Conflict of Interest ist ein Fangame das als Sequel zu Apollo Justice fungiert, wenngleich Apollo selbst nur eine unbedeutende Nebenrolle einnimmt. Dafür wird allerdings auf Story-Elemente nochmal eingegangen die in den offiziellen Nachfolgern nie wieder eine Rolle gespielt haben. So ist der gegnerische Staatsanwalt zum Beispiel felsenfest davon überzeugt
dass Phoenix trotz der Enthüllungen in Apollo Justice tatsächlich Beweise gefälscht hat und nur deswegen die ganzen zuvor ungeschlagenen Staatsanwälte bezwingen konnte. Der Entwickler hat außerdem tatsächlich daran gedacht das
Geschworenen System zu verwenden, was offiziell ja nie wieder zur Anwendung kam obwohl es keinerlei Erklärung für gab. Mag insgesamt keinen großen Unterschied machen, ist aber trotzdem ganz nett. Davon abgesehen könnte es sich eigentlich ganz gut in die restliche Reihe eingliedern, wenn da nicht die Tatsache wäre, dass Pearl Fey in dieser Kontinuität vor einigen Jahren entführt wurde und zu Beginn der Story weiterhin als verschollen gilt. Wird später natürlich nochmal aufgegriffen, aber vorher gilt es erst mal einige andere Fälle zu lösen die alle irgendwie mit dem Rivales Verbrecher-Syndikat in Verbindung stehen.
Gameplaytechnisch gibt es dabei keinerlei Features die man nicht schon aus den offiziellen Teilen kennen würde. Manche von denen funktionieren allerdings nicht so gut wie in ihren Vorbildern, was zum Beispiel die Suche nach Fingerabdrücken erschwert. Und die Magatama Animationen (also die Ketten die dabei erscheinen) sind einfach mal nicht vorhanden obwohl trotzdem die entsprechenden Soundeffekte abgespielt werden. Davon abgesehen sorgt diese PyWright Engine aber für ein authentisches Ace Attorney Spielgefühl, zumal das Gameplay wie in den Vorbildern auf zwei Bildschirme gesplittet wurde. Mich stört allerdings die Tatsache, dass der Schwierigkeitsgrad vermutlich höher ist als in allen offiziellen Teilen. Und das nicht nur weil ich manchmal absolut keinen Plan hatte welchen Beweis ich wo zeigen muss, sondern weil es auch ein paar Stellen gibt die alles andere als intuitiv sind. Wie solche wo man die selben Aussagen mehrfach in Folge in Frage stellen muss, oder mehrmals hintereinander falsche Beweise vorzeigen muss. Oder die Stelle wo die einzige Möglichkeit zu "gewinnen" darin besteht zu verlieren. War teilweise also extrem frustrierend und wurde nur dadurch ein bisschen ausgeglichen, dass der Entwickler so nett war für jeden Fall eine Komplettlösung beizulegen. Beim letzten hört die Lösung nach dem letzten großen Twist allerdings auf, weswegen es trotzdem ein paar Stellen gab wo ich einfach alles überall durchprobiert habe bis es endlich weiter ging. Das hätte also noch ein bisschen offensichtlicher gestaltet werden können.
Storytechnisch ist das Spiel dafür ganz gut. Mag nicht unbedingt auf dem selben Level sein wie das beste was Ace Attorney zu bieten hat, aber es hat mir auf jeden Fall sehr viel besser gefallen als Justice For All. Und beim letzten Fall hatte ich lange Zeit echt keine Ahnung wer denn jetzt der Täter ist, selbst als es extrem offensichtlich zu sein schien. Zwischendrin gibt es allerdings einen Fall der sich viel zu sehr wie ein Fangame angefühlt hat. Da ging es nämlich um das Internet und einen Phoenix Wright Fanclub, und einer der Zeugen war einfach mal der größte Troll ever (und hatte dazu auch noch
Loituma - Ievan Polkka als Theme Song). Die zweite Hälfte wurde zwar plötzlich sehr viel ernster, aber das hätte eindeutig besser gehandhabt werden können. Danach kam allerdings ein Fall der sich mit dem Fey Clan beschäftigt hat und somit einige Verbindungen zur ursprünglichen Trilogie aufgebaut hat. War echt gut gemacht und hätte bis auf einen bestimmten Aspekt auch wunderbar als offizielle Fortsetzung dieser Geschiche fungieren können. Der Gesamteindruck ist also auch hier ein bisschen durchwachsen, aber durchaus positiver als beim Gameplay.
Von daher muss ich nur noch auf den Soundtrack und die Grafik eingehen. Letztere lässt vor allem Anfangs arg zu wünschen übrig (wo es zum Beispiel ein Artwork gibt in dem die Charaktere klobige und überdimensioniert Hände haben), aber etwas anderes sollte man von einem Fangame auch nicht unbedingt erwarten. Das wird im Laufe der Zeit aber wesentlich besser, wenngleich es immer noch kleinere Probleme gibt, wie einen kleinen Charakter-Sprite im Gerichtssaal der nicht wirklich zum Artwork des Charakters passt. Der Soundtrack weiß da schon wesentlich mehr zu überzeugen, auch wenn es scheinbar keinen einzigen Song gibt der extra für das Spiel komponiert wurde. Stattdessen hat sich der Entwickler an anderen Spielen und ein paar frei verfügbaren Quellen bedient, wo er zum Beispiel
diesen coolen Song auftreiben konnte.
Wer die Ace Attorney Reihe mag und wie ich momentan keinen offiziellen Ableger mehr übrig hat (da die Fanübersetzung der ersten vier Fälle von Dai Gyakuten Saiban per Emulator leider nicht so gut läuft), der kann also durchaus einen Blick riskieren. Und es wird vermutlich nicht das einzige Fangame bleiben, das ich mir anschauen werde. Die nächsten werden aber sicher ein paar Monate auf sich warten lassen. Und vielleicht sieht es bis dahin mit dem emulieren ja ein bisschen besser aus, wenngleich ich vermutlich warten sollte bis Dai Gyakuten Saiban komplett übersetzt wurde.