Dieser Punkt beinhaltet wohl zwei unabsehbare Stärken von Fire Emblem – Three Houses und diese bilden neben dem Gameplay den Hauptpfeiler der Motivation.
Die
Handlung selber ist keine wirkliche Stärke. Allerdings ist sie als
konservativ und
solide auch keine eigentliche Schwäche. So steckt rein objektiv schon
einiges an Wendungen in der Story, deren
Vorhersehbarkeit wahrscheinlich auf Andeutungen im Spiel sowie meiner Erfahrung mit dem Genre fußt.
Schön ist, dass man lange keinen Plan hat, wie es weitergeht und was als nächstes kommt.
Weniger schön ist, dass gerade die entscheidenden und „überraschenden“ Plot-Punkte so wirken, als ob sich die Heldengruppe beim Pen und Paper-Rollenspiel so stark vom Plot entfernt hat, dass der Spielleiter improvisieren muss.
Viele Handlungsereignisse wirken daher schon arg konstruiert bzw.
nachträglich eingesetzt. Das sorgt auch immer wieder für unschöne Längen in der Handlung. Da wird erst auf etwas hin konstruiert und dann passiert zwei/ drei Monate lang nur Vorbereitung, als würde das Schicksal kalendarisch alles penibel durchplanen wie im Lehrplan. Das ergibt so weniger Sinn und andere Spiele lösen das besser. So hat man in Trails of the Cold Steel auch nur eine Exkursion im Monat wo immer gleich alles passiert, dort wurde aber die Rahmenhandlung darauf hin angepasst. Bei Fire Emblem wurde es einfach „passend“ gemacht.
Allerdings
lebt das Spiel eben nicht von seinen politischen und spirituellen Verstrickungen, sondern
hauptsächlich von der Dynamik seiner Figuren untereinander. Und das ist wohl das größte Plus von Fire Emblem: Three Houses. Hat man in vorhergehenden Serienablegern überhaupt keine Bindung oder Identifikation zu seinen Schützlingen aufbauen können,
so kann man nun zu jeder Einheit, die man auf das Schlachtfeld schickt,
eine sehr innige Beziehung entwickeln. Das Beziehungssystem unter den Figuren als auch direkt zu Byleth bietet dabei einiges an Potenzial. Schließlich sind die verbundenen Figuren, die Kämpfer allesamt seine Schüler. Oberflächlich gesehen muss man für seine Schäfchen gefällige Entscheidungen in Dialogen auswählen, sie beschenken oder mit ihnen in der Akademie Dinge unternehmen, um ihr
Wohlwollen und auch ihren Lernwillen zu steigern. Doch durch die Beziehungen der einzelnen Schüler untereinander in der Klasse bekommt das Ganze noch eine Dynamik, die eben die
Figurenzeichnung sehr lebendig erscheinen lässt.
Die Charaktere selbst sind
teilweise übertrieben überzeichnet und auch klischeebeladen –
andere sind wiederum richtig gut ausgearbeitet. Was sehr gelungen ist, dass die
Charaktere auf die Ereignisse der Handlung relativ angemessen reagieren und sich tatsächlich so etwas wie die Identifikation zu den Figuren einstellt. Einige der
Charaktere sind hervorragend und nachvollziehbar geschrieben – insbesondere die Männerwelt. Die Frauen wirken größtenteils stark klischeehaft, sind aber im Grunde auch gut charakterisiert.
Bei der Auswahl des Hauses am Anfang kann man sich die Hausschüler auch schon mal im Vornherein anschauen. Man erfährt, ob sie adelig oder bürgerlich sind, was sie für Kampf-Skills haben, als auch ein wenig wie sie so drauf sind.
Das Haus der „
Schwarzen Adler“ der Kaiserprinzessin Edelgard ist für mich schon am Anfang ausgeschieden, da sie den unsympathischsten Kader mitbringt. Erst einmal besteht er zu 90% aus Adeligen, zudem auch aus Hitzköpfen und Eigenbrötlern. So befindet sich in ihrer Klasse der gruselige Hubert, der auch im Laufe des Spiels immer wieder sehr unsympathisch wirkt und sich im Dialog auf das Notwendigste beschränkt. Zudem macht er immer wieder zynisch wirkende Bemerkungen, bei denen man nie weiß, ob er sie ernst meint. Er versucht seine Dialogpartner zu verunsichern und ist wahrscheinlich auch die Sorte Mensch, die seine Selbstgedrehten ohne Filter raucht.
Daher habe ich mich für die Wahl zwischen den „
Blauen Löwen“ und den „
Goldenen Hirschen“. Ich habe tatsächlich, die „Goldenen Hirschen“ schon im Vorfeld bevorzugt, da der Königreich-Kader auch nicht zu 100% aus sympathischen Leuten besteht und mir gerade diese Gruppe sehr skeptisch begegnet. Insbesondere Desue, der mit seiner Reserviertheit schon an einen osteuropäischen Bergführer erinnert und sich nur dem Haussprecher öffnet. Ich habe dennoch gewürfelt
(DSA – Probe (bei 10-10-10) und... glücklicherweise... verloren) und dabei sind es dann tatsächlich die „Goldenen Hirschen“ geworden.
Diese Klasse ist wirklich süß. Ich glaube ich habe die nettesten Charaktere erwischt und auch mit Claude einen Haussprecher, der zwar ein rechtes Schlitzohr ist, aber liebenswert hoch Zehn. Genauso liebenswert sind die ganzen anderen Schüler der „
Goldenen Hirsche“, die ich sehr lieb gewonnen habe über das Spiel. Natürlich sind die gerade die klischeebeladenen Figuren in der Klasse, aber sie alle sind richtig gut beschrieben. Der verfressene Rafael, der immer wieder behaupten muss, wie blöd er ist oder die kriminell schüchterne Marianne sind nur zwei Extrembeispiele. Auch erinnern einige Personen an andere Spiele. Ignatz ist zum Beispiel 1:1 Elliot aus Cold Steel. Aber sowas von!
Aber ich finde das nicht negativ, weil die Klassengemeinschaft trotz der Unterschiede einfach richtig gut funktioniert und die Beziehungen der Schüler untereinander unfassbar gut gestaltet wurden.
Zum Beispiel den
Einfaltspinsel Lorenz finde ich super. Lorenz ist tatsächlich ein schwieriger Fall.
Er ist ein verblendeter Adelsspross eines einflussreichen Fürsten in der Allianz und der tiefgreifenden Überzeugung, dass Adelige das deutlich bessere Blut besitzen, als Bürger. Das führt im Dialog mit seinen Mitstreitern immer wieder zu verstörten Reaktionen seiner Gegenüber. Allerdings macht Lorenz das eben nicht, um zu prahlen, sondern er meint es sogar noch lieb. Er spricht im Dialog mit seinen bürgerlichen Mitschülern offen an, dass die Adeligen die Bürgerlichen beschützen müssen und sogar mit Leib und Leben für ihre Sicherheit bürgen sollen, da Bürgerliche ja so schwach sind. Das glaubt er zumindest. Er möchte tatsächlich nur nett sein – seine herablassende Art ist wohl auf eine ernsthafte Verblendung zurückzuführen. Das merken seine Gesprächspartner natürlich auch und akzeptieren das hochtrabende Gewäsch mit leichtem Kopfschütteln. Was richtig gut funktioniert: Die Charaktere akzeptieren oft das Geschwätz von Lorenz und tun es verständnisvoll mit „Ist schon okay. Der meint es nicht so, der kann halt nicht anders!“ ab. Doch auch Lorenz lernt dazu und macht eine enorme Entwicklung bis zum Ende des Spiels durch: So vergisst er den Unterschied der Stände komplett und akzeptiert jeden Menschen gleich.
Später ist dann sogar von alleine
Ashe von den „Blauen Löwen“ zu mir gekommen und wollte in meine Klasse wechseln. Er passt auch wunderbar in die Klassengemeinschaft und ist nebenbei ein fantastischer Bogenschütze.
Dazu gehören die
Dialoge auch zu dem
Amüsantesten, was ich in einem JRPG hören durfte. Trotz der relativ dramatischen Handlung sind die Dialoge sehr,
sehr menschlich geschrieben und fügen sich fantastisch in die Immersion. Ich habe immer wieder Unterstützerdialoge gesammelt – meist im Umfang von einer halben Stunden – und habe diese dann während ich abgespült oder die Wohnung geputzt habe – angeschaut.
Wie schon gesagt: Klischee hin, Klischee her. Aber die Dialoge sind top-notch! Positiv hervorheben möchte ich auch noch, dass wirklich
JEDE Dialogzeile vertont wurde.
Das macht das Spiel lebendiger und jedes noch so unwichtig erscheinende Gespräch wird belauscht. Gerade bei Cold Steel mit ähnlich viel Text hat man irgendwann keine Lust mehr zu lesen. Aufgrund des guten Voice Actings (bis auf wenige Ausnahmen) ist das hier jedoch echt schön und man freut sich über jedes Gespräch.
Des Weiteren ist das beachtlich, weil ca. 30 Stunden Sprachaufnahmen in dem Spiel schlummern. Eine deutsche Synchro hätte damit wohl eine hohe fünfstellige Summe gekostet. Kreiden wir das hier also mal nicht an...
Und so hatte ich wirklich eine tolle Zeit mit meiner Klasse und auch der stumme Protagonist Byleth ist nicht so störend wie in anderen Rollenspielen. Nur die arg konstruierte Handlung erfordert stellenweise schon sehr viel Augenzudrücken.