dass es zwischen Cold Steel 2 und 3 einen Bruch gibt, bei dem ein ganzer Haufen an Story-Strängen fallengelassen bzw. um- und hinzugedichtet wurde. Einige Elemente wollen da einfach nicht so recht passen. Außerdem fehlt es letztendlich an weitreichenden Konsequenzen, da sich die Serie scheut, sich auf einem Niveau über einer USK-6-Freigabe zu bewegen und der Inhalt dementsprechend ausfällt.
Die Spiele halten den Spieler ständig an der mentalen Hand. Auf den ersten Blick nicht offensichtliche Beziehungen zwischen Charakteren, Zusammenhänge etc., die man sich dank verstreuter Hinweise mit etwas Kombinationsgabe selbst erschließen kann, werden dem Spieler nach einiger Zeit penetrant aufs Auge gedrückt anstatt sie nebulös zu belassen. Teilweise sogar gleich mehrfach, man könnte ja eine dieser Situationen verpasst haben.
Falcom kopiert sich viel zu sehr selbst, sogar innerhalb der Unterserie. Cold Steel 3 ist eine Kopie von Teil 1, Cold Steel 4 von Teil 2 und beide Varianten sind ihrerseits von Trails in the Sky 1 und 2 abgeleitet. Und das demnächst anstehende Trails into Reverie soll starke Ähnlichkeiten zu Trails in the Sky the 3rd aufweisen. Dazu die ständig wiederverwerteten Quests der Marke Straßenlaternen reparieren oder vermisste Katzen suchen. Ich wünschte mir dass Falcom so langsam mal versuchen würde neue Wege zu gehen...
Die generischen Fertigbau-Dungeons gehören so ziemlich zum Bodensatz, was das JRPG-Genre zu bieten hat. Bis auf ganz wenige Ausnahmen sind diese, wie bei einer Carrera-Bahn, zum Großteil aus vorgefertigten Stücken zusammengeschustert. Genormte Schienenteile mit Geraden, Kurven (meistens eher Winkel) und Kreuzungen, die in allen möglichen Kombinationen aneinandergesteckt wurden, architektonisch allerdings keinerlei Sinn ergeben. Auf schmale Schläuche, in denen höchstens mal ein paar Kisten zum Zertrümmern herumstehen, folgen etwas weitläufigere Rechtecke, in denen gekämpft wird. Und selbst die wenigen Schalter-"Puzzles" sind so angelegt, dass sie sich linear im Vorbeigehen lösen lassen, so dass man gar nicht erst in Versuchung kommen muss nachzudenken. Die Wegführung ist dabei so ausgelegt, dass man in vermeintlichen Sackgassen durch Abkürzungen immer wieder auf den Hauptpfad zurückgelotst wird. Das kann man positiv finden, trägt im Endeffekt aber nur noch mehr zur Linearität und Monotonie bei.
Ich habe es schon im Abschlussbericht zu Trails of Cold Steel 4 gesagt und das gilt auch für alle anderen Teile: Die Stärken der Cold Steel-Serie sehe ich in den Charakterinteraktionen, den leichten Momenten, den humorvollen Neckereien untereinander, dem Drama welches in gewissen Situationen durchsickert. Es motiviert, über die aufgeworfenen Mysterien zu spekulieren. Auch das Kampfsystem macht einfach Laune und der Soundtrack ist super, wobei der aus Cold Steel 1 unerreicht bleibt, in späteren Teilen aber immerhin arrangierte Variationen einzelner Stücke davon zum Einsatz kommen. Die englische Synchronisation habe ich in den bisherigen Berichten viel zu wenig gewürdigt. Die Synchronsprecher leisten durch die Bank erstklassige Arbeit (Ausnahme: Alisa ) und gerade die Sprecher von z.B. Crow, Juna, Sara, Ash, Sharon oder Vita lassen die originale, japanische Tonspur meilenweit hinter sich. Wenn Falcom es jetzt nur noch hinbekäme, ihre Spiele durchgehend und nicht so lückenhaft zu synchronisieren... Hier hat XSEED zumindest in den Neuauflagen von Cold Steel 1 und 2 einen lobenswerten Job gemacht!
Aber was das Writing der Story betrifft ist hier leider der absolute Tiefpunkt der Serie erreicht. Daher rangiert sie bei mir deutlich unter der Trails from Zero to Azure- und der Trails in the Sky-Serie.
Will ich die Trails-Serie überhaupt noch weiterspielen? Um ganz ehrlich zu sein; ich weiß es nicht. Nach Trails from Zero to Azure war ich noch total gehypt, ich dachte schon dass dies die neue JRPG-Offenbarung werden könnte, doch die Trails of Cold Steel-Serie hat mich ernüchtert zurückgelassen. Vielleicht genehmige ich mir noch Trails into Reverie. Sollte das Spiel so ähnlich werden wie Trails in the Sky the 3rd kann ich hier zumindest auf interessante Minigeschichten und einen runderen Abschluss hoffen (im Umfang beschränkte, charakterbezogene Geschichten sollten mit dem aktuellen Writing besser funktionieren als Geschichten epischen Ausmaßes), aber ob ich mir die Kuro-Serie noch zu Gemüte führe und hunderte Stunden darin investiere, nur damit die übergeordnete Handlung am Ende in zehn bis fünfzehn Minuten ein klitzekleines Stückchen vorangetrieben wird, das wage ich bei der aktuellen Qualität des Writings zu bezweifeln. Da müssen mich schon Nicht-Cold-Steel-Fans überzeugen.
Außerdem ist es jetzt auch nicht so als würde die Serie komplett revolutionäre Geschichten erzählen. In Erebonia wird im Grunde eine ziemlich ausladende Neuinterpretation von The Legend of Dragoon mit einigen Ergänzungen erzählt, welches für eine vergleichbare Geschichte aber nur einen- und nicht gleich vier Teile benötigt. Und auch die überspannende Geschichte wurde, soweit man das bisher erahnen kann, bereits von anderen Spielen thematisiert und das in deutlich weniger als den bisherigen zwölf Teilen (in Japan), die die Trails-Serie dazu veranschlagt.
Hier noch eine äußerst witzige da hundertprozentig zutreffende Zusammenfassung der ersten drei Cold Steel-Teile. Spoilergefahr!
Fazite
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