Ich komme jetzt zu meinem dritten Retro-Spiel, das ich im Zuge der JRPG Challenge 2020 ausgiebig getestet habe. Bisher konnten Terranigma als auch Mystical Ninja Starring Goemon in Sachen Komplexität und Spieltiefe mit aktuellen Spielen mithalten. Die Spiele sind nicht nur immer noch sehr gut spielbar, sie besitzen auch Alleinstellungsmerkmale.

Aber nicht alle alten Spiele wecken heute nicht die gleiche Faszination wie damals. Ein Beispiel ist Trials of Mana, das ebenfalls eines der besten Spiele der damaligen Epoche war, aber heute gerade mal ein „gut“ abstauben kann. Und das, obwohl ich erwartet habe, dass ich dieses Spiel sehr viel besser finde. Es gibt also nur wenige alte Spiele, die wirklich noch mithalten können im Sinne Immersion und Playability, bzw. die ihre damalige "Bewertung" hätten halten können...

Lufia ist jetzt Nummer drei auf der Liste der getesteten Originalspiele aus den 90ern. In Deutschland ist das Spiel erst sehr spät erschienen, irgendwann 1997 – kurz vor Veröffentlichung des N64. So liegen zwischen Lufia und 3D-Spielen wie Mystical Ninja Starring Goemon nicht einmal ganze zwei Jahre. Trotzdem ist Lufia eindeutig eine ganz andere Generation Videospiel.

1995 ist es in Japan als zweiter Teil der Estpolis Denki-Rollenspiel-Serie des Publishers Taito, bekannt geworden durch Space Invaders und Arkanoid, erschienen. Und jeder namenhafte japanische Publisher hatte Mitte der 90er mindestens eine Rollenspielserie. Squaresofts "Final Fantasy", Enixes "Dragon Quest", Capcoms "Breath of Fire" oder Falcoms "Ys" waren allesamt fest etablierte Rollenspielmarken. Und Taito hatte 1993 mit dem nur in Japan und den Staaten erschienenen Estpolis Denki oder Lufia & The Fortress of Doom den Grundstein für ihre eigene Rollenspiel-Serie gelegt.

Unser Lufia ist somit der zweite Teil einer in Europa nicht vollständig erschienenen Rollenspielserie. Der Nachfolger zu Lufia & The Fortress of Doom – in Amerika mit dem Untertitel „Rise of the Sinistrals“ belegt, in Europa hingegen einfach nur „Lufia“ genannt. So falsch ist diese Bezeichnung nicht einmal, denn es handelt sich bei dem Nachfolger um das Prequel.

Ich habe das Original-Lufia von 1993 auch mal mehrere Stunden angespielt, fand das Spiel aber ziemlich fade. Nichts sagende Charaktere, eine selbst für damals generische Handlung, Zufallskämpfe und stupides Dorf-Dungeon-Dorf-Dungeon-Dorf-Dungeon-Abgeklappere hätten mich garantiert auch 1993 schon nicht begeistert.

Dieses Lufia 2 allerdings erreicht in meinen Augen eine ganz andere Qualität. Ich fand die Story und die Charaktere damals extrem gelungen. Das Abenteuer war für mich extrem genial, brachte es auch jede Menge erzählerische Abwechslung. Aber wie schon gesagt. Für das Review hier setze ich die Nostalgiebrille ab und versuche es ehrlich zu bewerten, wie sich das Spielerlebnis im Vergleich zu sämtlichen Rollenspielen schlägt, die seit damals erschienen sind. Ob es sich vielleicht nicht doch um eine generische Gurke handelt, lest Ihr hier:





Das nenn' ich jetzt doch mal eine klare Ansage! Die Gruppe ist immer maximal zu viert unterwegs. In diesem Kapitel sind Selen, Maxim, Arten und Guy Zusammen mit der geheimnisvollen Iris wohl in eine Falle getappt.




Holerö-Count #9... Die Dialoge sind stellenweise arg albern. Aber die beiden Diebe sind witzig und kommen sogar öfters vor. Unsere Helden werden auch einmal zu Dieben: Sie wollen einen Panzer klauen (ja, klauen!) von dem diebischen Prinzen des kriegerischen Landes Taru. Wer jetzt von wem was klaut, ist wohl ein Fall für ein umfassendes Organigramm.





Wenn man rundenbasierte Kampfsysteme kennt, wird man sich sofort zurecht finden. Auf der Weltkarte gibt es als einziges Zufallskämpfe. Grinden also am besten dort!



Der Unterwassertempel bietet einiges an grafischer Abwechslung im Gegensatz zu sonst fast jedem Dorf. Die !tiefgründigste" Erkundung in einem Rollenspiel bietet wohl Lufia im wahrsten Sinne des Wortes, da man ja tief auf den Grund taucht...











WERTUNG:

Handlung, Charaktere und Dialoge: ➊➋➌➍➎➏➆➇➈➉ okay: Charaktere sind schon charmant. Insgesamt bleib das Spiel sehr oberflächlich, bietet aber handlungstechnisch zumindest ein Mindestmaß an Unterhaltung.
Gameplay und Kampfsystem: ➊➋➌➍➎➏➐➇➈➉+ gut, Tendenz sehr gut: Gerade durch das Rätsel-Design und die Einbindung der Dungeons in die Handlung fällt die starke Formelhaftigkeit nicht auf. Kampfsystem sehr einfach, 08/15 und ohne große Überraschung.
Spielwelt und Atmosphäre: ➊➋➌➍➎➏➆➇➈➉- okay, Tendenz durchwachsen: Spielwelt leidet etwas durch das Fehlen markanter Punkte und durch die generische Ausrichtung.
Technik und Präsentation: ➊➋➌➍➎➏➆➇➈➉ okay: Grafisch sehr hübsch, aber leider auch sehr abwechslungsarm.
Musik: ➊➋➌➍➎➏➐➑➈➉ sehr gut: Mit Ohrwürmern gespickter Soundtrack, der über die Spielzeit trägt.

Gesamtwertung: ➊➋➌➍➎➏➐➇➈➉- gut, Tendenz okay: Etwas generisches, aber charmantes und besonders rätsellastiges Retrospiel mit hinreichender Story.