@ Brei
Dass der Boss nicht (niemals?) das erste Ziel sein dürfe, ist erst einmal ein Postulat. Die Gewohnheit spricht dafür, denn viele Spiele machen es genauso. Da die meisten Spieler bereits eine Spielerbiographie haben und eine Situation nicht frisch, sondern mit entsprechenden Vorerwartungen betrachten, kann man ihnen selbstredend entgegenkommen und das liefern, was sie voraussichtlich annehmen. Das mache ich auch oft genug. Wenn der Heiler etwa nicht der stärkste Kämpfer ist, dürfte das kaum einen Spieler ernsthaft überraschen. Erwartungen sind Teil der Spielerlenkung und unter diesen Begriff habe ich ja selbst den Austausch über das Lager der Kannibalen gestellt.
Aber Spielerlenkung ist für mich kein Synonym für Spielerfernlenkung. Ich möchte den Spieler nicht bemuttern, er soll seine eigenen Entscheidungen treffen und damit seine eigenen Konsequenzen gestalten dürfen. Tut mir leid, ich werde noch einmal kurz abstrakt: Das interaktive Medium unterscheidet sich gerade durch seine Entscheidungsmöglichkeiten von seinen passiven Brüdern Buch und Film. Eben diese Möglichkeiten möchte ich nicht liegenlassen. Dass sich die Helden nach einem Atomkrieg zunächst einmal in einer neuen Welt zurechtfinden müssen, ist ein erzählerischer Gedanke, den ich nicht einfach schildere, sondern den ich spielbar machen kann. Rausgehen, umgucken, Auswahl treffen. In einem Buch wäre das nicht möglich, dort zieht der Autor den Leser Zeile um Zeile den festgefügten Weg hinterher.
Ich möchte den Spieler zu eigenen Interpretationsleistungen anhalten. Als "Falle" würde ich das Lager bezeichnen, wenn üppige Blondinen lockten und plötzlich fällt die Fassade und die Kannibalen schießen hervor. Das Lager sieht dezidiert feindselig aus, die Helden tauschen sich explizit über zu erwartende Gewalt aus und bevor du rückblickend dein Anrennen idealisierst: Du hast ja schlimm auf die Mütze gekriegt.Kann man sich nicht noch deutlichere Signale wünschen? Das kann man gewiss immer.
All deine Vorschläge sind gut. Wenn man davon ausgeht, die Spielsituation im Kannibalenlager sei illegitim, wäre eine Änderung fraglos zwingend und jeder deiner Vorschläge schüfe Abhilfe. Wir haben hier einen Kriteriendissenz. Das ist nicht schlimm. Gerade in der deutlichen Artikulation unterschiedlicher Spielabsichten liegt Gewinn, weil so der Blick für einen zweckbestimmten Griff in den Instrumentenkasten geschärft wird und genau das leistet der Thread.
@ Liferipper
Theoretisch ist das widersprüchlich, praktisch nicht, da man bereits zu diesem frühen Zeitpunkt mehrere Wahlmöglichkeiten hat. Die Freiheit wäre nur eine Scheinfreiheit, wenn es stets lediglich zwei Optionen gäbe, von denen eine immer falsch wäre.