Und wenn du den Einleitungspost jetzt nochmal liest, wirst du feststellen, dass explizit nach Titeln gefragt wurde, die sich vom Standard abheben.
Ne Menge Budget, kurzgesagt. Wenn man damaligen Interviews glauben darf war ein maßgeblicher Grund, warum das Spiel ja mehrfach verschoben wurde, dass man sich recht langsam an diese ganzen Szenen herangetastet hat und generell eher wie an einen Film an die Sache herangegangen ist. Making of-Material zeigt auch, dass viele Szenen in 3D "komponiert" und animiert wurden und die Animationen dann quasi als Engine-Code exportiert wurden, wenn ich das richtig im Kopf habe. Wenn man sich die Scripte anschaut sieht man auch, dass ein Großteil des Spiels gar nicht Text bzw. Dialog ist, sondern reine Eventbefehle, was ja nun für VNs doch eher untypisch ist.
Nicht das richtige Maß an Slice of Life trifft es einerseits ganz gut, aber der springende Pinkt war für mich eher, dass diese Szenen nichts beitragen. Ich liebe Slice of Life, aber für mich sollte jede Szene irgendwo ihren Sinn für das Spiel haben und sei es bloß, Charakterinteraktionen zu etablieren, da diese später wichtig werden. Utawarerumono hat in allen Teilen teils recht schwere Grundthemen, meist Bürgerkriege o.ä., um die dann halt die typischen weiblichen Stereotypen gestrickt sind - in den PS4-Sequels noch einmal mehr als in Teil 1. Dabei gibt es bei diesen Sequels halt ne Menge Szenen, die gar nichts zum Plot beitragen, nichts neues über die Charaktere verraten oder zeigen, sondern einfach reine Filler sind, deren Wegbleiben niemandem auffallen würde. Oft unterbrechen diese Szenen daher den Storyfluss ungemein, was gerade, wenn eigentlich spannende neue Infos enthüllt wurden, enorm frustrierend ist. Da Utawarerumono dazu halt sehr klassisch aufbereitet ist - schmale Textbox unten, üblicherweise 2~3 Charakterportraits oben, ab und zu ein CG - ist es jetzt auch nicht so, dass man da wenigstens grafisch etwas geboten bekäme. Wie gesagt, die Szenen haben einfach keinen Mehrwert, sondern wirken sich enorm negativ auf das ganze Pacing aus.
Auch, wenn Fate/Stay Night bestimmt mit ein paar Slice of Life-Szenen weniger auskäme, werden die dort bspw. weitaus besser genutzt, nämlich fast immer als Überleitung für wichtige Gespräche oder Foreshadowing. Gerade Heavens Feel hat großartige Slice of Life-Szenen, die einen großen Teil dazu beitragen, einem die Auswirkungen der Handlung auf die Charaktere näherzubringen.
Focus mode ist ein Feature das manche Text-Editoren haben, bei dem nur der aktuelle Absatz, der aktuelle Satz, oder die aktuelle Zeile komplett opak dargestellt werden und alles andere etwas in den Hintergrund gerückt wird, um halt den Fokus auf diesen aktuellen Teil des Textes zu legen. Ist bei VNs eher unüblich, da ja auch die meisten das 0815-Steup mit schmaler Textbox verwenden und es da nicht so richtig Sinn machen würde, beim NVL-mode (also wo die Textbox den ganzen Bildschirm einnimmt) ist es aber sehr angenehm, da man ja auch mehr Text auf einmal hat und es nochmal etwas hilft, den Blick zu fokussieren. Habe ich aber zugegeben bisher nur in Mahou Tsukai no Yoru gesehen und Engines wie Ren'Py unterstützen sowas auch nicht von Haus aus und auch per Script nur mit erheblichem Aufwand.
Als großes Negativbeispiel zum Thema eigentlich-keine-VN-aber-mit-VN-Anteilen würde ich NieR noch erwähnen wollen. Dort gab es ein Spielsegment, welches als VN dargestellt wurde und das wirklich auf absolut kostensparendste Art und Weise: Schwarzer Bildschirm, weißer Text, Ende. Gut, es gab ne Synchro. Bloß dadurch, dass da auf nichts geachtet wurde, was man sonst so an Komfortfeatures von sowas erwarten würde, spielte es sich sehr unangenehm, auch, wenn die Idee durchaus Charme hatte und das Writing von NieR nun auch eigentlich wirklich nicht schlecht ist.