Zitat Zitat von La Cipolla Beitrag anzeigen
Tyranny



Hui! Das war schon sehr beeindruckend!
Aber erstmal: Wenn man West-Rollenspiele gut kennt und ernsthaft mag, ist es eine richtige kleine Perle. Wenn nicht, sollte man die Finger davon lassen. Das Spiel ist sehr komplex und anstrengend, nicht nur vom Gameplay her (gerade auf den höheren Schwierigkeitsgraden), auch von der Story und vom World Building. Es gibt eine Menge zu lesen, zu beobachten und zu verstehen, und über das erste Drittel hinweg erschlägt es einen erstmal ordentlich mit Exposition von allen Richtungen. Ich hab nach der Hälfte dann auch die Schwierigkeit von GANZ hoch auf GANZ niedrig gestellt, weil ich irgendwie genug von der Herausforderung hatte und das Spiel eindeutig zu viele Kämpfe hat, als dass ich in wirklich jedem zweiten eine Stunde taktieren möchte.
Allerdings hat die Kampflastigkeit sehr gute Gründe: Tyranny hat ein dichtes Konzept und zieht es ziemlich weit durch. Es ist eine SEHR düstere Welt und eine sehr kriegerische Story. Alles und jeder ist irgendwo ein Opfer dieser Umstände. Allerdings kann ich mir nicht helfen, hier und da Risse zu sehen: 1. Warum kann ich am Ende des Tages doch wieder einen "Guten" spielen? (Hab ich gemacht, ganz intuitiv, und es war nicht gerade so viel anders als in Baldur's Gate & Co.) 2. Warum kann ich mir überhaupt einen komplett eigenen Charakter erstellen, wenn meine grundlegende Rolle in dieser Story doch eigentlich ziemlich feststeht? 3. Warum sind meine Gruppenmitglieder nicht noch deutlich "böser"? Ich hätte mir hier etwas mehr Fokus gewünscht. Das ist aber Kritik auf einem hohen Niveau. Es funktioniert auch so!
Interessant ist die Auflösung: Einerseits eindeutig offen, was wohl auch kritisiert wurde, andererseits mochte ich den runden Arc ziemlich gerne. Dass man den Overlord nicht mal trifft, unterstreicht einerseits ihre (?:D) Unantastbarkeit, andererseits ist es ein hervorragender Prolog, wenn tatsächlich mal ein Sequel kommt. Und mit mehreren Durchgängen soll es ja noch mal besser werden. Die Haupthandlung ist auf jeden Fall abgeschlossen, und ich habe (auch und gerade bei Obsidian ...) schon deutlich wonkigere Endings gesehen. ^_~
Also ja, dicke Empfehlung, aber nur für Genre-Fans!

Heißt .... aaaw yeah!
Komplex und anstrengend trifft es hier echt sehr gut. Ich mag ja Spiele, in denen es viel zu erkunden und lernen gibt, aber Tyranny verschont einen da von Anfang an nicht mit World Building. Gut, dass die da so ein eingebautes "Wiki" haben, wo man über die wichtigsten Namen und Begriffe hovern kann, um eine nähere Erklärung zu erhalten. Stelle ich mir gerade dann gut vor, wenn man lange Zeit nicht gespielt hat. Ohne diese Funktion würde man nur noch schwer reinfinden. Ich selber habe das Spiel auf dem zweithöchsten Schwierigkeitsgrad permanent gespielt und fand den meiste Zeit eigentlich recht fair. Paar mal musste ich resetten, aber ansonsten gab es da nie einen Kampf, wo ich mich prinzipiell benachteiligt gefühlt habe. Auf der anderen Seite fühlte ich mich aber nie übermächtig.

ad 1) Das selbe habe ich mich auf gefragt und mir ist intuitiv auch ähnliches passiert, wie dir. Ich habe dann versucht meine eigene Meinung etwas zurückzunehmen und stattdessen so zu agieren, wie Tunon es von mir verlangt hätte. Da ich ja innerhalb der Story für ihn arbeite.
ad 2) Guter Punkt. Allerdings hat es mich nicht so sehr gestört, dass man den Background festlegen konnte, um wenigstens ein bisschen Individualisierung rein zu bringen.
ad 3) Definitiv einer der größten Kritikpunkte, die ich an dem Spiel hatte. Es wird zwar immer beworben, dass wir Teil dieses "bösen" Imperiums sind, aber so wirklich böse ist niemand. Müsste natürlich jeder für sich definieren, was er oder sie unter "böse" versteht, aber rein spontan denke ich dabei an: Grausam, Ungerecht, Niederträchtig. So wirklich decken sich diese drei Dinge aber in keinem der Companions. Die sind maximal Neutral Evil oder Chaotic Neutral meiner Meinung nach. Im Endeffekt fühlte ich mich ja doch wieder, wie der rechtsschaffende Champion, den alle lieben und verehren. Ist zwar auch gut geschrieben worden und war für mich auch authentisch, WENN denn da nicht die Tatsache gewesen wäre, dass man eben den Bösewicht spielen soll.

Zum Spoilertag: Ich fand es zwar auch gut, dass man den Overlord nicht trifft und sie ( ;) ), aber das Spiel hat mich so richtig schlimm hingehalten am Ende, als man das erste eigene Edict auswählen konnte. Ich dachte, jetzt kommt quasi noch ein riesiges Kapitel, wo man durch Micromanagement die Areala angreifen bzw. verteidigen muss. Stattdessen verpufft die Story in der Hinsicht aber irgendwie. Mittlerweile nehme ich Entwicklern diese Art von Sequel- bzw. DLC-Baiting sehr übel. ^^''

Ansonsten hat es mir aber auch sehr gut gefallen. Im nächsten Spiel dürfen sie mir ruhig auch einen bösen Charakter geben.