Octopath Traveller (Switch)
Ja, ich schreibe das so.
Handlung
Man folgt in diesem Spiel acht verschiedenen Charakteren, die … unterschiedliches Zeug machen. Ein Charakter ist z.B. ein Gelehrter, der auf der Suche nach einem bestimmten Buch ist, andere wollen sich als Händler durchsetzen oder sind auf einer Wallfahrt. Das alles läuft sehr banal und uninteressant ab – es gibt keine vernünftige Charakterisierung, nichts, was man als Interaktion zwischen den Charakteren durchgehen lassen kann und keine Spannung. Ich fand das, was hier als Handlung durchgeht, dagegen meist unfreiwillig peinlich, weil die Welt von OT von Idioten, Idealisten und Naivchen bevölkert wird. Zu jedem Charakter gibt es vier Kapitel, in denen sich handlungstechnisch ein gar nichts tut und erst, wenn man alle abgeschlossen hat, wird durch optionales Zeug versucht, dem Ganzen einen übergreifenden Zusammenhang zu verpassen, was aber auch nicht gut gelingt.
Kann man überhaupt irgendetwas Positives über die Handlung sagen? … nö, es gibt wirklich nichts an diesem Witz einer Geschichte, das irgendwie annehmbar wäre. Die Entwickler haben dabei schon weitere Spiele nach Art von OT angekündigt – entweder die heuern gute Schreiberlinge an oder Himmel, hilf!
Im Ernst: Diese Geschichten sind ein schlechter Witz für jeden Liebhaber guter Erzählungen bzw. auch jeden, der schon mal ein ordentlich geschriebenes Buch gelesen hat. Setzen, Sechs.
Zur englischen Übersetzung kommt dann noch hinzu, dass irgendjemand Dialoge mit unechten, altertümlichen „Akzenten“ schreiben sollte, was ich nicht haben musste. Die deutsche Übersetzung war da besser, auch wenn ich immer noch auf Übersetzungen warte, an denen man sieht, dass der Übersetzer nicht nur die Sprache beherrschte, sondern auch über richtiges Sprachgefühl verfügte.
Gameplay usw.
Hier wird es glücklicherweise besser, wobei das erstmal nicht schwer ist. Das Kampfsystem des Spiels ist aber wirklich recht spaßig, sobald man dahintergestiegen ist, was man mit den unterschiedlichen Charakterklassen anstellen kann und welche Charaktere wieviel taugen (mit den Magiern hat man schon viel gewonnen). Das Kampfsystem ist ja erstmal rundenbasiert, mit dieser an Bravely Default erinnernden Mechanik, dass man die Anzahl seiner Züge erhöhen kann, wird es aber nicht uninteressant. Auch das Suchen nach und Ausnutzen von Schwachstellen des Gegners wurde schön ins Spiel integriert. Kämpfen ist wohl das, was man in diesem Spiel am häufigsten macht und man kann durchaus einige Stunden damit verbringen.
Mir hat aber nicht alles daran gefallen: Zuerst einmal fand ich die Endgegner überwiegend dumm, weil sie alle nach ein und demselben Schema funktionieren. Man zieht dem Gegner ca. 50% seiner HP ab, dann dreht der Gegner durch und bekommt entweder Angriffe, mit denen er die Gruppe mal eben plattmachen kann oder er kann öfter angreifen, was i.d.R. auf dasselbe hinausläuft. Damit kann man klarkommen, aber gerade gegen Ende konnte ich diese Gegner einfach nicht mehr sehen, was es zu oft gemacht wurde und so schlichtweg langweilig geworden war. Der Schwierigkeitsgrad verlangt auch nur eines vom Spieler: Leveln. Yay, wie ausgefallen. Nur leider werden sich die meisten verarscht fühlen, wenn man schon vom zweiten größeren Gegner plattgemacht wird (oder auch dadurch, dass die Schwierigkeit später plötzlich extrem abfällt, um dann wieder steil anzusteigen). Stichwort Spielzeitstrecker, denn die Handlung allein rechtfertigt eine Spielzeit von knapp 50 Std. definitiv nicht.
Die Dungeons sind ansonsten nicht umwerfend, da sie überwiegend gleich aussehen, aber doch in Ordnung, da eher kurz. Schön fand ich es, dass jeder Charakter eine weitere Klasse ausgerüstet haben kann, wodurch man in Kämpfen viel herumspielen kann; vor allem die passiven Fähigkeiten, die man nach Wechseln eines Berufs behält, bieten ein paar nette, taktische Möglichkeiten.
Ansonsten gibt es noch die Möglichkeit, die Städte des Spiels zu erkunden und z.B. NPCs zu beklauen oder genauer zu untersuchen, was aber ebenfalls eintönig wird, wenn man es zigmal gemacht hat. Mir gefiel die Weltkarte auch nicht besonders, weil sie in etwas das spiegelt, was man schon in den Städten selbst sieht: Alles sieht irgendwie (obwohl es Schnee, Wald, Wüste usw. gibt) gleich aus, so dass es gerade auf der Karte mal einen Moment dauern kann, bis man eine bestimmte Stadt gefunden hat.
So im Großen und Ganzen hat das Kampfsystem in Verbindung mit den damit verbundenen Möglichkeiten das Spiel für mich aber ziemlich gerettet. Einige Dinge haben mir zwar nicht gefallen, aber auch hätte nicht 47 Stunden damit verbracht, wenn es ein Totalausfall gewesen wäre. Mit dem Kampfsystem gab es gerne noch ein Spiel geben, dann aber bitte auch mit sinnvoller Handlung.
Graphik & Musik
Octopath Traveller sieht ganz nett aus mit seinem modernen Pixelstil. Details und Animationen wurden nett gemacht (abgesehen von Cyrus‘ Siegespose, die ihn so aussehen lässt, als hätte er eine Pistole in der Hand … soll wohl ein Buch sein) und diese dunklen Bildschirmecken sind ein auffälliges, aber nicht schlechtes Stilmerkmal. Leider sehen sich die Städte trotz unterschiedlichen Klimas viel zu ähnlich, was nicht gerade zur Erkundung anreizt, und auch die Dungeons sehen mehr oder weniger glich aus.
Musikalisch hat mir das Spiel gut gefallen. Man bekommt hier einige, sehr stimmungsvolle Stücke, die Laune machen, v.a. die Kampfmusik hat mir gut gefallen. Ein bisschen mehr Vielfalt wäre zwar gut gewesen, aber ich denke mal, dass ich in diesem Jahr nicht mehr viel mehr hören werde, was deutlich besser ist. Na, mal schauen.
Fazit
Octopath Traveller hat ein spaßiges Kampfsystem mit einigen Macken, mit dem man sich aber durchaus einige Stunden beschäftigen kann. Die Handlung dagegen ist kompletter Müll – wer diese Geschichten verzapft hat, soll sich mal schleunigst einen anderen Beruf besorgen, aber echt.
Insgesamt: 7/10
Spielzeit: 47 Std.